Der erste Hyundai Kona war eines der sparsamsten E-Autos auf dem Markt. Die Neuauflage wächst deutlich in die Länge. Schrumpft dafür die Reichweite?
Als 2017 der erste Hyundai Kona auf den Markt kam, hatten E-Autos einen noch schwereren Stand als heute. Kleine Akkus, lange Ladezeiten, unpraktisches Handling: Bei vielen der damals verfügbaren Modelle war diese Kritik durchaus berechtigt. Nicht jedoch beim Kona. Es war der hippe Südkoreaner, der mich bei einer Kroatienreise von der Elektromobilität überzeugte. Nicht nur war er klein und wendig, er hatte auch einen großen Akku und verbrauchte unheimlich wenig. Im Sommer knackte er sogar die Herstellerangaben und kam mit einer Ladung mehr als 500 Kilometer weit, sogar auf der Autobahn. Natürlich gab es auch ein paar Schattenseiten, zum Beispiel die relativ lange Ladezeit. Doch die Ladesäule musste er wegen des geringen Verbrauchs ja nur selten ansteuern. „Kleines Batteriewunder“ nannte ich ihn deshalb.
Während es sich bei der ersten Generation noch um ein sehr kompaktes Fahrzeug handelte, ist der neue Kona 15 Zentimeter länger und 2,5 Zentimeter breiter als sein Vorgänger. Auf dem Papier ist das nicht viel, auf der Straße sieht er dadurch aber deutlich massiger aus als sein Vorgänger. Das knuffige E-Auto von 2017 existiert nicht mehr. Der neue Kona ist ein SUV wie viele andere.
Cockpit hat sich deutlich verändert
Andererseits haben die größeren Maße auch Vorteile. Mehr Platz am Kopf, mehr Beinfreiheit – vor allem hinten spürt man den Zugewinn an Raum. Der Kofferraum wächst von 332 auf 466 Liter, unter der Motorhaube ruht zusätzlich ein „Frunk“: eine kleine Kiste, in die zum Beispiel das Ladekabel passt. Früher musste man eine solche Konstruktion selbst nachrüsten, inzwischen gehört sie zur Serienausstattung. Insofern ist der neue Kona familienfreundlicher als sein Vorgänger. In der Stadt hat mir die kleine Version trotzdem besser gefallen. Parkplätze und Ladesäulen waren damit besser erreichbar.
Deutlich verändert hat sich das Cockpit: Zwei 12,25-Zoll-Displays sind in einem langgezogenen Brett nebeneinander angeordnet. Auf dem ersten Bildschirm hinterm Lenkrad erscheinen die wichtigsten Informationen: Geschwindigkeit, Reichweite, Verbrauch. Auf dem zweiten Bildschirm kann man deutlich mehr ins Detail gehen – von der Steuerung der Assistenzsysteme bis hin zu Infos darüber, welche Geräte gerade am meisten Strom ziehen (Motor, Heizung, Radio und ähnliches.) Während das Navi früher aufpreispflichtig war, gehört es jetzt zur Serienausstattung. Die Karte wirkt groß und übersichtlich, die Bildschirmaufteilung ist gelungen.
Zusätzlich zum Touchscreen lassen sich viele Funktionen über Knöpfe bedienen. So gelangt man schnell zur Landkarte, kann das Medienmenü aufrufen oder zum nächsten Lied springen. Auch für Klimaanlage, Sitzheizung, Lenkradheizung und Einparkhilfen gibt es Knöpfe, zusätzlich zu den Drehreglern für Lautstärke, Senderwahl und Fahrmodus. Der Gangwahlhebel ist ans Lenkrad gewandert, an dem sich – Überraschung – weitere Knöpfe befinden. Normalerweise finde ich es gut, wenn nicht alles nur übers Display läuft, so wie bei Tesla. Doch in diesem Fall hat es Hyundai ein wenig übertrieben.
Und plötzlich ist es doch da, das gute alte Kona-Feeling. Die Sitze sind bequem, der Bass wummert aus den Bose-Lautsprechern. Als ich den Hebel auf „Drive“ stelle, rollt er genauso ruhig und unaufgeregt wie sein Vorgänger. Mehr noch: Auf der holprigen Straße zeigt sich, dass das Fahrwerk besser geworden ist. Auch über die Autobahn gleitet der Kona deutlich ruhiger. Hier hat der Hersteller offenbar bei der Dämmung nachgelegt.
Technisch hat sich nicht viel verändert: Höchstgeschwindigkeit, Batteriekapazität und Ladeleistung sind nahezu identisch. An anderer Stelle gibt es durchaus Neuerungen, nur dass diese nicht sofort sichtbar werden. Zum Beispiel bei den sogenannten „Over the air“-Updates. Früher mussten neue Landkarten immer manuell aufgespielt werden, also im Autohaus oder via USB-Stick. Jetzt läuft es automatisch per Internet.
