Rund 1,5 Milliarden Euro zahlten gesetzlich Versicherte im Jahr 2020 für eine professionelle Zahnreinigung. Da stellt sich die Frage, ob das für die Patienten auch gut angelegtes Geld ist? Ja, sagen die meisten Experten. Dennoch empfiehlt etwa die Verbraucherzentrale genau hinzuschauen.
Die Professionelle Zahnreinigung (PZR) ist wesentlicher Bestandteil eines präventionsorientierten Gesamtkonzepts zur Vermeidung und Therapie von Erkrankungen des Zahn-, Mund- und Kieferbereichs“, urteilt etwa die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV). Auch die Bundeszahnärztekammer hält die professionelle Zahnreinigung für eine „sinnvolle und wirkungsvolle Maßnahme“. Die häusliche Mundhygiene reiche im Normalfall nicht aus, um Karies und Parodontitis entgegenzuwirken und Zähne und Zahnfleisch gesundzuhalten.
Bei der PZR könnten vor allem auch hartnäckige Ablagerungen und bakterielle Beläge an schwer zugänglichen Zahnflächen entfernt werden. Das ist etwa besonders für Parodontitis-Risikopatienten wie Diabetiker und Diabetikerinnen mit schlecht eingestelltem Blutzucker sowie für ältere Patienten mit Kronen, Brücken und Teilprothesen wichtig. „Eine gründliche PZR ist weit mehr als nur Kosmetik. Wissenschaftliche Studien haben längst den erheblichen Nutzen bei der Prävention von Karies und Parodontal-Erkrankungen belegt. Parodontitis ist bei Erwachsenen mittlerweile der Hauptgrund für den Verlust von Zähnen. Regelmäßige professionelle Zahnreinigungen durch den Zahnarzt oder speziell geschultes Praxispersonal tragen bereits erheblich zur Vermeidung von Zahnbetterkrankungen bei“, so Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV.
Die Unabhängige Patientenberatung (UDP) bestätigt ebenfalls die weitestgehend anerkannte Wirksamkeit im Zuge einer Parodontitis-Behandlung. Zumal in Deutschland etwa die Hälfte aller Erwachsenen an parodontalen Erkrankungen unterschiedlicher Schweregrade leidet. Doch auch für Patienten mit einem erhöhten Karies-Risiko ist die professionelle Zahnreinigung empfehlenswert.
Die Verbraucherzentrale weist dennoch daraufhin, dass der IGeL-Monitor die PZR dagegen nach einer Abwägung von Nutzen und Schaden mit „unklar“ bewertet. Der Grund: Die Wissenschaftler fanden nach ihrer systematischen Literaturrecherche keine belastbare Studie, die einen Nutzen belegen würde. Die Bewertung des IGeL-Monitor gilt allerdings für zahngesunde Patienten und Patientinnen, nicht für Menschen mit hohem Parodontitis-Risiko. Jedoch vertritt die KZBV die Meinung, dass die Einstufung der PZR als sogenannte Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL), wie das fälschlicherweise aus ihrer Sicht bisweilen geschehe, ihr nicht gerecht werde.
Wer täglich mindestens zweimal gründlich Zähne putzt und zusätzlich noch die schwerer zugänglichen Zahnzwischenräume mit spezieller Zahnseide oder Interdentalraumbürsten reinigt, tut bereits viel für die Mundgesundheit. Aber auf Flächen, die Patientinnen und Patienten bei der täglichen Zahnpflege nur schwer erreichen, bilden sich bakterielle Beläge – genau dort setzt die PZR an. Sie unterstützt die tägliche Zahnreinigung, ersetzt diese aber nicht.
Beläge auf Zahnoberflächen, in den Zwischenräumen und in den sogenannten Zahnfleischtaschen entfernen Zahnärztinnen und Zahnärzte oder geschultes Praxispersonal mit speziellen Handinstrumenten oder Geräten, die mit Ultraschall arbeiten. Das ist der Grund, warum die Behandlung „professionelle“ Zahnreinigung genannt wird: Es werden andere Instrumente genutzt, als Patienten zu Hause verwenden. Bei der Behandlung werden auch Verfärbungen entfernt, die durch Tee, Kaffee oder Nikotin entstehen. Die PZR hat also nebenbei auch einen kosmetischen Effekt.
