Der Aufstiegszug Richtung Zweite Liga droht ohne den 1. FC Saarbrücken abzufahren. Neben fehlendem Match-Glück kommen aber auch hausgemachte Faktoren hinzu.
Ein Blick auf die Statistik lässt wenig Fragen offen. Sechs von acht Spielen im neuen Jahr hat der 1. FC Saarbrücken verloren, in der Rückrundentabelle liegt das Team auf einem Abstiegsplatz. Alle vier Heimpartien gingen in die Hose, zuletzt gab es gegen den VfL Osnabrück eine 1:2-Niederlage.
Abgesehen von der Partie gegen die SV Elversberg hätten die Blau-Schwarzen keines dieser Spiele verlieren müssen. Dass dies dennoch geschah, hat nicht nur mit Pech zu tun. „Nahezu jeder Fehler wird bestraft“, sagte der sichtlich ernüchterte Trainer Rüdiger Ziehl und Torwart Daniel Batz, wieder einmal einer der wenigen Akteure, die sich nach einer Niederlage stellten, ergänzte: „Fußball ist manchmal brutal. Wir machen ein überragendes Spiel und stehen am Ende mit leeren Händen da.“ 65 Minuten deutete vor 9.200 Zuschauern im Ludwigspark nichts darauf hin, dass die bis dato formstarken, in Saarbrücken aber biederen und harmlosen Gäste als Sieger vom Platz gehen könnten.
„Fußball ist manchmal brutal“
Nach einer eher verhaltenen ersten Halbzeit, in der der FCS mit der letzten Aktion durch einen Kopfball von Julian Günther-Schmidt mit 1:0 in Führung ging, und in der er durch den Pfostentreffer Boné Uaferros die bis dato einzig nennenswerte Chance hatte, drängten die Blau-Schwarzen eine Viertelstunde lang auf den zweiten Treffer. Kasim Rabihic vergab zweimal freistehend aus zehn Metern, gleiches war ihm schon eine Woche zuvor in Aue passiert, und nach einem Konter vergaben Dominik Ernst und Günther-Schmidt eine Doppel-Chance. Dass „Günnis“ Nachschuss am Pfosten landete, mag Pech gewesen sein, eine Spitzenmannschaft muss aber den Anspruch haben, wenigstens eine der drei hundertprozentigen Chancen zu verwerten. Gelingt das Woche für Woche nicht, ist das keine Frage von Glück oder Pech, sondern schlicht von mangelnder Qualität.
Erschwerend kommt hinzu, dass es dem FCS kaum noch gelingt, die Null zu halten. Wie schon in Aue wurde auch gegen den VfL eine Führung leichtfertig hergeschenkt. 66 Minuten waren gespielt, als dem bis dato starken Luca Kerber ein fataler Fehler unterlief. Obwohl zwei Anspielstationen vorhanden waren, ging er 25 Meter vor dem eigenen Tor ins Dribbling und verlor den Ball. Die Osnabrücker schalteten schnell, und Sekunden später hatte der ehemalige Elversberger „Chance“ Simakala egalisiert. Eine Szene, die symptomatisch für den FCS im März 2023 ist. Auf dem Platz ist es erschreckend ruhig, niemand war da, der dem jungen Kerber verbal etwas angeboten hätte. Jeder hat mit sich selbst zu tun und Sebastian Jacob, neben Batz der einzige Führungsspieler, der diesen Namen verdient, fehlt an allen Ecken und Enden.
Vom Schock des Ausgleichs erholte sich der FCS nicht mehr, im Gegenteil. Knapp zwei Minuten später warf Ernst einen Einwurf in die Füße des Gegners, der blitzschnell schaltete und durch Erik Engelhardt zur Führung kam. „Wir wissen, dass er im Spiel nur ein, zwei Aktionen benötigt, um zu treffen“, sagte Gäste-Coach Tobias Schweinsteiger trocken. Wohl dem, der solche Angreifer hat. Danach hatte der FCS noch einmal wirklich Pech, als Kerbers Kopfball an die Latte klatschte, ansonsten war die Nervosität des Teams spürbar. „Wir haben uns hier feiern lassen, also müssen wir uns auch kritisieren lassen. Das gehört dazu“, sagte Batz, während Coach Ziehl auf Nachfrage antwortete: „Ich hinterfrage mich täglich selbst.“
Vor dem Auswärtsspiel beim SV Wehen Wiesbaden am Sonntag ist der Aufstiegszug erst einmal abgefahren. Mit Bjarne Thoelke und Dave Gnaase werden dann zwei der noch stabileren Spieler aufgrund der fünften Gelben Karte fehlen. Die personelle Situation lässt ohnehin kaum Spielraum zu. Am Samstag fehlten insgesamt neun Akteure, unter der Woche gab es eine Einheit, an der nur 14 Akteure teilnehmen konnten. Die Quittung für die seit Sommer 2021 äußerst fragwürdige Kaderplanung wird dem FCS in dieser Woche präsentiert. Im Angriff schleppt sich der formschwache Adriano Grimaldi durch, weil „Ersatz“ Marvin Cuni einfach noch schwächer ist und Joker Justin Steinkötter im Training wenig anbietet. Einen jungen Akteur, der den zahlreichen älteren und anfälligen Akteuren Druck macht, sucht man vergeblich.
Vertragsgespräche mit Kapitän Zeitz
Die seit Sommer 2021 verpflichteten U23-Akteure haben bislang ausnahmslos keinerlei Stammplatz-Berechtigung. Umso überraschender mutet die Tatsache an, dass aus der Mannschaft mittlerweile mehr oder weniger unverhohlen Unverständnis geäußert wird, der Verein lasse sich mit den Vertragsgesprächen zu viel Zeit. Elversbergs höchst erfolgreicher Sportdirektor Ole Book hatte in den letzten Wochen mit Blick auf ein Dutzend auslaufender Verträge gesagt: „Wir haben da keinen Stress. In der 3. Liga passiert vor Mitte, Ende April in aller Regel wenig.“
Mit Kapitän Manuel Zeitz wird der Verein in Kürze Vertragsgespräche aufnehmen, auch mit Julian Günther-Schmidt und Dave Gnaase kann man sich eine weitere Zusammenarbeit wohl ebenfalls vorstellen. Der große Rest (13 weitere Verträge laufen aus) hat noch 13 Partien Zeit, Argumente in eigener Sache zu sammeln. Allzu viele waren es im Jahr 2023 bislang nicht.