Als Mitgründer der Grünen war er von 1991 bis 2011 Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag. Zuvor war er als Gründungsgeschäftsführer der Heinrich-Böll-Stiftung tätig. Der heute 73-Jährige ist Aufsichtsratsvorsitzender des Correctiv-Recherchenetzwerkes und freiberuflicher Berater.
Er glaube „eigentlich, dass die Menschheit überlebt“, gibt sich Lukas Beckmann 2019 in einem Gespräch mit seiner journalistisch tätigen Tochter Jolinde Hüchtker optimistisch in Bezug auf unsere Fähigkeit, trotz unterschiedlicher Auffassungen eine Lösung für die Klimakrise zu finden. Der Mitgründer der Grünen, der als „Realo“ schon 1987 die Möglichkeit einer Koalition mit der CDU nicht ausgeschlossen hatte und deshalb sein Amt als Bundesvorstandsprecher seiner Partei aufgeben musste, plädierte kürzlich dafür, aus den „Sackgassen des traditionellen Denkens und Politikmachens“ herauszukommen und neue Wege zu gehen. In der „Taz“ schlug er eine „Gemeinwohl-Koalition für eine Marktwirtschaft mit sozialökologischem Antlitz“ vor. Darin sollten die drei führenden Parteien CDU, SPD und Grüne und ihre „kulturellen Grundströmungen“ ein gesellschaftliches Bündnis eingehen. Dieses sollte sich darauf verpflichten, die drängenden großen Reformen wie Energietransformation, europäische Verteidigung, Rente, Pflege, Steuer oder Wirtschafts-, Finanz- und Generationenpolitik „klientelfrei“ anzupacken. „Das könnte die letzte Chance sein, zu verhindern, dass sich die AfD und die Wagenknecht-Partei als antieuropäische und antidemokratische Grundströmung festsetzen“, betont Beckmann in der „Taz“.
„Könnte letzte Chance sein“
Seine Idee klinge vielleicht etwas naiv, aber noch naiver sei es, weiterzumachen wie bisher. Wenn die demokratischen Parteien es nicht schafften, mehr zusammen zu arbeiten als gegeneinander, „werden wir in nicht allzu ferner Zeit kurzfristig und weitgehend ungeplant reagieren müssen“.
Für seine Grünen wünscht sich Beckmann, der während der 70er-Jahre in der Friedensbewegung aktiv war, eine Vorreiterrolle bei der Beantwortung der noch offenen Frage, wie man soziale Sicherheit bei gleichzeitigem Verlust von Wachstum im traditionellen Sinne sichern kann. Dazu müsse aber das Verhältnis von Arbeitseinkommen und Eigentum offensiv thematisiert werden, weil sich sonst in dieser Frage die Öffentlichkeit eine „gefährliche Richtlinienkompetenz“ erobern könnte. Bei der Feier zum 40-jährigen Bestehen der Grünen 2020 bezeichnete Beckmann es in seiner „Geburtstagsrede“ als größten Erfolg der Partei, die ökologische Frage als Überlebensfrage ins öffentliche Bewusstsein gerückt zu haben und daraus ihre zentralen politischen Aufgaben abzuleiten.
Als Beckmann 2010 seine fast 20-jährige Tätigkeit als Fraktionsgeschäftsführer der Grünen aufgab, wechselte er in den Vorstand des Vereins GLS Treuhand, der sich die Förderung einer aktiven Zivilgesellschaft und die Beratung von Stiftungsgründern auf die Fahnen geschrieben hat. Ebenfalls Vorstandsmitglied war Beckmann in der GLS Genossenschaftsbank, die eine am Menschen ausgerichtete Wirtschafts- und Finanzordnung zum Ziel hat. „Viele in Wirtschaft und Politik haben verlernt, sich die Frage zu stellen, unter welchen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen andere für uns arbeiten“, plädiert der Grünen-Gründer für eine sozialere Weltwirtschaft und einen gerechteren Geldfluss, weil sich seiner Meinung nach nur so die zunehmenden Migrationsbewegungen reduzieren lassen.
Neben ehrenamtlichen Tätigkeiten in verschiedenen Genossenschaften wie etwa dem Bündnis Bürgerenergie und Bioboden Genossenschaft gehört Beckmann heute auch noch zum Vorstand von „Zukunft Memorial“, das die in Russland verbotene Nicht-Regierungsorganisation Memorial im Exil unterstützt. Er ist zudem Co-Vorsitzender der Heinrich-Böll-Stiftung in Brandenburg. Durch sein Mitwirken in Aufsichtsrat und Kuratorium des am Gemeinwohl orientierten Recherche-Netzwerkes „Correctiv“, das kürzlich Deportationspläne von Rechtsradikalen aufgedeckt hat, engagiert Beckmann sich seit 2017 für einen investigativen Journalismus, der die Demokratie fördern will.
Investigativer Journalismus
Gerade auch vor dem Hintergrund wachsender Zustimmung zur AfD („politisch bekämpfen und nicht durch Feindbilder stärken“) setzt Beckmann sich weiterhin für eine demokratisch aktive Bürgergesellschaft ein. Beispielsweise sieht er in der Einrichtung von Bürgerräten und der Durchführung von Volksbegehren eine wichtige Möglichkeit zur Stärkung der Demokratie, weil damit versucht werde, „etwas dialogisch zusammenzuführen, das man sonst aus rein parteipolitischen Interessen nicht zusammenkriegt“. Beckmann verweist auf das Beispiel Irland, wo Bürgerräte mit Erfolg aktiv sind, auch weil dort die Bürger über die Vorgaben der Räte mit einem Referendum abstimmen können: „In dem Moment, wo ich Verantwortung übertrage, wächst auch das Verantwortungsbewusstsein und verliert der Stammtisch an Bedeutung“, betont Beckmann.
Seit 2017 ist der aus einer Bauernfamilie stammende Beckmann, der in Zernikow bei Gransee und in Berlin lebt, selbstständig und arbeitet freiberuflich und ehrenamtlich als Berater und „Projekteur“ gemeinwohlorientierter Einrichtungen.