Im Juli 2023 stand Griechenland in Flammen – oder zumindest Teile davon. Auf der Insel Rhodos konnte ein Großbrand tagelang nicht unter Kontrolle gebracht werden. Die Hotelbuchungen für das Jahr 2024 liegen trotzdem schon vor.
Anfang Dezember gab das Erdbeobachtungsprogramm der Europäischen Union bekannt, dass 2023 offiziell das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen sei – daran würde auch der Dezember nichts mehr ändern. Und das war das ganze Jahr über zu spüren. Denn auch in diesem Jahr brannte es wieder an verschiedenen Stellen der Erde lichterloh, unter anderem im Mittelmeerraum. Sämtliche Medien begleiteten das Geschehen über Tage hinweg, darunter auch Tagesschau, dpa und „Süddeutsche Zeitung“.
220 Feuerwehrleute, 65 Fahrzeuge
Mitte Juli brachen in Griechenland mehrere Brände gleichzeitig aus. Am Mittwoch, den 19. Juli, kämpften Feuerwehrleute bereits gegen drei große Feuerfronten in Athen, Loutraki und Rhodos. Athen hatte den EU-Katastrophenschutzmechanismus aktiviert. Insgesamt 220 Feuerwehrleute und 65 Fahrzeuge aus fünf EU-Staaten eilten zur Hilfe, um Griechenland im Kampf gegen die Brände zu unterstützen. Während diese in Athen und Loutraki zu kleineren Brandherden abklangen, breitete sich das Feuer auf Rhodos immer weiter aus.
Die Flammen, die zunächst im gebirgigen Zentrum von Rhodos begannen und auf der Südseite der Insel hunderte Touristinnen und Touristen zwangen, ihre Urlaubsorte zu verlassen, wuchsen weiter in Richtung Osten und der Küste im Zentrum der Insel. Mit Bussen und Booten versuchte die Küstenwache die Touristinnen und Touristen in Sicherheit zu bringen. „Ich habe das Monster direkt auf uns zukommen sehen, mit Feuer und Flammen“, sagte Giorgos Pelekanos gegenüber der Tagesschau, einer von 3.000 Freiwilligen, der vor Ort gegen das Feuer kämpfte.
Selbst als die Brände schon mehrere Tage wüteten, konnte noch keine Entwarnung gegeben werden. Denn griechische Meteorologen prognostizierten eine weitere Hitzewelle mit trockenen Winden, die die Temperaturen auf über 45 Grad Celsius steigen ließ – optimale Bedingungen für ein sich immer weiter ausbreitendes Feuer. „Das Schlimmste liegt noch vor uns“, sagte der griechische Meteorologe Theodoros Giannaros vom Nationalen Observatorium Athen dem Staatssender ERT.
Hunderte Feuerwehrleute aus Rumänien, Bulgarien, Polen, der Slowakei und Malta waren im Einsatz. Auch Frankreich, Italien, die Türkei, Zypern, Israel und Jordanien beteiligten sich mit Löschflugzeugen und Hubschraubern. Und trotzdem waren am 25. Juli, knapp eine Woche später, noch immer sechs Dörfer nördlich und westlich der Stätte von Lindos von massiven Feuern bedroht.
Hotelanlagen in verschiedenen Teilen der Insel befanden sich seit Ausbruch der Brände in Gefahr. Insgesamt 30.000 Menschen wurden nach Angaben der griechischen Regierung aus betroffenen Gebieten in Sicherheit gebracht. Es sei die größte Evakuierungsaktion in der Geschichte Griechenlands gewesen. Und wie die wenigsten Länder war auch Griechenland auf eine derartige Naturkatastrophe nicht vorbereitet.
Zwar hatte das Ministerium für Klimakrise und Bürgerschutz vor Jahren ein System von Warn-SMS und schnellen Evakuierungen etabliert, das auch auf Smartphones ausländischer Gäste anschlägt. Doch es fehlte trotzdem an Booten, Betten und Essen. Verlass war zum Glück auf die Einheimischen, die die fliehenden Touristinnen und Touristen mit Autos aus den gefährdeten Gebieten brachten und ihnen Unterkünfte in ihren Häusern boten, ihnen Essen und zu trinken gaben.
