Auch im aufziehenden Corona-Winter wird es viele Urlauber in die Alpen verschlagen, schließlich ist es die weltweit beste Region zum Skifahren. Doch wo genau sind die besten Pisten, Lifte und Hänge? Wir nennen die beliebtesten und bestbewerteten Areale für jeden Geschmack.
Das hätte Wolfgang Ambros sich wohl nicht träumen lassen, als er 1976 den Song „Schifoan" zum ersten Mal schmetterte. War die Resonanz zuerst verhalten, stimmen viele Skifahrer selbst 44 Jahre später bei jeder passenden Gelegenheit bergauf, bergab die Wintersporthymne an. Kein Wunder, allein der Ambros’sche Refrain „Schifoan is des Leiwandste, wo’s ma si nur vorstellen ko" spricht Schneefans tief aus der Seele: Was kann es Schöneres geben, als ein Tag, ach was, eine ganze Woche im Weißraum? Mal genüsslich auf der sanft gewellten Piste, mal gewagt im jungfräulichen Tiefschnee, mal gekonnt durchs steile Buckelfeld und zwischendurch immer wieder mal ein Päuschen im Liegestuhl oder in der urigen Hütte? Sonne, Schnee und Spaß, so stellen sich viele die Zutaten für ihren Winterurlaub vor. Und natürlich viele Pisten. Dafür stehen allein in den wichtigsten Skiländern der Alpen, Österreich und der Schweiz, mehr als 50.000 Abfahrtskilometer und rund 350 Skigebiete zur Wahl, Frankreich und Italien steuern auch noch mal einige bei, ebenso Bayern und Slowenien! Das reicht für sieben Skifahrerleben. Bedeutet für Urlauber aber auch: Sie haben die Qual der Wahl.
Das kommt freilich immer auch auf die persönlichen Bedürfnisse an. Familien mit kleinen Kindern suchen meist eher ruhigere und kleinere Areale, während es für echte Könner nicht steil genug sein kann. Genießer wiederum schauen nach einem möglichst hohen Blau-Anteil der Pisten, während Skihasen mit Hang zum Feiern vor allem das Entertainment-Angebot ins Visier nehmen – wobei Après-Ski in der kommenden Saison angesichts von Corona sicherlich kaum oder zumindest nur unter strengen Auflagen stattfinden wird.
Kitzbühel steht auf Platz eins
Kurz: Die Skigebiete miteinander zu vergleichen, ist eine schwierige Angelegenheit. Aber zum Glück gibt es Experten, die dank Umfragen und/oder Datenvergleichen hilfreiche Informationen liefern – etwa die Tester des ADAC-Skiguides, von Snowplaza, Ski-Gebiet.de und anderen. Das weltgrößte Testportal für Skigebiete, Skiresort.de, kommt zu einem eindeutigen Ergebnis: Zwischen 2013 und 2020 wählte es die Tiroler Skihochburg Kitzbühel ununterbrochen auf Platz eins. Eine Einzelmeinung? Von wegen. Bei den World Ski Awards räumte Kitzbühel gleich die Auszeichnung zum weltbesten Skiresort ab.
Mit ein Grund für die hohe Bekanntheit dürfte dabei das Hahnenkammrennen auf der Streif sein. Von den Olympischen Winterspielen einmal abgesehen gibt es kein Wintersportevent, das weltweit so viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Weit mehr als 300 Millionen Zuschauer verfolgen die größte Veranstaltung aktueller und ehemaliger Skistars im Fernsehen, ferner sorgen an den drei Renntagen rund 80.000 Besucher, darunter überdurchschnittlich viele Prominente, vor Ort für Stimmung neben der Piste – und vor allem im Zielbereich. Worin sich alle einig sind: Wer die 3.312 Meter lange Skirennstrecke, die als die schwierigste im Weltcupzirkus gilt, als Gewinner verlässt, der hat definitiv den Ski-Olymp bestiegen.
