Atemwegserkrankungen sind laut WHO weltweit auf dem Vormarsch, vor allem wegen der fortschreitenden Geriatrisierung der Gesellschaft im Rahmen des demografischen Wandels. Ein Überblick über die häufigsten Erkrankungen.
Lungenkrankheiten, eine Untergruppe der Atemwegserkrankungen, sind weltweit schon die dritthäufigste Todesursache – gleich nach den Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon aus, dass Lungenkrankheiten in den kommenden 20 Jahren noch deutlich zulegen werden. Hiesige Experten warnen auf der Webseite lungenaerzte-im-netz.de vor einer geradezu „explosionsartigen Zunahme von Lungenerkrankungen“ bis zum Jahr 2050 um rund 200 Prozent – allein schon wegen der immer älter werdenden Gesellschaft. Von daher dürfte es nicht weiter überraschen, dass eine in weiten Teilen der Öffentlichkeit noch ziemlich unbekannte Lungenkrankheit namens Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) schon den dritten Platz auf der Liste der global häufigsten Todesursachen belegt – hinter der koronaren Herzerkrankung und dem Schlaganfall. Wobei COPD mit 90 Prozent aller weltweiten Todesfälle vor allem in ärmeren Ländern weit verbreitet ist. Und künftig dürfte sie noch rasanter um sich greifen wegen steigender Luftverschmutzung in den Entwicklungsländern sowie einer weltweit wieder befürchteten Zunahme des Rauchens. Infektionen sind in der Regel bei einem tödlichen Verlauf einer Lungenerkrankung das größte Problem, wobei meist Atemschwäche bis hin zu einem akuten Lungenversagen in Verbindung mit höherem Alter, chronischen Vorerkrankungen oder körperlichen Abwehrschwächen den finalen Ausschlag geben. Die Vielzahl der Lungenerkrankungen lassen sich auf verschiedenste Weisen unterteilen, beispielsweise in die Kategorien „akut“ oder „chronisch“, „entzündlich“ oder „nicht entzündlich“, „selten“ oder „häufig“, um nur mal einige zu nennen.
Chronische Lungenerkrankungen
Einige Atemwegserkrankungen haben einen chronischen Verlauf, das heißt, sie bestehen über einen längeren Zeitraum, ohne dass eine Verbesserung des Gesundheitszustands der Betroffenen eintritt, in manchen Fällen kommt es sogar zu einer stetigen Verschlechterung.
Ein besonders prominentes Beispiel einer chronischen Lungenerkrankung ist die bereits angesprochene Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD, Abkürzung für: Chronic Obstructiv Pulmonary Disease). Sie ist nicht nur die häufigste chronische Atemwegserkrankung, sondern auch eine der häufigsten Gesundheitsbeeinträchtigungen weltweit überhaupt. Wobei vor allem Menschen ab etwa 40 Jahren von der bislang als nicht heilbaren COPD betroffen sind. Sie ist gekennzeichnet durch einen beschleunigten Abbau des Lungengewebes durch entzündete und dauerhaft verengte (= obstruktive) Atemwege und wird daher häufig als vorzeitige Alterung der Lunge beschrieben. Typische Symptome sind Atemnot, Husten und Auswurf, weshalb oft von einer AHA-Symptomatik gesprochen wird.
In erster Linie wird COPD durch eine Verschmutzung der Atemluft verursacht, wobei das Rauchen das größte Risiko darstellt. Oft beginnt COPD mit einer chronischen Bronchitis, erst wenn zusätzlich eine Verengung der Atemwege eintritt, wird von einer COPD gesprochen. Diese weist fließende Übergänge zur zweiten Hauptform der COPD auf, bei der auch noch ein Lungenemphysem ins Spiel kommt, was bedeutet, dass die Trennwände zwischen den Lungenbläschen unwiderruflich zerstört werden und wegen der Bildung großer luftgefüllter Blasen die Fläche für den Gasaustausch in der Lunge verkleinert wird, wodurch weniger Sauerstoff ins Blut gelangen kann. In einigen Fällen kann COPD auch Komponenten von Asthma aufweisen. COPD löst krankhafte Veränderungen im Lungengewebe aus, es kommt zu Narbenbildungen und zur Vergrößerung der schleimproduzierenden Drüsen, wodurch diese vermehrt Sekrete ausbilden und dadurch die Atemwege zusätzlich verengt werden.
