Dank dem vor 30 Jahren verabschiedeten Montreal-Protokoll, dem erfolgreichsten globalen Umweltvertrag im Kampf gegen die FCKW-Gase, werden die Ozonlöcher über den Polargebieten bald Geschichte sein. Doch über den mittleren Breiten dünnt sich die Ozonschicht immer weiter aus.
Vor 30 Jahren wurde das Montreal-Protokoll unterzeichnet, mit dem sich die internationale Staatengemeinschaft seinerzeit dazu verpflichtet hatte, auf die Verwendung bestimmter Substanzen wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) zu verzichten. Diesen wurde nachgewiesen, dass sie die schützende Ozonschicht schädigen. Jüngst konnten nun Wissenschaftler der Weltmeteorologiebehörde (WMO) und des Umweltprogramms UNEP mit aufsehenerregenden Erfolgsmeldungen aufwarten. Denn die Umsetzung des mit Abstand wirksamsten globalen Umweltvertrags hat eine kontinuierliche Schließung der verheerenden, in den 80er-Jahren entdeckten riesigen Ozonlöcher über den Polargebieten Arktis und Antarktis zur erfreulichen Folge gehabt. Die konnte durch Messungen belegt werden. Demnach hat die Konzentration der schützenden Ozonschicht in der Atmosphäre pro Jahrzehnt um etwa ein bis drei Prozent zugenommen.
Besonders in der Antarktis hatte sich wegen der dort vorherrschenden extremen Kälte und der Bildung von stratosphärischen Wolken, die reichlich ozonschädliche Gase enthalten, bei Temperaturen jenseits von 78 Grad Celsius, ein gigantisches Ozonloch aufgetan. Die Zerstörung der Ozonschicht über der Arktis war deutlich geringer ausgefallen, weil es über dem Nordpolargebiet deutlich wärmer ist als am Südpol. Die FCKW-Gase können ihr Zerstörungswerk am effizientesten bei reichlich Licht durch starke Sonneneinstrahlung und möglichst niedrigen Temperaturen entfalten. Der Rekordwert des antarktischen Ozonlochs wurde im September 2000 mit fast 30 Millionen Quadratkilometern ermittelt.
Die verschiedenen klimatischen Bedingungen in Arktis und Antarktis sowie die abweichende Ozonschädigungs-Größenordnung sind auch die wesentlichen Gründe dafür, warum die internationalen Forscher bei ihren Prognosen über die Schließung der Ozonlöcher unterschiedliche Zeitfenster nannten. Wenn die in den letzten Jahren registrierte positive Entwicklung anhalte, so könnte das Ozonloch über der nördlichen Erdhalbkugel in den 2030er-Jahren wieder verschwunden sein, das sehr viel größere Loch über der südlichen Erdhalbkugel in den 2050er-Jahren und schließlich die allergrößten Löcher über den Polen in den 2060er-Jahren.
30 Millionen Quadratkilometer
Bei den Ozonlöchern handelt es sich allerdings streng genommen nicht um richtige Löcher. Mit dem Begriff wird nur das Phänomen der starken Ausdünnung des Ozongehalts in der Stratosphäre, in 15 bis 50 Kilometern Höhe, anschaulich gemacht. Dort ist die vor den UV-Strahlen schützende Ozonschicht angesiedelt, deren Dicke in der Dobson-Einheit (DU) gemessen wird. 100 Dobson entsprechen einer etwa einen Millimeter dicken Schicht reinen Ozons, auch wenn sich die Ozonmoleküle meist nur vermischt in einer Luftsäule befinden, an manchen Stellen aber auch recht hoch konzentriert vorkommen. Am Südpol sollte die Ozonschicht eine Dicke von 350 Dobson aufweisen, sobald der Wert unter 200 Dobson sinkt, wird dort von einem Ozonloch gesprochen. Über der Arktis sind die entsprechenden Richtwerte erheblich geringer angesetzt.
Also ist diesbezüglich in Zeiten des globalen Klimawandels alles in Butter? Keine drohenden Fahrverbote mehr, wie sie im Sommer 1998 in Teilen der Bundesrepublik wegen Smogalarms verhängt worden waren? Damals waren in Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und dem Saarland mehr als 240 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft registriert worden, womit in diesen Bundesländern die Grenzwerte des 1995 erlassenen Ozongesetzes überschritten worden waren. Heute gehören solche Werte der Vergangenheit an. Über Ozon, ein aus drei Sauerstoff-Atomen bestehendes Molekül (O3) und starkes Oxidationsmittel, das grundsätzlich über den Tropen gebildet und über die Winde in alle Regionen der Erde transportiert wird, wird nur noch selten gesprochen.