Gut zu wissen: Abgesehen von den Januar-Tagen vor dem Showdown der Profis können sich auch Normalsterbliche an die nicht-präparierte Strecke wagen. Angesichts des bis zu 85 Prozent starken Gefälles und permanent anspruchsvoller Passagen wird unabhängig von der Zeit alleine eine sturzfreie Fahrt mit viel Respekt bedacht. Aber keine Angst: Es gibt nicht nur eine familienfreundliche Umfahrung, sondern weitere 230 Pistenkilometer für tagelanges Pistenvergnügen. Wobei Kitzbühel noch für etwas anderes bekannt ist: seine sagenhaften Freeride-Möglichkeiten abseits der Piste.
Nicht zuletzt in dieser immer beliebteren Disziplin steht Kitzbühel in ewiger Konkurrenz zum Arlberg, der für seine 200 Kilometer langen und anspruchsvollen Tiefschneeabfahrten geschätzt wird. Und für die 305 zusammenhängenden Pistenkilometer, die 2016/17 durch die Verbindung der Skigebiete von Lech-Zürs und St. Anton zu Österreichs größtem Skiareal wurden. Wer da den Überblick zu verlieren droht, folgt einfach den Schildern der „Run of Fame"-Skirunde. Ihr Ziel: die schönsten Ecken des riesigen Gebiets auf eine Ideallinie zu bringen. Rund 65 Abfahrtskilometer und nicht weniger als 18.000 Höhenmeter warten dabei darauf, bezwungen zu werden. Dabei befährt man Abfahrtslegenden wie Madloch und Kriegeralpe, Schindlergrat und Kandahar. Diese Traumabfahrten verhalfen – neben Topbewertungen bei Größe, Schneesicherheit und Freeriden – dem „Areal der Superlative" auch zum Siegertitel beim ADAC Skiguide 2020 sowie schon öfter zur Goldmedaille bei skigebiete-test.de, zuletzt 2018.
Die längste präparierte Abfahrt ist in Zermatt
Aktuell den ersten Platz belegt dort Zermatt. Das Schweizer Skigebiet hat es nach „der höchsten Bergbahn", die bis auf 3.820 Meter Höhe schwebt, und der mit 15 Kilometer längsten präparierten Abfahrt – im Sportmekka Chamonix zu Füßen des Mont Blanc kommt die unpräparierte Skiroute „Vallée Blanche" gar auf 19 Kilometer – also auch in dieser Kategorie ganz nach oben geschafft. Unterhalb des majestätischen Matterhorns, umgeben von zahlreichen Viertausendern, bietet der autofreie Nobelort insgesamt 360 Pistenkilometer, die sich bis ins italienische Breuil-Cervinia ziehen. Als höchstgelegenes Skigebiet in den Alpen ist es außerdem äußerst schneesicher. Weitere Highlights: Heli-Skifahren, was in den meisten Alpenorten verboten ist, und der ganzjährig befahrene Gletscher.
Die Schweiz beheimatet aber noch weitere Top-Destinationen, etwa das Freerider-Dorado Verbier, das Boarder-Mekka Laax, Gstaad und den Wintersportort St. Moritz, der sich gern als Geburtsstätte des Wintertourismus bezeichnet. Beeindruckend ist auch, wie oft hier renommierte Sportveranstaltungen ausgetragen wurden. Allein zweimal die Olympischen Winterspiele und viermal die Ski-WM, zuletzt 2017. Allerdings haftet der Schweiz immer ein wenig der Makel des teuren Skilandes an Zermatt ruft Tagespreise bis zu 85 Euro auf. Zwar nicht billig, aber mit 50 bis 55 Euro zumindest günstiger ist es da selbst in der Hauptsaison am Wilden Kaiser, zumal wenn man mit der Familie unterwegs ist. Und das sind die meisten, schließlich gilt der überwiegende Teil der 285 Pistenkilometer als leicht und mittelschwer. Was ebenfalls Kinder anspricht: zahlreiche Skischulen samt Skikarussell und „Geisterbahn" durch den Wald, eine eigene „Rodelschule" sowie die mit fast 80 Einkehrmöglichkeiten größte Hüttendichte der Alpen.