Auch kann der Kona über eine 230-Volt-Steckdose seinen Strom nach außen abgeben, etwa um einen Elektrogrill anzuschließen oder ein E-Bike aufzuladen. Damit erschöpft sich aber das bidirektionale Laden. Als Stromspeicher fürs eigene Haus lässt sich der Kona noch nicht nutzen. Das Navi wiederum hat einen deutlichen Sprung nach vorne gemacht. Anders als beim Vorgänger plant es nun automatisch Ladestopps ein, wenn ein Ziel außerhalb der Reichweite liegt. Dabei lassen sich die Ladestationen nicht nur nach Ladeleistung, sondern auch nach Anbieter filtern – sehr praktisch, wenn man bei einer bestimmten Firma einen günstigen Tarif abgeschlossen hat.
Die Assistenzsysteme können sich ebenfalls sehen lassen. Rückfahrkamera, Einparkhilfe, Verkehrszeichenerkennung – alles serienmäßig. Gegen Aufpreis kommen weitere Helfer hinzu, zum Beispiel der nützliche Querverkehrswarner, eine tolle 3D-Parkansicht oder ein „Totwinkelassistent mit Monitoranzeige“: Setzt man den Blinker, erscheint im Tacho ein Live-Bild, das den entsprechenden Bereich zeigt.
Eher Evolution als Revolution
Manche Assistenten nehmen es jedoch zu genau. Der Geschwindigkeitswarner treibt mich regelrecht in den Wahnsinn, weil er selbst bei einer Tempoüberschreitung von zwei km/h anfängt zu piepsen. Nachdem ich mich endlich durchs Menü gewühlt und ihn ausgestellt habe, geht es nach dem Neustart von vorne los. Nervig!
Was die Reichweite angeht, hat der Kona leicht zugelegt – zumindest auf dem Papier. Statt 484 Kilometer soll er mit einer Akku-Ladung nun maximal 514 Kilometer weit kommen. Wie gesagt, auf dem Papier. Auf der Straße entpuppt sich der einstige Stromsparmeister als durstiges Energiebündel. Nicht mal ansatzweise kommt er an die Werte seines Vorgängers heran; stattdessen ist auf der Autobahn schon nach knapp über 300 Kilometern Schluss. Zur Wahrheit gehört, dass es am Tag der Testfahrt windig und mit zwölf Grad Celsius nicht besonders warm ist. Andererseits handelt es sich aber auch nicht um Eiseskälte, bei der Elektroauto-Batterien erfahrungsgemäß in die Knie gehen. Hier zeigt sich eben doch, dass ein größeres Auto mehr verbraucht.
An der Ladesäule macht der Kona ebenfalls keine Riesensprünge – von 74 Kilowatt Ladeleistung geht es auf maximal 100 Kilowatt hoch. So dauert es 35 Minuten, um den Akku von 15 auf 80 Prozent aufzuladen. Für eine Pause samt Snack geht das in Ordnung, aber die Konkurrenz im eigenen Hause ist hier deutlich schneller: Der Hyundai Ioniq 5 braucht im Idealfall nur halb so lang, ebenso der Ioniq 6. Beide verfügen über ein 800-Volt-System, während der Kona nach wie vor mit 400 Volt auskommen muss.
Und dann weigert er sich auch noch zu laden! Bei Ionity – immerhin einer der großen Player entlang der Autobahnen – fließt keine einzige Kilowattstunde. „Ende“ steht auf dem Display, noch bevor der Vorgang überhaupt startet. Auf Nachfrage erklärt Hyundai, dass der Fehler nicht bekannt sei und die Ursache womöglich bei der Ladesäule liege. Das erscheint jedoch fraglich, da unmittelbar vor mir mehrere E-Autos genau dort geladen haben.
Ist Hyundai also der große Wurf gelungen? Eher nicht. Natürlich hat sich der neue Kona im Vergleich zum Vorgänger in vielen Details verbessert. Um eine Revolution handelt es sich aber nicht, eher um eine Evolution. Im Zweifel würde ich dem kleinen, sparsamen Vorgänger den Vorzug geben – zumal er auf dem Gebrauchtmarkt schon für die Hälfte des Preises erhältlich ist, den der Neuling kostet.
Transparenz-Hinweis: Der Hersteller hat das Fahrzeug für den Autotest 14 Tage zur Verfügung gestellt. Dies hat keinen Einfluss auf den Inhalt des Berichts.