In vielen Kulturen gilt es als mythischer „Saft des Lebens" und als Metapher für die Abstammung. Doch warum ist es für den menschlichen Körper eigentlich so unverzichtbar und was macht Blut aus medizinischer Sicht einzigartig?
Zwischen fünf und sechs Liter Blut besitzt ein 70 Kilogramm schwerer Mensch, das entspricht bis zu sechs Prozent des Körpergewichts. Die wichtigste Körperflüssigkeit überhaupt besteht aus drei wesentlichen Bestandteilen. Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) machen den weitaus größten Anteil aus. In einem Mikroliter Blut (= 1 Millionstel Liter) befinden sich vier bis sechs Millionen dieser Mikroteilchen. Sie enthalten das, was dem Blut seine rote Farbe verleiht: den Blutfarbstoff Hämoglobin. Dieser befördert Sauerstoff von den Lungen überall hin, wo er gebraucht wird. Auf dem Rückweg nimmt er das als Abfallprodukt entstandene Kohlendioxid auf und transportiert es in die Lungen, wo es schließlich ausgeatmet wird.
Im Vergleich mit den roten Blutkörperchen gib es weitaus weniger weiße Blutkörperchen (Leukozyten). Gerade mal 5.000 bis 8.000 „Leukos" finden sich in einem Mikroliter Blut. Sie arbeiten wie sensible Immunabwehr-Antennen, spüren Pilze, Viren, Bakterien und Krankheitserreger auf und bestehen aus drei Bestandteilen: den Granulozyten (bis zu 70 Prozent), den Lymphozyten (bis zu 30 Prozent) und den Monozyten (sechs Prozent). Granulozyten werden benötigt, wenn Erreger in den Körper eindringen wollen. Als erstes kümmern sich dann die Makrophagen (Fresszellen), die Menozyten, um die Eindringlinge und beseitigen diese auf schnellstem Weg. Lymphozyten, weiße Blutzellen, versorgen das lymphatische Gewebe, zum Beispiel die Thymusdrüse oder die Lymphknoten.
Den dritten Bestandteil des Blutes stellen die Blutplättchen (Thrombozyten) dar. Diese besitzen keinen Zellkern und sind für die Blutstillung, etwa bei einer Wunde, verantwortlich. Chemisch gesehen setzt sich Blut aus zellulären Bestandteilen (circa 44 Prozent Hämatokrit) und Plasma (circa 55 Prozent) sowie aus einer wässrigen Lösung, bestehend aus Wasser, Proteinen, Salzen und niedrig-molekularen Stoffen zusammen. Aber auch Hormone, Gase und Nährstoffe sind Teil der vitalen Mischung, deren PH-Wert 7,4 beträgt.
Wie Blut entsteht
Die Blutbildung, die Hämatopoese, ist sehr komplex. Bei erwachsenen Menschen findet sie im blutbildenden roten Knochenmark und im lymphatischen System statt. Hier reifen die Blutkörperchen heran und werden in den Blutkreislauf aufgenommen. Die Blutkörperchen selbst wiederum werden aus Stammzellen gebildet. Alle Blutzellen gehen aus einer Mutterzelle, der hämatopoetischen Stammzelle, hervor. Diese teilt sich in regelmäßigen Abständen bis alle Einzelkomponenten, also die Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten, ausgebildet sind. Die Lymphozyten stellen eine Ausnahme dar, denn sie reifen im lymphatischen Gewebe heran.
Wussten Sie, dass unser Blut eine relativ kurze Lebensdauer hat? So werden die weißen Blutkörperchen im Durchschnitt gerade mal zwölf Tage alt, die roten Blutkörperchen immerhin bis zu 120 Tage. Der Blutabbau findet in der Milz und in den Kupffer’schen Sternzellen, speziellen Fresszellen, in der Leber statt. Hier wird das Hämoglobin schrittweise in Urobilin und Sterkobilin verwandelt.