Um den Titel familienfreundlichstes Areal der Alpen konkurriert auch noch ein anderer Tiroler Ort, genau genommen sind es drei Orte oberhalb des Inns: Serfaus-Fiss-Ladis. Wobei hier alles eine Nummer nobler als andernorts ist. So dominieren in Serfaus Vier- und Fünfsternehotels, in der Kinderschneealm hoch am Berg sind rund 70 Skilehrer im Einsatz, und oberhalb von Fiss muss man sich die Augen reiben, wenn der „Fisser Flieger" mit seiner menschlichen und juchzenden Fracht hoch über den Köpfen der Skifahrer dahinsaust. Zu Tal geht es dann alternativ mit dem Ganzjahrescoaster.
So sucht jeder seine Nische. Trois Vallées in Frankreich zum Beispiel setzt auf schiere Größe: 600 zusammenhängende Pistenkilometer schafft sonst niemand. Ischgls USP war lange Action, Entertainment und Après-Ski. Nach der Corona-Hot-Spot-Misere im vergangenen Winter müssen die Tiroler sicher viel kommunizieren, um Gäste auch von den anderen Vorzügen der 239 Kilometer umfassenden Silvretta Arena zu überzeugen. Die Mega-Rockkonzerte im Skigebiet fallen dieses Jahr jedenfalls definitiv aus. Das gilt auch für die XXL-Events in der Schneeschüssel Obertauern oder in Schladming, das mit Nacht-Weltcup noch ein zweites Event von Rang am Start hat.
Der Sella Ronda in Südtirol wiederum verhalf eine atemberaubende Kulisse zum Status als wohl berühmteste Skirunde der Welt. Dabei warten 40 Pistenkilometer
und vier Pässe darauf, erobert zu werden. Die Strecke ist insgesamt nur mittelschwer, aber durchaus konditionsfordernd. Die Route gibt die Natur vor: Es geht einmal ums Sella-Massiv herum, wobei Cracks alles daran setzen, möglichst in Rekordzeit wieder den Ausgangspunkt zu erreichen, Genussskifahrer nehmen sich einen ganzen Tag Zeit. Schließlich wechselt die eindrucksvolle Kulisse quasi nach jeder Abfahrt, zahlreiche Hütten
säumen den Weg.
Bayern punktet mit starkem Preis-Leistung-Verhältnis
Wer das südländische Flair auf italienischen Pisten (Stichwort Kulinarik, viel Sonne, entspannte Lebensart) schätzt und sich nicht daran stört, dass gerade im Frühjahr neben den künstlich beschneiten Pisten viel Grün zu sehen ist, findet noch weitere Top-Skigebiete vor, allen voran den Kronplatz in Südtirol und Cortina d’Ampezzo in Venetien. Hier sollen, wenn Corona keinen Strich durch die Rechnung macht, im Februar 2021 die nächsten Ski-Weltmeisterschaften stattfinden.
Und was ist mit den bayrischen Alpen? Die punkten vor allem mit naher Anreise und einem starken Preis-Leistungs-Verhältnis. Ski- und Winterurlaub ist im mitteleuropäischen Vergleich in Deutschland am günstigsten. Das betrifft nicht nur den Skipass (am Münchner Hausberg Brauneck kostet der Tagespass 41 Euro), sondern auch Unterkunft, Verpflegung und Verleihkosten. Und dafür wird sogar richtig viel geboten: Von Reit im Winkl über Oberstaufen bis Oberstdorf wurde in den vergangenen Jahren in moderne Bahnen investiert. Allen voran in Garmisch-Partenkirchen, wo 2011 die letzten Alpinen Ski-Weltmeisterschaften auf deutschen Pisten ausgetragen wurden. Dafür wurde hier besonders viel investiert, vom Kandahar-Express über die kuriose Aussichtsplattform AlpSpix bis hin zum Upgrade der megaschwarzen Kandahar-Piste, die nun mit einem Gefälle bis zu 92 Prozent den steilsten Streckenabschnitt im internationalen Weltcup aufweist.
Womit wir wieder bei Ambros und seinem „Schifoan"-Gassenhauer wären: In dem werden übrigens zwei Skigebiete namentlich hervorgehoben: das Stubaital und Zell am See. Diese Empfehlungen haben auch im Winter 2020/21 noch Bestand. Zell am See schiebt sich dank jüngster Liftverbindungen hinüber nach Saalbach-Hinterglemm, das bereits mit Leogang und Fieberbrunn pistentechnisch liiert ist, ohnehin in die obersten Kreise der Mega-Areale der Alpen.