Das wichtigste Diagnose-Instrument einer COPD ist die Lungenfunktionsprüfung, auch Spirometrie genannt. Als erster Therapie-Schritt ist ein sofortiger Stopp des Rauchens unerlässlich. Danach kommen eine ganze Reihe von nicht medikamentösen Behandlungsverfahren infrage, beispielsweise Atemphysiotherapie oder Langzeit-Sauerstoff-Therapie. Dazu gibt es zur Linderung der Symptome diverse COPD-Medikamente, wobei zur Dauertherapie sogenannte Bronchodilatatoren die erste Wahl sind. In der Forschung tut sich einiges, so wird derzeit getestet, ob die chronische Entzündung mittels monoklonaler Antikörper reduziert werden kann. Auch weitere die Entzündung dämpfende Medikamente sind in der Erprobung. In der Diagnostik ist man bei der Untersuchung des Auswurfs neuen Entzündungsmarkern auf der Spur. Auch im Erbgut wird nach möglichen Risikofaktoren für COPD gesucht (weil auch Nichtraucher von COPD betroffen sein können). Nicht zuletzt sind auch zelluläre Reparaturprozesse ins Blickfeld der COPD-Forschung gerückt worden. Viel Ähnlichkeit mit der COPD hat die seltene, aber erblich bedingte Krankheit namens Alpha-1-Antitrypsin-Mangel. Bedingt durch einen Gendefekt fehlt bei ihr der namensgebenden Eiweißstoff oder ist zumindest nicht in ausreichender Menge vorhanden. In der Lunge kommt es deshalb zu einer chronischen Entzündung der Bronchien.
Neben COPD zählen auch Asthma, auch Asthma bronchiale oder Bronchialasthma genannt, mit den Formen allergisches und nicht allergisches Asthma, das Lungenemphysem, bei dem die Lungenbläschen teilweise überdehnt und zerstört sind, die relativ seltene Sarkoidose, auch als Morbus Boeck bekannt, mit dem typischen Merkmal knötchenförmiger Gewebeveränderungen, die Schlafapnoe, bei der Betroffene während des Schlafes unter Atemaussetzern leiden, oder die Bronchiektasen, krankhaft-sackartige Erweiterungen der Bronchien in den Lungen, zu den chronischen Lungenkrankheiten.
Näher betrachtet werden soll die chronische Bronchitis, weil sie zu den häufigsten Erkrankungen der Atemwege zählt. Im Unterschied zur akuten Bronchitis, die meist durch Viren ausgelöst wird, entsteht die chronische Variante in der Regel durch Rauchen und ist gekennzeichnet durch ständiges Husten und Auswurf. Im Volksmund wird sie Raucherhusten genannt. Da die Selbstreinigungskraft der Lunge bei chronischer Bronchitis geschwächt ist, besteht häufig das große Risiko bakterieller Infektionen und einer Lungenentzündung. Bei Nichtbehandlung besteht zudem die Gefahr der Ausbildung einer chronisch-obstruktiven Bronchitis mit einer dauerhaften Verengung der Atemwege. Zu Beginn der Therapie muss natürlich der Tabakkonsum eingestellt werden. In einem frühen Stadium kann die Krankheit womöglich dann noch selbst ausheilen, sobald sie jedoch chronisch-obstruktiv geworden sein sollte, ist sie nicht mehr heilbar. Betroffene können zur Entzündungshemmung und Bronchienerweiterung sogenannte Bronchodilatatoren inhalieren. Auch Atemübungen werden empfohlen.
Auch die Lungenfibrose, als Narbenlunge bekannt, zählt zu den chronischen Lungenerkrankungen, wobei es sich genau genommen um einen Sammelbegriff für eine ganze Vielzahl von bis zu 200 mehrheitlich seltener Erkrankungen handelt. Denen alle gemeinsam ist, dass sie mit einem Umbau des Lungenbindegewebes namens Interstitium verbunden sind und daher auch als interstitielle Lungenerkrankungen bezeichnet werden. Aufgrund der chronischen Entzündung kommt es bei ihnen zu einer übermäßigen Ausbildung von Bindegewebe in der Lunge, was auf Dauer zu einer Beeinträchtigung der Sauerstoffaufnahme, der Dehnbarkeit des Organs und Verschlechterung der Lungenfunktion führt, was sich in Symptomen wie Atemnot oder Reizhusten äußert. Die Ursachen der Krankheit können vielfältig sein, doch nur bei etwa der Hälfte aller Betroffenen lässt sich ein konkreter Auslöser finden. Ziel einer Therapie bei der nicht heilbaren Lungenfibrose muss es sein, das Fortschreiten der Vernarbung zu stoppen oder diese zumindest zu verlangsamen – durch Maßnahmen wie eine symptomatische Behandlung (beispielsweise mit Sauerstofftherapie), durch Einsatz von Cortisol oder Immunsuppressiva und nicht zuletzt durch eine gezielte medikamentöse Therapie vor allem mit Nintedanib und Pirfenidon.
