Ab 2024 soll jede neu eingebaute Heizung einen 65-prozentigen Anteil erneuerbarer Energien vorweisen. Heizen mit Erdgas bei neuen Geräten ist dann vorbei. Mit einem hohen Einsatzpotenzial von 75 Prozent hüllen Wärmepumpen die kommenden Winter in ein wohligeres Licht.
Das Häuschen im Grünen ist nicht nur zum Wohnen schön, sondern auch zum Wärmen: Ist der Abstand zum Nachbarn groß und ordentlich viel Wiese dazwischen, könnte der Winter mithilfe umweltfreundlicher Wärmepumpen, die sich aus der natürlichen Umgebung bedienen, warm werden. Aber keine Sorge: Ist der Abstand eher knapp, helfen eine leisere Luftwärmepumpe, eine Einkleidung des Geräts oder eine andere Wärmepumpenart dabei, umweltfreundlicher zu heizen. Zumindest den meisten.
Der Gebäudebestand in Deutschland hat ein überraschend hohes Potenzial, mit weniger Emissionen und sonstigen Umweltbelastungen seine Bewohner in Wärme zu kleiden. Das ist das Ergebnis eines Projekts der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) zu Wärmepumpen, das sich nicht mit Zahlen begnügt. Heraus kamen bei der von der Stiftung Energieforschung Baden-Württemberg (SEF-BW) geförderten und von den Lechwerken (LEW), den Stadtwerken München (SWM) und Viessmann unterstützten Untersuchung nicht nur geeignete drei viertel des Gebäudebestandes als hoffnungsfroh stimmende Zukunftsaussichten, sondern auch eine „Wärmepumpen-Ampel“.
Grün, gelb und rot weist ein Webtool deutschlandweit die Eignung der untersuchten Wärmepumpen-Technologien zur Versorgung eines Gebäudes in einer interaktiven Karte mit Postleitzahl-Suche aus. Das heißt, mit ein paar Klicks, und beim Heranzoomen sogar hausnummerngenau, können Besitzer von Wohngebäuden checken, ob ihr Domizil mit einer Wärmepumpe elektrisch geheizt werden kann. Mit Stand 2022. Und sofern ihr Anwesen nicht grau erscheint: Dann wurde für das Gebäude keine Eignung erfasst. Beispielsweise weil es sich nicht um ein Wohngebäude handelt oder es nicht als ein solches erfasst wurde. Oder weil Doppel-, Reihen- und Mehrfamilienhäuser in Open Street Map, welches die Basis für die Gebäudedaten darstellt, nicht immer unterteilt sind und deshalb die Abstände zu Nachbarn oder Grundstücksflächen unklar waren. Die Eigentümer können übrigens via E-Mail widersprechen, dass die Eignung ihrer Immobilie sichtbar ist.
Erst fünf Prozent nutzen Wärmepumpen
Rund 75 Prozent der Wohngebäude in Deutschland sind geeignet für den Einbau einer Wärmepumpe. Bisher sind aber nur fünf Prozent mit der Heiztechnologie ausgerüstet. Aus einer Million Wärmepumpen sollen nach den Plänen der Bundesregierung bis 2030 mindestens sechs Millionen werden.
Von den etwa 19 Millionen Wohngebäuden in Deutschland wurden für die Wärmepumpen-Ampel immerhin rund 17 Millionen erfasst. Wobei es im Einzelcheck dennoch verwundert, warum manche ältere Wohngebiete, die in großer Distanz zu Gewerbe- oder Industriegebieten und -gebäuden liegen, grau in grau auf der Karte eingezeichnet sind, während in den Arealen nebenan die Ampel schaltet und waltet.
„Auch wenn nicht alle Wohngebäude erfasst werden konnten, so ist die „Stichprobe“ ausreichend groß, um sie auf den Gesamt-Wohngebäudebestand zu übertragen“, heißt es dazu bei der FfE. Die Zusammensetzung der erfassten Gebäude sei darüber hinaus hinsichtlich der Verteilung der Gebäudetypen dem gesamten Gebäudebestand in Deutschland ähnlich. Manchmal würden auch Nichtwohngebäude (zum Beispiel Scheunen) fälschlicherweise als Wohngebäude erfasst. „Wir gehen davon aus, dass sich die Faktoren, die zu einer Überschätzung des Potenzials führen, und diejenigen, die zu einer Unterschätzung führen, insgesamt ausgleichen.“
Die Chance für erfasste Gebäude ist groß, unabhängig von Öl, Gas oder auch Holzverbrennung zu werden: Das Rotlicht gilt nur für ein Viertel der Erfassten. Zudem könne die Wärmepumpen-Ampel, laut FfE, nur eine erste Orientierungshilfe sein und die Ergebnisse nicht als „endgültige Wahrheit“ betrachtet werden. „Das heißt auch, dass man von der roten Farbe nicht abgeschreckt werden sollte.“ Auch eine sorgfältige Energieberatung sollte in jedem Fall hinzugezogen werden.
Mit Luft, Erde und Sonne heizen
Algorithmen halfen den FfE-Forschern beim Analysieren und Berechnen von Potenzialen. Manche Häuser eignen sich sogar für mehrere Technologien. Insgesamt sind im Wohngebäudebestand 65 Prozent prädestiniert, künftig selbst bei Minusgraden mit Luft-Wärmepumpen zu heizen, 47 Prozent mit Erdsonden-Wärmepumpen, 24 Prozent mit Erdkollektor-Wärmepumpen sowie 37 Prozent mit Solar-Eisspeicher-Wärmepumpen.
