Hinter dem englischen Begriff Old Money versteckt sich ein Modetrend, der im Laufe der letzten Jahre immer mehr in den Fokus junger Menschen gerückt ist. Und das aus gutem Grund – denn selten war Mode so authentisch und elegant zugleich.
Sprechen Modeexperten von „Old Money Aesthetic“, meinen sie damit eine Garderobe, die hochwertige Materialien und zurückhaltende Eleganz miteinander vereint. Abgeschaut haben sich das die Fashionistas von den wohlhabenden Familiendynastien. Die haben viel geerbtes Geld, um den Look zu perfektionieren. Wissen, wie man gekonnt Luxus trägt, ohne damit anzugeben. Kein Wunder also, dass typische Vorbilder hierfür nicht nur in der englischen Königsfamilie zu finden sind, sondern auch bei Schauspielern, Reedereibesitzern und den Menschen, die in Luxusferiendomizilen wie Monaco residieren und mehrere Wohnsitze in den schillerndsten Metropolen dieser Welt besitzen. Da braucht es für jeden Anlass Kleidung, die robust ist, dezent bleibt und zu jeder Gelegenheit passt.
Wohlhabende Familiendynastien
Neu ist die Bezeichnung „Old Money“ übrigens nicht. Schon in den 90ern und frühen 2000er-Jahren hat sich der Begriff als fester Ausdruck in der Mode etabliert, nun ist sie aber endlich auch im Mainstream angekommen. Anders als der pure Kauf von Luxusmarken geht es hier um etwas anderes. Es möchten nicht Label im Vordergrund stehen und die zur Schaustellung eben solcher, sondern das Gefühl von ausgewähltem Konsum und schlichter Eleganz. Deshalb ist es verpönt, Markennamen dick gedruckt auf Oberteilen, Hosen, Kleidern und Taschen zu sehen. Gesucht wird stattdessen bewusst nach hochwertigen Materialien wie Seide, Tweed, Baumwolle, Kaschmir und Jersey in gedeckten Farben und zurückhaltenden Schnitten. Minimalismus der besonderen Art, der hier auf der sozialen Medienplattform Tiktok immer höhere Wellen schlägt. Schuld am Aufflammen eines „Old Trends“ ist laut Medienexperten eine Fernsehserie namens „Succession“. Das bedeutet auf Deutsch Erbfolge – und genau darum geht es. Die Hauptdarsteller verkörpern eine Milliardärsfamilie, die durch ein Medien- und Unterhaltungsunternehmen des Vaters reich geworden ist. Nun bemühen sich seine vier Kinder, in seine Fußstapfen zu treten und müssen dabei unweigerlich immer wieder scheitern. Die Kleidung der Protagonisten ist dementsprechend schick, aber zurückhaltend. Teuer, aber dezent. Für den Betrachter wird trotzdem schnell klar: Hier steckt Geld drin, Old Money, geerbtes Vermögen. Der Ausdruck eines Lebensgefühls, das natürlich nicht bei der Kleidung aufhört, sondern den Lifestyle widerspiegelt, irgendwo zwischen ausgedehnten Shoppingtouren in den edelsten Geschäften, einem Abstecher zum Kaviarsnack mit Champagner ins Luxusrestaurant und vielleicht einem Ausflug mit dem Chauffeur der Limousine aufs Land, um einem Polospiel beizuwohnen.
Da braucht es eine ausgewählte Garderobe, die alles mitmacht und an alle diese Orte passt, ohne aufdringlich und schrill zu sein. Sie darf zeigen, dass sie etwas gekostet hat, aber bitte nicht auf direkte Art und Weise! Eine Besinnung auf alte Werte, wie sie auch in der Generation Z scheinbar wieder an die Oberfläche kommen. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten wirkt es notwendig, sich beständige Wertanlagen zu schaffen. Kleidung gehört hier unweigerlich dazu, denn Konsum möchte wohldosiert sein. Die Mode soll nicht nur lange halten, sie soll gefallen und zu allen Gelegenheiten tragbar sein, selbst wenn kein Polospiel oder Pferderennen auf dem Programm steht. Da scheint es fast wie ein gewollter Widerspruch, dass einen die schlechte Wirtschaftslage nicht zum Sparen animiert, sondern dazu, bewusst zu kaufen, auch wenn es „nur“ um den eigenen Kleiderschrank geht. Vorbilder mit wirklichem Old Money gibt es genug, die Netzwerke sind voll von Influencern, die zeigen, wie man sich gut kleidet.
Dabei entsteht ein ironischer Twist: Statt in wirklichem Luxus zu schwelgen und Hunderte von Euro für ein einziges Modestück auszugeben, sind echte Old-Money-Styler auf der Suche nach beständigen Lieblingsstücken, die luxuriös wirken, aber bezahlbar sind.