Und auch die Mukoviszidose, die auch als Cystische Fibrose (CF) bekannt ist, soll noch kurz vorgestellt werden, wobei es sich um eine der häufigsten angeborenen und dabei oft schweren Stoffwechselerkrankungen handelt, die viele Organe und Organsysteme betreffen kann. Infolge eines Gendefekts werden der Salzhaushalt und die Leitfähigkeit der Zellmembranen in Mitleidenschaft gezogen. Dadurch kommt es bei Betroffenen zur Produktion dick-klebriger Sekrete oder eines „zähen Schleims“ (so die wörtliche Übersetzung von Mukoviszidose), was in der Lunge erhebliche Atemprobleme zur Folge hat. Zudem können sich in den Atemwegen dank des vielen Schleims leicht Viren, Bakterien und Pilze ansiedeln, ideale Ausgangsverhältnisse für Infektionen oder Lungenentzündungen. Typische Symptome neben dem Schleim sind unter anderem anhaltend chronischer Husten, pfeifende Atemgeräusche oder chronische Nasennebenhöhlenentzündungen. Die Schwere des Krankheitsverlaufs ist individuell sehr unterschiedlich, die Prognose hat sich aber in den letzten zwei Jahrzehnten dank besserer Behandlungsmöglichkeiten und früherer Diagnose deutlich verbessert, weshalb inzwischen die Betroffenen ein durchschnittliches Lebensalter von über 40 Jahren erreichen können. Versuche, das defekte Gen mithilfe von Gentherapien zu korrigieren, sind aktuell in der Experimentierphase. Noch stellt die Inhalationstherapie die wichtigste Säule der symptomatischen Behandlung dar. Inzwischen gibt es auch erste Medikamente mit den Wirkstoffen Ivacaftor, Tezacaftor und Lumacaftor.
Infektionskrankheiten der Lunge
Einige Lungenkrankheiten gehen auf das Eindringen von Bakterien, Viren oder Pilzen in das Innere des Organs zurück. Allgemein bekannte Infektionskrankheiten der Lungen sind beispielsweise Influenza, Lungenentzündung, Keuchhusten, Akute Bronchitis, Covid-19 oder Tuberkulose. Weniger geläufig dürften Erkrankungen wie Aspergillose (verursacht durch eine Schimmelpilzinfektion) oder Ornithose (auch Papageienkrankheit genannt, da die Chlamydien-Infektion der Vögel auch Menschen befallen kann) sein.
Maligne Erkrankungen der Lunge
Hier ist natürlich der Lungenkrebs zu nennen, der häufig auch als Lungenkarzinom oder Bronchialkarzinom bezeichnet wird und bei dem es sich in 90 Prozent der Fälle um einen bösartigen Tumor handelt. Er zählt zu den häufigsten Krebserkrankungen in Europa, in Deutschland wird er jährlich bei über 50.000 Betroffenen neu diagnostiziert. Wobei es sich in bis zu 80 Prozent aller Fälle um sogenannte nicht kleinzellige Lungenkarzinome handelt. Hauptrisikofaktor ist das Rauchen. Das Problem beim Lungenkrebs ist, dass er im frühen Stadium keine schmerzhaften Symptome zeigt. Der typische Husten oder eine gelegentlich auftretende Atemnot werden von vielen Betroffenen oft als chronische Bronchitis oder als Atemwegsinfektion abgetan. Die Prognose beim Lungenkrebs hängt ganz entscheidend davon ab, in welchem Stadium er erkannt wird. Bei der Therapie von nicht-kleinzelligem Lungenkrebs stehen Operation und Bestrahlung im Vordergrund. Auch Radiochemotherapie kann zum Einsatz kommen. Oder auch eine Immuntherapie, die sich nicht gegen die Krebszellen selbst wendet, sondern das Immunsystem schärft. Die Immuntherapie wird seit 2019 in Kombination mit einer Standard-Chemotherapie auch bei sogenanntem kleinzelligen Lungenkrebs vermehrt eingesetzt. Auch wenn es bislang keine konkreten Maßnahmen zur Früherkennung gibt, empfehlen Ärzte Risikopersonen ab etwa dem 50. Lebensjahr, besonders Rauchern, eine jährlich durchzuführende Computertomografie.
Lungenerkrankungen bei Kindern
Aus diversen Studien lässt sich ablesen, dass Lungenprobleme für etwa ein Viertel aller Besuche von Kindern bei Hausärzten verantwortlich sind. Wobei Asthma und Mukoviszidose die wesentlichen Lungenerkrankungen im Kindesalter darstellen. Daneben ist die durch eine Virusinfektion hervorgerufene Bronchiolitis zu nennen, wobei von der Entzündung beziehungsweise dem Anschwellen der feinsten Bronchienverzweigungen vor allem Babys und Kleinstkinder betroffen sind. Auch durch Viren oder Bakterien ausgelöste Lungenentzündungen kommen vor, sind allerdings besonders stark in Entwicklungsländern verbreitet. Bei Frühgeburten kann eine bislang nicht heilbare, zu den chronischen Atemwegserkrankungen zählende Bronchopulmonale Dysplasie ihren Anfang nehmen. Den Keuchhusten, eine kurzfristige Atemwegsinfekton, den meist durch Erkältungsviren ausgelösten Pseudokrupp und die häufig bei Kindern schwer nachweisbare Tuberkulose nicht zu vergessen.