Diese Kombination der Unterstützung des gemeinnützigen Vereins „Heart and Heavy“ ist wohl einmalig: Zum einen fördert er die Rock- und Metalszene und zum anderen chronisch kranke Kinder.
Die Premiere des ersten Rock-Events liegt zwar schon mehr als vier Jahre zurück, doch Carsten Graf versetzt die Erinnerung daran in eine geradezu euphorische Stimmung. In die Stadthalle Lebach strömten 700 Leute, um bei „Rock meets Benefiz“ dabei zu sein. „Es war wirklich eine grandiose Atmosphäre, es war von Anfang an eine super gelöste Stimmung. Wir waren positiv überrascht, dass die Veranstaltung so gut besucht wurde“, erzählt der in Lebach niedergelassene Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin und Kinderdiabetologie. Für Carsten Graf und seine Freunde – allesamt begeisterte Rock- und Metalfans, die mitunter in der Bandszene aktiv sind – bedeutete das erste Event der sprichwörtliche Sprung ins kalte Wasser. Denn keiner von ihnen hatte bis dahin eine Veranstaltung in dieser Größenordnung organisiert. Insofern war man froh, dass das Festival so gut über die Bühne gegangen und vor allem so positiv angekommen ist. Der Erfolg spiegelte sich auch in einer anderen Zahl wider: 17.000 Euro nahmen die Organisatoren ein – aus dem Verkauf der Karten, Getränke, Speisen und freiwilligen Spenden. Die Summe spendeten die befreundeten Rock- und Metalfans jeweils zur Hälfte an das Diabetes Netzwerk Saar, eine Elterninitiative, die sich für junge Menschen mit Diabetes Typ 1 stark macht und an die Kinder-Palliativstation der Uniklinik Homburg.
Carsten Graf ist Kinderarzt
Der verheiratete Vater zweier Kinder dachte zum ersten Mal 2016 daran, auf sinnvolle Weise sein berufliches Engagement mit seiner Leidenschaft für Rock und Metal zu verknüpfen. Von Beginn an stand für Carsten Graf fest, dass er chronisch kranke Kinder unterstützen will. Nachdem er das dritte Staatsexamen absolviert hatte, begann er die Facharztausbildung am Mutterhaus der Borromäerinnen in Trier, wo er kleine Patienten auf einer Kinderkrebsstation und einer Intensivstation betreute. Und Ende 2015 bildete er sich zum Kinderendokrinologen- und -diabetologen weiter. Seitdem spätestens gehören chronisch kranke junge Menschen zu seinem Patientenstamm. Neun Monate, bevor die „Rock meets Benefiz“-Geschichte startete, hörte sich Carsten Graf in seinem engeren Freundeskreis um und fragte, wer mitmachen will. „Die waren relativ einfach und schnell zu begeistern mitzumachen“, erzählt der 43-jährige Kinder- und Jugendarzt. Und weil beim Auftakt alles so rundgelaufen ist, und der Freundeskreis sich einig war, riefen sie den Verein „Heart and Heavy“ ins Leben. „Das Ganze hat eine Eigendynamik entwickelt“, sagt Carsten Graf, erster Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins. Der zweite Vorsitzende, Christian Karlowatz, wirkt übrigens als Sänger in den Rockbands Massive Punch und Lyonerrock mit. Klar, dass so eine ordentliche Vereinsgründung Vorteile wie eine klarere Aufgabenverteilung und eine bessere Organisation bringt. Während der zweite Vorsitzende damit betraut ist, die Bands anzusprechen und sie für das Event zu buchen, kümmert sich Kassenwart Marc Weisgerber um das Ausstellen von Spendenbescheinigungen, um Wechselgeld und Bankangelegenheiten, pflegt Schriftführer Thomas Kohr die Vereinswebseite, gestaltet die Poster sowie Flyer und postet Facebook-Beiträge. „Jeder identifiziert sich natürlich noch einmal mehr mit dem Verein, wenn er nicht nur ein Freund von mir ist, sondern auch Mitglied des Vereins und des Vorstands“, sagt der Vereinsvorsitzende.