Auch Gebäude mit hohem Wärmebedarf je Quadratmeter haben eine Chance, dass die Ampel auf freie Fahrt schaltet. Vorausgesetzt, das Angebot je Wärmepumpen-Technologie ist höher als der angenommene Bedarf. Denn Nachteile bietet eine Wärmepumpe dann, wenn ein Gebäude schlecht gedämmt ist oder die Heizkörper durch zu kleine Flächen keine niedrigen Vorlauftemperaturen bis maximal 50 Grad ermöglichen. Am besten eignet sich ein Heizsystem, das mit Flächenheizkörpern und Fußbodenheizung ausgestattet ist.
Sogar unsanierte Häuser können bei der Wärmewende mitmachen. Vorrangig ist, dass die Wärmepumpe überwiegend mit Umweltenergie heizt. Im Fragenkatalog zur Wärmepumpen-Ampel findet sich der Hinweis, dass schon Maßnahmen mit geringem Aufwand helfen können, den Einsatz der Wärmepumpe deutlich effizienter zu gestalten. Dazu gehören der hydraulische Abgleich oder der Austausch von Heizkörpern durch größere Wärmeverteiler beziehungsweise der Einsatz von Gebläseheizkörpern. Aus Sicht des Klimaschutzes sei dies eine deutliche Verbesserung gegenüber der Beheizung mit Öl oder Gas.
Wie Hausbesitzer ihr Heizsystem schon mal ökologisch umstellen können, ohne gleich das ganze Haus zu dämmen und energetisch zu sanieren, erfahren sie genauer in einem im Oktober erschienenen Buch über Wärmepumpen in Bestandsgebäuden, einem weiteren FfE-Projekt zusammen mit der Wüstenrot Stiftung. Der anschaulich gestaltete Ratgeber, der beispielsweise auch den „hydraulischen Abgleich“ erklärt, ist kostenlos abrufbar oder als Druckversion zu bestellen.
Ein Navi weg von der fossilen Heizung
„Bisher gab es keine Studien, die das Potenzial in dieser Art und Weise deutschlandweit auf Einzelgebäudeebene modellieren“, erläutert die FfE auf Nachfrage. „Motiviert hat uns, die Rolle von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden anhand konkreter Zahlen besser einordnen zu können und so einen aktiven Beitrag zur Wärmewende zu leisten.“ Insgesamt gehe es in beiden Projekten auch darum, das vielschichtige Thema einfach zugänglich denjenigen zu vermitteln, die die Wärmewende im Gebäudebestand letztlich umsetzen müssen: Die Eigentümerinnen und Eigentümer von Wohngebäuden mit fossilen Heizungen.
Noch mehr Häuser als bislang eingetragen, könnten möglicherweise auf „Grün“ geschaltet werden. Die Rede ist von großen Mehrfamilienhäusern in Innenstädten. Ihr Problem: Sie haben einen hohen Wärmebedarf und meist wenig Abstand zur Nachbarbebauung, was die Luftwärme begrenzt. Außerdem wenig nutzbare Grünflächen. Letzteres beschränkt die Möglichkeit, ausreichend Erdwärme zu nutzen. Daher sind sie, oberflächlich betrachtet, nicht geeignet.
Die Wissenschaftler schreiben in ihren Erläuterungen zur interaktiven Karte jedoch, dass nicht untersucht worden sei, ob mehrere Wärmepumpen einer oder mehrerer Technologien kombiniert werden könnten, um den Wärmebedarf eines Gebäudes zu decken. „Durch eine solche Kombination könnten auch große Mehrfamilienhäuser mit Wärmepumpen beheizt werden“, machen sie Mietern und Wohnungseigentümern Hoffnung. Gebäude in Innenstädten seien allerdings oft an ein Fernwärmenetz angeschlossen und würden zentral mit Wärme versorgt.
Dazu sollten bei verschiedenen Arten von Wärmepumpen mehrere Aspekte mitgedacht werden, erklären Hersteller wie Bosch und Vaillant. Zum Beispiel muss für die Tiefenbohrung bei einer Erdwärmepumpe aus Gewässerschutzgründen eine Genehmigung eingeholt werden. Für die Verlegung eines Erdregisters ist zudem eine große Fläche notwendig. Die Wasser-Wasser-Wärmepumpe erfordert zwei Brunnen, den Saug- und den Schluckbrunnen, auch diese Installation ist aufwendig und kostspielig. Zudem sind die Bewilligungsverfahren der Nutzung der Wärme im Wasser komplex. Luftwärmepumpen sind abhängig von schwankenden Außentemperaturen. Hier sollte ein stärkerer Stromverbrauch im Winter mitgerechnet werden.
Betriebskosten und Emissionen reduzieren
Viele Menschen haben Angst vor den Kosten der Umstellung ihrer Heizanlage sowie zugehöriger Bauarbeiten. Bei manchen ist die Gasheizung neu oder sie hat noch eine lange Lebenserwartung. Selbst Handwerker empfahlen vor der Gas- und Energiekrise oft, beim Austausch einer kaputten Anlage ein weiteres Mal auf Gas oder gar Öl zu setzen. Sollten Eigenheimbesitzer die Wärmewende in ihren eigenen Wänden dennoch beherzt angehen?
„Ein neuer fossiler Kessel macht aufgrund der langen Nutzungsdauern wenig Sinn“, heißt es aus den FfE-Projektteams auf Nachfrage. Die Förderung setze bereits heute starke Anreize, auf eine Wärmepumpe umzusteigen. „Sowohl in Bezug auf die Betriebskosten als auch aus Klimaschutzsicht sind Wärmepumpen schon mit dem heutigen Strommix und den heutigen Energiepreisen fossilen Heizungen überlegen“, sagen die Energiewirtschafts-Forscher. Deswegen solle man damit auch nicht warten. Ihr Tipp: „Je mehr fossile Heizungen durch Wärmepumpen ersetzt werden, desto besser. Und je früher, desto besser“.