Adel Tawil ist aus dem Musik-Business nicht wegzudenken. Nachdem es krankheitsbedingt eine Weile stiller um den Sänger geworden ist, meldet er sich mit einem neuen Album zurück: „Spiegelbild“ beschreibt seine innere Zerrissenheit während der Pandemie, seine Erkrankung nach einem Unfall, seine Trauer nach dem Verlust eines guten Freundes – und die stets ambivalente Rückkehr ins Leben.
„Wir alle sind Menschenkinder / Wiederaufsteher und Neubeginner“ singt er im Song „Menschenkinder“, der wohl vielen aus der Seele sprechen wird. Zum einen, weil die Pandemie sehr vielen Heranwachsenden zu schaffen gemacht hat, die wieder neue Kräfte sammeln müssen, zum anderen, weil Adel Tawil die Menschheit als Mosaik bezeichnet, das jedoch in zwei Lager zerrissen werden soll: „Könige und Bauern“.
Seine Sichtweise hängt nicht nur mit seiner Herkunft zusammen. Adel Tawils Vater ist zwar Ägypter und seine Mutter stammt aus Tunesien, und natürlich ist er dankbar für die tolerante und weltoffene Erziehung, die er erhalten hat. Dennoch teilen auch in Europa, wo die Menschen gern – aber nicht nur – den Individualismus zelebrieren, viele die Vision von einer gerechteren Welt, in der jedes Mosaikteil seinen Platz findet. Ein Mosaik besteht nämlich aus bunten und somit unterschiedlichen Teilchen. Im Gegensatz zu einem Puzzle wird hier niemand in eine Schublade gepresst. Ein Puzzle ist nicht flexibel in seiner Gestaltung, ein Mosaik schon.
Der Song „Menschenkinder“ ist wohl der beste Song auf dem Album, selbst wenn er musikalisch gesehen in gewohnten Bahnen verläuft. Dies war allerdings auch die richtige Entscheidung. Titel wie „Niemandsland“, in dem er sein Leben auf den Prüfstand stellt und davon träumt, „noch einmal neu anzufangen“, sind gängige Ideen von Künstlern, die natürlich gern die Welt bereisen. Wer träumt nicht ab und zu davon, in einem Haus am Meer zu leben oder mit ein paar Cent durch die Welt zu gondeln, weil daheim nichts so ist, wie es sein sollte? Aber seien wir mal ehrlich: Was wäre das Musik-Business ohne Adel Tawil? – Ein Album, das nachdenklich stimmt.