Dank günstiger Label, die den Stil nahezu perfekt kopieren, ist es auch möglich, teuer auszusehen, aber billig auszugehen. Shein, Zara, Zalando, H&M und Co machen es vor. Hier gibt es elegante Looks für kleines Geld. Trotzdem findet man auch hochwertige Stoffe, damit billig nicht billig aussieht.
Klassische Schnitte, hochwertige Stoffe
Wer die Materialien nicht im Laden anfassen kann, der schaut online auf die Artikelbeschreibung und wählt Strick oder Seide statt Chemiefasermischmasch. Beim Styling selbst bleibt es sehr einfach und unkompliziert. Eine typische Kombination für jeden Tag wäre zum Beispiel eine gerade geschnittene Jeans ohne Löcher oder ähnliches, dazu ein Hemd in einer neutralen Farbe wie Grau, Beige oder Creme. Leichte Kontraste bilden sanfte Pastelltöne wie Gelb und Himmelblau. Satte Farben wie Pink, Rot oder Orange sollten nach Möglichkeit gemieden werden. An die Füße kommen Loafer oder Reiterstiefel. Sneaker sind okay, solange sie dezent bleiben und immer adrett geputzt sind. Alternativ zu Hemd und Hose kommen auch Bleistiftröcke, Tweedkostüme, Bundfaltenhosen, Bermudashorts und Chinos infrage. Oben drüber dürfen es Blusen, Poloshirts, Rollkragenpullover oder Strickpullover sein. Dazu in den kalten Monaten Mäntel aus Tweed, Cordjacken oder Strick. Bei den Accessoires heißt es sparen. Eine elegante Brosche angesteckt, ein zartes Halstuch um den Hals gewunden und eine Chanel ähnliche Tasche um das Handgelenk geworfen, schon steht der Look. Vor allem in der kühleren Jahreszeit ist es empfehlenswert, die einzelnen Bestandteile geschickt zu kombinieren und alles in Lagen zu tragen. Ein Rollkragenpullover über einer Bluse und dazu Stoffhosen sind eine ebenso gute Idee, wie den Blazer über ein Hemd zu drapieren. Das sieht nicht nur schick aus, es ist auch ausgesprochen praktisch, um den Übergang von warmer Heizungsluft drinnen und kalter Winterluft draußen zu überbrücken. Neben dem Verzicht auf schrille Farben und offensichtliche Label kommt es hier auf den Schnitt an. Statt aufwendiger Cutouts und Volants bleiben Ober- und Unterteile dezent gefertigt. Sie obliegen damit keinem offensichtlichen und damit kurzweiligen Trend, sondern sind zeitlos schön.
Wichtig ist, dass Jeans, Chinos und Blazer perfekt sitzen. Kurze Ärmel und schlabbernde Säume sind zu vermeiden. Je besser ein Kleidungsstück sitzt, desto eleganter und hochwertiger wirkt es auch. Oversize oder Skinny sind hier nicht gefragt. Im Zweifelsfalle kann ein Schneider helfen, alles in die richtige Form zu bringen.
Am Ende entscheidet die Pflege, wie lange der Old-Money-Style wirklich hält. Manche Stücke aus Kaschmir oder Seide wollen am liebsten in die Handwäsche, andere sind am sichersten in der Reinigung aufgehoben. Da das erklärte Ziel ist, immer ordentlich, passend, sauber und elegant auszusehen, lohnt es sich, in die Pflege zu investieren. Wichtige Hinweise liefert das Pflege-Etikett. Wem passende Inspirationen für die Umsetzung des Looks noch fehlen, der kann es mit einer Einkaufsbox, zum Beispiel Outfittery oder Maison365 probieren. Hier setzen Experten ganz nach den eigenen Angaben zu persönlichen Vorlieben, Größe und Stilwunsch alles um und schicken einem die Vorschläge direkt nach Hause. Das ist nicht günstig, aber eine effiziente Hilfestellung, um die eigene Capsule-Wardrobe zu kreieren. Die ist ein Schritt, um viel Geld zu sparen und sich wirklich auf das Wesentliche zu besinnen. Die Idee hinter einer Capsule-Wardrobe ist, ausgewählte und hochwertige Kleidungsstücke so zusammenzustellen, dass wenige Teile reichen, um immer neue Kombinationen für eine ganze Jahreszeit zu finden. Erfahrene Minimalisten nennen hier selten mehr als 30 ihr eigen. Je weniger, desto übersichtlicher und schneller klappt das Ankleiden am Morgen. Alles immer neu zu kombinieren ist die perfekte Lösung für diesen Trend, denn hier geht es ohnehin dezent zu. Da haben wilde modische Extravaganzen keinen Platz. Deshalb ist Minimalismus ein guter Ansatz für den eigenen Kleiderschrank.
Vielleicht finden sich da ohnehin schon einige Stücke, die dem Wunsch am neuen Old-Money-Style entsprechen? Umso besser, denn Basics sind der Schlüssel zum Erfolg. Der Rest kann dann noch später folgen, wenn passende Lieblingsstücke gefunden sind.