Die Blutgruppen
Im Prinzip beschreibt die Blutgruppe, wie die Oberfläche der roten Blutkörperchen zusammengesetzt ist und welche besonderen Antigene ausgeprägt sind. Die wichtigsten Blutgruppensysteme sind das vom Wissenschaftler Karl Landsteiner entdeckte AB0-System und der Rhesusfaktor. Insgesamt umfasst das AB0-System vier Blutgruppen: A, B, AB und 0. Die häufigste Blutgruppe stellt die Blutgruppe A positiv dar. Nicht alle Blutgruppen vertragen sich miteinander, denn zu jedem Blutgruppen-Antigen gibt es einen Blutgruppen-Antikörper, der schlimmstenfalls mit diesem verklumpen kann. Beim Rhesus-Blutgruppensystem gibt es fünf Antigene (D, C, c, E und e). Besitzt ein Mensch den Rhesusfaktor D ist er Rhesus-positiv, fehlt er, nennt man ihn Rhesus-negativ.
Blutstillung und -Gerinnung
Wenn bei einer Verletzung eine Blutung entsteht, wird der Kreislauf der Hämostase, die Blutgerinnung, in Gang gesetzt. Sie sorgt dafür, dass die entstandene Wunde nach zwei bis vier Minuten wieder verschlossen ist. Zuerst verengen sich die Gefäße, dann verkleben die Thrombozyten die offene Stelle bis ein Pfropfen aus Fibrin, eine Art Eiweiß-Klebstoff, entsteht. Nach dieser primären Hämostase wird die sekundäre Hämostase in Gang gesetzt. Zum Großteil in der Leber synthetisierte Proteine (Eiweiße) werden aktiviert und lassen das Blut verklumpen.
Diagnose: Leukämie
Ist die Blutbildung und damit die gesunde Zusammensetzung des Blutes gestört, wirkt sich das fatal auf den Organismus aus. Wie etwa bei der Krankheit Leukämie, umgangssprachlich Blutkrebs genannt. Leukämien treten im Vergleich zu anderen Krebsarten relativ selten auf. In Deutschland erkranken daran jährlich ungefähr 13.700 Menschen.
Eine Leukämie entsteht dann, wenn die Herstellung der weißen Blutkörperchen im Knochenmark nicht richtig ablaufen kann und sich unausgereifte Leukozyten heranbilden. Diese vermehren sich zunehmend unkontrolliert und verhindern die normale Blutbildung.
Die häufigste Leukämieform ist die akute lymphatische Leukämie (ALL), die oft bei Kindern und jungen Erwachsenen auftritt. Bleibt sie unbehandelt, kann sie innerhalb weniger Monate zum Tod führen. Doch auch bei diesem Krankheitsbild haben sich die Therapiechancen in den letzten Jahren enorm verbessert (siehe auch FORUM Gesundheit vom 23.02.2018). Oft kann eine Chemotherapie den Krebs vollständig zurückdrängen. Wenn nicht, wird eine Stammzelltransplantation nötig. Grundvoraussetzung für die Transplantation ist allerdings, dass über das Zentrale Knochenmarkregister ein geeigneter Spender gefunden wird, bei dem die Merkmale der humanen Leukozyten-Antigene (HLA) so weit wie möglich mit denen des Empfängers übereinstimmen.
Bevor die Transplantation beginnen kann, muss das „alte" Immunsystem des Patienten durch eine sorgfältig geplante Chemotherapie zerstört werden. Die erste Phase, die Induktionstherapie, sorgt mit hochdosierten Medikamentengaben dafür, dass sich die krankhaft veränderten Zellen wieder zurückbilden. Im zweiten Schritt, der Konsolidierungs- und Erhaltungstherapie, sollen der Allgemeinzustand der Patienten verbessert und das Rückfallrisiko vermindert werden. Sie erfolgt teils ambulant, teils stationär.
Nach dem Eingriff kann es zu lebensgefährlichen Abwehrreaktionen des Körpers gegenüber den fremden Stammzellen kommen. Dazu kommt, dass der Körper enorm geschwächt ist und keine Kraft hat, um Viren und Bakterien zu bekämpfen.