Sie muss niemandem mehr etwas beweisen, davon bleiben auch ihre Protagonisten nicht verschont. Die Schriftstellerin Charlotte Link, die mit ihrem neuen Kriminalroman „Einsame Nacht“ wieder die Bestseller-Listen erklimmt, ist seit Jahren eine der erfolgreichsten deutschen Autorinnen. So müssen sich ihre Protagonisten in das unausweichliche Kriminalroman-Schicksal fügen. Wer widerspricht schon einer Bestsellerautorin?
Dabei hätten die Figuren des Buches wirklich zahlreiche Gründe, sich zu beschweren. Die Rechtsgrundlagen harmonieren selten mit ihrem eigenen Leben – und manchmal landen sie auch aus purer Dummheit im Visier der Ermittler.
Es ist kein Zufall, dass eine der Hauptfiguren den Namen „Anna“ trägt – und Kochkurse für Singles leitet. Diese Anspielung auf latente Essstörungen wird durch eine Schilderung ihrer labilen, wenn auch nicht bösartigen Persönlichkeit ergänzt. Trotzdem ist es zuerst Anna, die ins Visier der Ermittler gerät. Warum? Weil sie es versäumt hat, rechtzeitig die Polizei zu informieren und ein schlechtes Händchen für Männer besitzt.
Die zuweilen sehr sarkastische Darstellung der Figuren besitzt viele Pointen. Und manchmal kann man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Was soll man auch anderes tun, wenn ein Verbrechen plötzlich mit lauter Singles in einem Kochkurs in Verbindung gebracht wird – und zufällig auch die Polizistin Kate auf Partnersuche ist, die wie Anna einen katastrophalen Männergeschmack hat und letzten Endes immer wieder bei ihrem alkoholisierten Freund und Kollegen Caleb landet, um am nächsten Tag wieder das Weite zu suchen?
Autorin Charlotte Link schildert jedoch auch desaströse Entwicklungen von Jugendlichen, die sich zu echten Straftätern entwickeln und es genießen, ihre Opfer zu quälen. Der Grund dafür ist – wie im echten Leben auch – zumeist banal: In „Einsame Nacht“ muss ein Junge beispielsweise fast sterben, weil er nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht …