Monopole bei Auto-Reparaturen sorgen für den Verbraucher für immer höhere Kosten. Selbst namhafte Experten sprechen inzwischen bereits offen von Abzocke.
Ein brisantes Thema, das im Umfeld des letzten Verkehrsgerichtstages bei einer Veranstaltung der Studiengesellschaft für verbrauchergerechtes Verhalten in Goslar diskutiert wurde, war das Thema „Sustainable Repair: Wachsen die Reparaturkosten in den Himmel?“ Auto-Reparaturen sind in Deutschland teuer – sehr teuer sogar. Und „sustainable“ – also nachhaltig – sind sie auch nicht, wenn bei Reparaturen fast ausschließlich Neuteile der Autohersteller verwendet werden müssen.
Ersatzteile viel teurer als durch Inflation erklärbar
Das belegen auch die Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft. Allein zwischen August 2022 und August 2023 sind die Ersatzteilpreise im Schnitt um 9,7 Prozent gestiegen. Und das ist kein statistischer Ausrutscher, obwohl die allgemeine Inflation inzwischen erheblich geringer geworden ist. Nach Angaben des Verbandes stieg der Verbraucherpreis-Index seit Januar 2013 bis heute um knapp 28 Prozent. Autoersatzteile legten dagegen um mehr als 70 Prozent zu. Manche Teile wurden sogar noch teuer.
Dazu als Beispiel der hintere Bereich eines Autos, der bei Auffahrunfällen besonders betroffen ist. Kofferraumklappen und hintere Seitenteile legten um 93 Prozent zu, Rückleuchten sogar um 97 Prozent. Das alles summiert sich auf Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr kostete ein Sachschaden etwa 3.700 Euro, vor zehn Jahren waren es 2.400 Euro.
Ein wesentlicher Preistreiber ist der sogenannte Designschutz für sichtbare Ersatzteile. Die Autohersteller haben jeder für sich darauf ein Monopol. Andere, vermutlich billigere Anbieter, werden dadurch vom Markt ferngehalten. Inzwischen hat zwar der Deutsche Bundestag im September 2020 ein Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs verabschiedet, das aber einen Bestandsschutz von 20 Jahren vorsieht. Nur Ersatzteile, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes angemeldet wurden, unterliegen nicht dem Designschutz. Alles davor ist weiterhin geschützt und teuer. Was besonders die Autoversicherer stört, denn letztlich werden die überhöhten Kosten auf die Versicherungsprämien, also die Verbraucher umgelegt.
Übrigens: Wer keine entsprechende Versicherung hat, muss dann eben besonders tief in die Tasche greifen. Immerhin befasst sich jetzt die EU mit dem Thema, um eine Liberalisierung voranzutreiben, aber das wird dauern. Für die Autohersteller ist der Ersatzteilmarkt eine bedeutende Einnahmequelle, denn es ist so gut wie unmöglich, diesem Monopol zu entrinnen. Klare Worte findet dazu Dr. Jörg Rheinländer, zuständig für die Autoversicherung bei der HUK Coburg, dem Marktführer in diesem Bereich. Auf die Frage, ob die Kunden hier abgezockt werden, sagt er: „Das kann man so beobachten. Wir sehen hier seit zehn Jahren eine Überinflation.“ Dem schließt sich der renommierte Automobil-Experte Professor Dr. Stefan Bratzel an: „Die Hersteller verdienen sehr viel Geld mit den Ersatzteilen. Das würde sehr viel günstiger gehen.“
Aber das Gegenteil ist der Fall. Denn jetzt kommen mehr und mehr E-Autos auf den Markt, und auch hier wollen die Automobilunternehmen bei den Ersatzteilen kräftig mitverdienen, was Dr. Jörg Rheinländer unterstreicht: „Da wird es teuer. Der Schaden bei E-Autos kostet etwa ein Drittel mehr als bei Verbrennern. Was auch daran liegt, dass die Hersteller bei entsprechenden Schäden empfehlen, die Batterien zu tauschen, was sehr teuer ist.“
Hersteller lassen sich ihre Teile „vergolden“
Autofahrer müssen also weiterhin immer tiefer in die Tasche greifen, egal ob es sich um einen Versicherungsschaden oder um den Ersatz von Verschleißteilen handelt, deren Design geschützt ist. Blind gewordene Scheinwerfer oder ausgefallene Blinker können bei den Monopolpreisen ganz schön ins Geld gehen. Auch der Hinweis der Hersteller, ausschließlich geprüfte Materialqualität zu liefern, ist nur bedingt nachvollziehbar. Warum sollten andere Produzenten nicht auch den Nachweis liefern können, nur eben viel billiger? Auch die „Sustainability“, sprich die Nachhaltigkeit, sollte kein Fremdwort sein. Mit gebrauchten Ersatzteilen, die fachgerecht aufbereitet wurden, ließe sich ein wesentlicher Beitrag zum Umweltschutz leisten. Es müssen nicht immer teure Neuteile sein, die von den Vertragswerkstätten eingebaut werden. Solange sich allerdings die einschlägige Industrie Ersatzteile „vergolden“ lässt, muss der Autofahrer mit in den Himmel wachsenden Reparaturkosten leben.