Doch leider haben die Alternativen, die seinerzeit als Ersatz für die vornehmlich als Treibmittel für Spraydosen, Kühlmittel oder zum Schäumen von Kunststoffen genutzten FCKW-Gase eingeführt wurden, andere klimaschädliche Auswirkungen. Vor allem die Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) bereiten Probleme, weil sie zwar nicht ozonschädlich sind, dafür aber als Treibhausgase wirken und dadurch die Erderwärmung verstärken. Von daher soll 2019 das Montreal-Protokoll über einen im ruandischen Kigali beschlossenen Zusatz erweitert werden, um die FCKW-Ersatzsubstanzen, vor allem FKW-Gase, zu reduzieren und letztendlich sogar aus dem Verkehr zu ziehen. Bis 2047 soll weltweit eine Reduktion der FKW-Stoffe um 80 bis 85 Prozent erreicht werden. Allein durch diese industriepolitische Maßnahme könnte die Erderwärmung im 21. Jahrhundert um ein halbes Grad geringer ausfallen.
„Zunahme des Ozons an falscher Stelle"
So erfreulich die Entwicklung der Ozonschicht über den Polargebieten auch sein mag, so haben Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich unter Leitung des Atmosphären-Chemikers Prof. Thomas Peter im Februar 2018 doch auf ein Problem hingewiesen, das für die Mehrheit der Menschheit viel gravierender werden könnte. Denn dem schrumpfenden Ozonloch über den Polen steht eine kontinuierliche Verdünnung des lebenswichtigen UV-Schutzfilters über den dicht besiedelten Regionen in den mittleren Breiten, also auch Deutschlands, gegenüber. Während sich die Lage in Sachen Ozonschicht also in den Polarregionen entspannt hat, hat sie sich zwischen dem 60. Breitengrad Süd und Nord deutlich verschlechtert. Davon ist vor allem der untere Teil der Stratosphäre, der Bereich zwischen 15 und 25 Kilometern, wo das Ozon am wirksamsten als UV-Filter arbeitet, betroffen. Der Ausdünnung in diesem Bereich steht laut den Wissenschaftlern ein Anstieg des Ozongehalts in der darunter liegenden, bis 15 Kilometer Höhe reichenden Zone, der Troposphäre, gegenüber, wo eine hohe Konzentration des Ozons wegen seiner Wirkung als Reizgas eigentlich absolut unerwünscht ist. „Wir haben damit eine Zunahme des Ozons an der falschen Stelle", erklärte Thomas Peter gegenüber dem MDR.
Welche Folgen der fortgesetzte Ozonschwund in der unteren Stratosphäre für Mensch und Ökosystem haben wird, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Auch die Ursachen für diese selbst von Experten unerwartete Entwicklung sind noch unklar. Es könnte generell mit der Erderwärmung zu tun haben, wodurch sich die Verteilung der Luftmassen in der Stratosphäre verändert hat. Auch kurzlebige Halogenverbindungen aus der Industrie könnten in die Stratosphäre gelangt sein und dort die Ozonschicht angegriffen haben. Thomas Peter nannte jüngst in einem MDR-Interview folgende mögliche Ursachen: „Entweder es hängt zusammen mit der Klima-Veränderung, also damit, dass sich in der Stratosphäre in 30 Kilometern Höhe die Luftzirkulation verändert und weniger Luft von den Tropen, also dort, wo das Ozon produziert wird, in die mittleren Breiten transportiert wird. Oder es hängt damit zusammen, dass wir vermehrt Ersatzstoffe der FCKW ‒ der Fluorchlorkohlenwasserstoffe ‒ produzieren, von denen wir eigentlich dachten, sie würden der Ozonschicht nichts anhaben können, weil sie bereits weiter unten abgebaut werden." Sollten diese Ersatzstoffe allerdings, so Thomas Peter weiter, doch wider Erwarten in höhere Regionen gelangen können, dann könnte das durchaus „einen negativen Effekt auf das Ozon haben".