Allerdings bringt die Vereinssatzung auch eine gewisse Verbindlichkeit mit sich. Denn da steht geschrieben, dass vor allem chronisch kranke Kinder ideell und finanziell gefördert werden sollen. „Wir können also nicht ohne Weiteres an chronisch bedürftige Kinder, die in Geldnot sind, spenden, weil das nicht satzungskonform ist“, erklärt Carsten Graf. Junge chronisch kranke Menschen seien einfach „unser Ding“, erklärt Graft den simplen Grund für den Vereinszweck. Nicht etwa weil man es weniger wert finde, Kinder aus sozial schwächeren Familien zu unterstützen. Die Entscheidung, welche Vereine und Institutionen „Heart and Heavy“ letztlich fördert, trifft der erweiterte Vorstand gemeinsam. Bei jeder Vorstandssitzung, zu der sich die zwölf Vorstandsmitglieder – davon zehn Familienväter – immer Ende des Jahres treffen, können Vorschläge eingebracht werden. Nach Vorstellung der potenziellen Spendenempfänger stimmt der Vorstand darüber ab. Von berufs wegen bringt in der Regel Carsten Graf etwas mehr Vorschläge ein als die anderen, doch jeder einzelne im Vorstand kann vom Vorschlagsrecht Gebrauch machen.
Mindestens ein ebenso wichtiges Anliegen ist den aktiven Mitgliedern, die regionale Rock- und Metalszene zu fördern. „Ich würde sagen, dass das in dieser Kombination im Saarland einmalig ist. Wir fördern nicht einfach so chronisch kranke Kinder, sondern treiben das durch die „Rock meets Benefiz“-Events voran“, betont Carsten Graf. Ein Funfact am Rande: Wenn die Vorstandsaktiven den symbolischen Spendenscheck an Vertreter eines Vereins oder einer Institution überreichen, sieht man sie auf Fotos nicht selten ein Handzeichen machen – das „Heavy Metal“-Zeichen, das einst Black-Sabbath-Sänger Ronnie James Dio und Kiss-Frontmann Gene Simmons auf der Bühne zeigten, soll schlicht die Zugehörigkeit zur Szene ausdrücken. Oder man bekundet damit Zuspruch zu einer Band. Überwiegend verzichten die Bands auf ihre Gage, wenn sie bei den Events des Vereins spielen. Doch das ist nicht die Regel – und auch kein Muss. Einigen Akteuren zahlt der Verein die Gage komplett, anderen nur zum Teil.
„Es gibt eine große Bereitschaft“
Apropos Finanzen. Das Spendenaufkommen in der recht jungen Vereinsgeschichte stieg zuletzt auf sage und schreibe 283.003 Euro, wie der Verein auf seiner Webseite schreibt. Allein voriges Jahr sammelte man 100.002 Euro. Aufgrund der ungewöhnlich hohen Summe gibt „Heart and Heavy“ das Geld zu gleichen Teilen an die Ruth-Schaumann-Schule in Lebach, den Verein Saar 21 Down-Syndrom und die Initiative zur Unterstützung krebskranker Kinder im Saarland weiter. Überhaupt scheint die Erfolgskurve des Vereins gerade nur in eine Richtung zu zeigen: nach oben. „Es gibt im Land eine große Bereitschaft, chronisch kranke Kinder zu unterstützen“, fasst Carsten Graf zusammen.
Selbst die Corona-Jahre hielten Carsten Graf und seine Mitstreiter nicht vom Weitermachen ab. „Wir haben in dieser Zeit verschiedene Alternativen gefunden, zum Beispiel Merchandising-Artikel wie T-Shirt und einen Gin für den guten Zweck verkauft“, erzählt der Vereinsvorsitzende. Und durch Werbung habe man die Zahl der Vereinsmitglieder auf fast 200 steigern können. „Viele kleine Ideen kommen immer wieder von Leuten, die uns vom Hörensagen oder von unseren Veranstaltungen kennen“, so Graf. Im Zuge dessen flossen Erlöse von etlichen Aktionen, etwa von einem Yoga-Abend im Wald, einem Duftöl-Verkauf, Schulfesten und einem Eisverkauf an den Verein. Auch Gewerbetreibende aus der Stadt Lebach und dem Saarland wie auch Privatleute unterstützen mit Geldspenden zwischen 50 und 10.000 Euro das Ziel des Vereins. Die große Spendenbereitschaft erklärt sich der Vereinschef mit dem mittlerweile hohen Bekanntheitsgrad des Vereins. Und möglicherweise spielt dem Verein in die Karten, dass die Saarländer untereinander gut vernetzt sind – und so nebenbei auf den Verein „Heart and Heavy“ und seine Aktivitäten aufmerksam machen.