Qualilife- und Kraftwerk-Fitnessclubs boomten, eine Verdopplung auf 20 Standorte stand kurz bevor – dann kam Corona. Mittlerweile dürfen Fitnessstudios wieder öffnen, doch die Bewältigung der Krise bleibt ein Kraftakt. Kreative Lösungen sind gefragt.
Seit dem 18. Mai dürfen Fitnessstudios wieder öffnen. Für manche Betreiber kam dies zu spät – sie mussten Insolvenz anmelden. „Im Saarland ist mir noch kein solcher Fall bekannt. Aber ich denke ohnehin, dass die Folgen dieser Krise erst in den nächsten Monaten sichtbar werden", sagt Daniel Müller. Der 28-jährige Fitnessökonom ist der Geschäftsführer der Qualilife- und Kraftwerk-Fitnessclubs. Vor einigen Jahren stieg er als Geschäftspartner in den TC Fitness Treff seines Vaters Walter Müller in Saarbrücken ein und machte daraus die Kette Qualilife, die für eher gesundheitlich orientierte Zielgruppen konzipiert ist. Vor drei Jahren kam die Marke Kraftwerk dazu, die eher jüngeres und sportorientiertes Lifestyle-Publikum anziehen soll. Insbesondere das neue Format sorgte in den Monaten vor der Corona-Pandemie für großes Wachstum.
„Wir waren gerade auf Expansionskurs und hatten dieses Jahr noch mit diversen Neueröffnungen geplant", sagt Daniel Müller und berichtet von insgesamt zehn weiteren Standorten – also einer Verdopplung der aktuellen Zahl. Zwei Mietverträge sind bereits unterzeichnet, andere Verhandlungen waren bereits weit fortgeschritten, als der Lockdown alles lahmlegte. Weitere Abschlüsse bleiben aufgrund des zu hohen finanziellen Risikos bis auf weiteres zurückgestellt. „Die neuen Clubs in Großrosseln und Schmelz müssen wir öffnen. Nicht, weil wir so heiß auf die Expansion wären, sondern weil wir uns mit dem Mietvertrag für zehn Jahre gebunden haben und trotzdem weiter Miete zahlen müssen", erklärt Müller. Weil die Mitgliedsbeiträge weiterhin eingezogen wurden, hat sein Unternehmen keine Liquiditätsprobleme. Noch nicht. „Die Kunst wird sein, den Wegfall der Einnahmen durch Neuanmeldungen und die Rückführung der weitergezahlten Beiträge an die verbliebenen Mitglieder zu überstehen", weiß er und ergänzt: „Die Kosten liefen in der Zeit ja weiter."
Bisher haben die Qualilife- und Kraftwerk-Fitnessclubs die Krise glimpflich überstanden. „Wir haben einen Riesenvorteil: unser einzigartiges Konzept ohne Mindestvertragslaufzeiten", sagt Müller und erklärt: „Wenn ich das richtig sehe, sind wir branchenweit und auch über die Landesgrenzen hinaus führend bei der Anzahl der Neuanmeldungen seit der Wiederöffnung am 18. Mai. Eben weil Mitglieder kurzfristig kündigen können." Von dieser Möglichkeit machten während der zweimonatigen Schließung gerade einmal zehn Prozent der rund 8.000 Mitglieder Gebrauch.
Nur wenige Mitglieder kündigten
„Im Vergleich zu anderen Branchen wie Gastronomie oder Tourismus sind wir noch mit einem blauen Auge davongekommen. Trotzdem hat uns Corona einen Schaden im Wert von rund einer halben Million Euro zugefügt, den wir erst einmal verkraften müssen", stellt Müller fest und führt dies vor allem auf die fehlenden Neuabschlüsse zurück: „Normalerweise melden sich bei uns pro Monat zwischen 500 und 1.000 Mitglieder neu an. Zu diesen fehlenden Einnahmen kommen dann noch die Ersatzleistungen für die Mitglieder, die uns über zwei Monate die Treue gehalten haben." Ihnen bietet das Unternehmen zum Ausgleich für den Beitrag unterschiedliche Optionen zur Auswahl. Nicht Wenige haben sich trotzdem dazu entschieden, zur Unterstützung der Clubs auf eine Erstattung zu verzichten.
Viele Mitglieder haben ihre Verträge mit den Qualilife- und Kraftwerk-Clubs zwar nicht gekündigt – das Unternehmen einigen Teilzeit-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hingegen schon. Vor den Corona-Einschränkungen waren etwa 70 Personen angestellt, die meisten davon als 450 Euro- oder Mini-Jobber, darunter vor allem Kurstrainerinnen und Kurstrainer. „Vorher hatten wir aber mit allen gesprochen und vereinbart, dass wir alle wieder einstellen, sobald es wieder losgeht", erklärt Müller. Aufgrund einer strategischen Neuausrichtung verzichteten die Geschäftsführer darauf, Kurzarbeitergeld in Anspruch zu nehmen: „Wir wollten damals das Risiko nicht eingehen, das damit verbunden ist. Man muss in Vorlage treten und ich kenne viele Studios, die das Geld auch jetzt noch nicht erhalten haben", berichtet der 28-Jährige. Der Wiedereinstellungsprozess habe schon begonnen und zwischen 60 und 70 Prozent der früheren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien wieder an Bord. Dass es in absehbarer Zeit wieder 100 Prozent sein werden, scheint jedoch vorerst ausgeschlossen.
„Es erfordert eine gewisse Disziplin"
Vorher muss erst wieder die Kundschaft zurückkommen. Der Ansturm in den ersten zwei Wochen nach der Wiederöffnung war nicht allzu groß. Wenigstens musste niemand vor der Tür warten, bis drinnen ein Platz frei wurde. „Dazu wäre es bei gleichem Andrang wie vor Corona auf jeden Fall gekommen. Man spürt deutlich, dass viele verängstigt sind und sich deshalb noch nicht trauen", sagt Daniel Müller und versichert: „Wir versuchen alles, um unsere Mitglieder zu ermutigen, wieder bedenkenfrei in die Clubs zu kommen. Ihnen die Angst zu nehmen, ist momentan unsere Hauptaufgabe." Dies soll mit der peniblen Umsetzung der Vorgaben der Landesregierung zum Infektionsschutz gelingen – teilweise sogar „doppelt und dreifach. Bei uns kann jeder sicher trainieren", sagt Müller. Das heißt: Die Geräte werden öfter desinfiziert als empfohlen, Duschen und Saunen bleiben zu, manche Geräte sind wegen zu geringer Abstände zu den nächsten gesperrt, und Kurse werden erst in nächster Zeit wieder angeboten. Darüber hinaus sind die Sportlerinnen und Sportler angehalten, den Mindestabstand zu wahren, strenge Hygieneregeln einzuhalten und eigene Handtücher zu benutzen. Das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung ist nicht verpflichtend, wird aber empfohlen. Künftige Lockerungen sollen in den Clubs sofort umgesetzt werden.
Daniel Müller appelliert daher an das Verantwortungsbewusstsein der Mitglieder: „Es erfordert von allen Beteiligten ein gewisses Maß an Disziplin. Aber wenn sich jeder daran hält, kann auch jeder ohne Risiko trainieren." Besondere Zeiten erfordern eben besondere Maßnahmen.