Die Touristinnen und Touristen, die zum Großteil aus Großbritannien und Deutschland stammten, beklagten jedoch chaotische Evakurierungssituationen. „Wir haben alle unsere Koffer genommen und sind losgelaufen. Es dauerte etwa drei Kilometer, bis wir unter der Aschewolke herauskamen“, sagte Ian Murison, ein Geschäftsmann aus London gegenüber der Tagesschau. Er berichtete von Stromausfällen, zu kleinen Booten und Erwachsenen, die in ihrer Panik einen Platz zu ergattern, nicht einmal Rücksicht auf Kinder nahmen. „Es spielte keine Rolle, ob man Kinder hatte. Erwachsene kämpften darum, als nächstes an Bord zu kommen“, sagte er.
Kein Zaubermittel gegen Klimawandel
Reiseveranstalter und Flugzeuggesellschaften wie Tui oder Easyjet schickten Flugzeuge nach Rhodos um evakuierte Menschen auszufliegen. Tui und DER Touristik sagten Reisen in den Süden der Insel auf bestimmte Zeit ab. Die Feuerwehrkräfte kämpften weiter gegen die Flammen. Und die Regierung sah sich bereits mit Vorwürfen konfrontiert, dass die Evakuierungen nicht rechtzeitig abliefen. Regierungschef Kyriakos Misotakis wies diese jedoch zurück und erklärte, dass der Staat richtig gehandelt habe. Gegen die Folgen des Klimawandels gäbe es jedoch kein Zaubermittel.
Trotzdem wurden bald darauf Ermittlungen eingeleitet, was die Brände ausgelöst haben könnte. Auch wenn in solchen Fällen eine Ursache meist nur schwer zu ermitteln ist. In der Vergangenheit habe sich in den meisten Fällen herausgestellt, dass es sich um fahrlässige Brandstiftung handelte. Vertreter der Gewerkschaft der Polizei und Feuerwehr dämpften jedoch laut der Nachrichtenagentur dpa die Erwartungen, Verantwortliche zu finden. Daneben untersuchte die Justiz, ob die Feuerwehrleute schnell genug gehandelt hätten, als der Brand im Südosten von Rhodos noch eine kleinere Dimension hatte.
Am 28. Juli, nach zehn Tagen massiver Waldbrände, waren insgesamt 667 Feuer gelöscht. Insgesamt 150 Quadratkilometer Wald und landwirtschaftliche Fläche wurden zerstört. Dazu starben zahlreiche Rehe, Schildkröten und andere Wild- und Nutztiere in den Flammen, darunter seltene Damhirsche.
Doch nicht alle zeichneten so ein erschreckendes Bild von der Lage im griechischen Mittelmeerraum. So beklagte Manolis Markopoulos, Chef des Hotelverbandes von Rhodos, die Insel habe mehr unter den zahlreichen Berichten gelitten als unter den Bränden selbst. „Das Bild, das international gezeichnet wurde, war schlimm – als ob die ganze Insel in Flammen stünde“, zitierte ihn dpa. Dabei sei lediglich der Südosten betroffen gewesen, nicht einmal fünf Prozent der Insel. Laut Regierungschef wurden circa zehn Prozent der Hotels auf Rhodos beschädigt. Laut Markopoulos blieben von den 100 Hotels, die wegen der Brände evakuiert wurden, jedoch nur drei aufgrund größerer Schäden geschlossen.
Der Hotelverband gab kürzlich bekannt, dass Anfang November die Urlaubsbuchungen für die Insel Rhodos für das kommende Jahr bereits über den Werten von 2023 lagen. Zu dieser Zeit kamen täglich wieder 11.000 Urlauberinnen und Urlauber auf die Insel. Genau wie sie werden vermutlich auch die Flammen im kommenden Sommer zurückkehren – denn gegen die Folgen des Klimawandels gibt es kein Zaubermittel.