Eine der entscheidenden Fragen, die Loriot der Menschheit mit auf den Weg gegeben hat, könnte jetzt eine Antwort finden. Seinem „Ja, wo laufen sie denn?" lässt sich mit einem Fingerzeig auf Straßen und Plätzen begegnen. Zahlreich sind dort Menschen unterwegs, weniger, um die ersten Frühlingsversuche auszukosten. Obwohl ein paar Sonnenstrahlen demonstrieren nicht gerade beschwerlicher machen. Dabei drohte den schon gewohnten Schüler-Fridays zuletzt ernsthafte Konkurrenz, zumindest zahlenmäßig – von denen, die Filter für Kaffee okay finden, fürs freie Internet aber äußerst deplaziert. Selbst den „March for Europe" wollte sich da der ein oder andere am Wochenende nicht entgehen lassen.
Die neue Demobegeisterung kommt manchem schon wie ein Frühlingserwachen der Zivilgesellschaft vor. Mal für, mal gegen etwas, mal grundsätzlich, mal konkret. Der geschätzte Kollege Heribert Prantl machte bereits im letzten Jahr bei den Großdemos unter dem Slogan „Bunt statt Braun" im Gespräch mit unserem Magazin eine „Politisierungskraft" aus, die „schon sehr bemerkenswert ist". Auch, weil viele damals zum ersten Mal in ihrem Leben Demoluft geschnuppert hatten. Zumindest in diesem Punkt gibt es Parallelen zu den „Fridays".
Dass die schöne alte Demo-Tradition noch kein Auslaufmodell ist, Menschen für ihr Anliegen auf der Straße Gesicht zeigen, wo die Meinungsäußerung im Netz längst viel bequemer zu erledigen ist, mag auf den ersten Blick beruhigen. Den aus eben diesem Netz beförderten Mechanismen entgehen sie aber nicht. Kaum hebt jemand ein Transparent, ist anderen längst klar: Der arme Demo-Tropf ist gewiss instrumentalisiert und ferngesteuert.
Den Verschwörungstheoretikern sei gesagt: Vielleicht habt ihr nicht nur Recht, sondern alles ist noch viel schlimmer. Am Ende hat sich der Demonstrant von seiner eigenen Meinung instrumentalisieren lassen! Was es damit auf sich hat, erklären wir Euch beim nächsten Mal.
Bis dahin antworten wir Loriot mit einer Anlehnung an Herbert Wehner: „Ich weiß, wo sie laufen. Sie laufen unterschiedlich".