Bakterien setzen sich leichter auf rauen Oberflächen fest als auf glatten. Deshalb folgt bei einer PZR auf die eigentliche Reinigung eine Politur. Dabei werden nicht nur die Zahnflächen geglättet, sondern auch unebene Übergänge zu Füllungen und Zahnersatz. Um den fortlaufenden Mineralverlust des Zahnschmelzes zu verringern und die Remineralisation der Zähne zu erleichtern, wird anschließend Gel oder Lack mit hochkonzentriertem Fluorid aufgetragen. Dieser Vorgang führt zur örtlichen Bildung von Fluoriddepots, die für einen intakten Zahnschmelz wichtig sind.
Zwischen 80 und 120 Euro kostet eine professionelle Zahnreinigung
Auch Fragen und Tipps zur Mundhygiene sollten bei einer PZR zum Pflichtprogramm gehören, so die Verbraucherzentrale. Ob Putzsystematik, Hilfsmittel zur Zahnzwischenraumreinigung oder Mundspülung – zur täglichen Pflege der Mundhöhle gehört mehr als nur ein kurzes Zähneputzen. Was für Patienten und Patientinnen individuell wichtig ist, sollte in der Praxis bei einer PZR ebenfalls besprochen werden.
Die Häufigkeit der Maßnahme richtet sich dabei immer nach dem individuellen Erkrankungsrisiko. Generell wird eine PZR häufig alle sechs Monate beziehungsweise einmal im Jahr empfohlen. Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sind in Deutschland oralprophylaktische Maßnahmen nach dem 18. Lebensjahr aber zu Recht in die Eigenverantwortung der Patienten gestellt. Die PZR ist also eine Privatleistung. Viele gesetzliche Krankenkassen bezuschussen die PZR jedoch auf freiwilliger Basis, wie regelmäßige Umfragen der KZBV zeigen. 2023 antworteten insgesamt 62 von 97 angefragten Krankenkassen. Davon gaben 55 an, einen Zuschuss zur PZR zu leisten – als Patient lohnt es sich also auf jeden Fall, bei seiner Krankenversicherung nachzufragen. Bei den Privaten steht es in den jeweiligen Tarifbedingungen, was übernommen wird. Auch eine private Zahnzusatzversicherung kann, frühzeitig abgeschlossen, sehr nützlich sein.
Die Krankenkassen gewähren in der Regel einen Zuschuss, unabhängig davon, in welcher Zahnarztpraxis die PZR durchgeführt wird. In diesen Fällen können Patientinnen und Patienten in der Praxis ihrer Wahl die bezuschusste Leistung in Anspruch nehmen. Manche Kassen wie die AOK übernehmen im Rahmen der zahnärztlichen Vorsorgeleistungen grundsätzlich einmal im Jahr die Zahnsteinentfernung – nicht der PZR. Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf zusätzliche zahnärztliche Vorsorgemaßnahmen. Bei diesem Personenkreis können harte Zahnbeläge einmal im Kalenderhalbjahr entfernt werden. Eine professionelle Zahnreinigung geht jedoch über die reine Zahnsteinentfernung noch hinaus.
Wie viel die PZR kostet, hängt vor allem vom Aufwand ab. „In der Regel dauert sie etwa 45 Minuten, manchmal aber auch 60 Minuten und mehr. Die PZR kostet etwa 80 bis 120 Euro“, erklärt die KZBV. Je kürzer die Abstände zwischen den Behandlungen seien, desto kürzer sei meist auch die Dauer der Behandlung. Die Kosten pro Sitzung könnten sich dann ebenfalls verringern, so die Bundesvereinigung weiter. Durchgeführt werden sollte die PZR im Übrigen immer von einer Fachkraft, Zumindest, so die Verbraucherzentrale, sollte es eine Zahnmedizinische Prophylaxeassistentin (ZMP) sein. Am besten qualifiziert ist ein Dentalhygieniker (DH). Das Ergebnis können Patientinnen und Patienten anschließend zu Hause leicht mit Färbetabletten, die Bakterienbeläge anzeigen, überprüfen.
Die meisten Experten lehnen eine PZR bei Kindern und Jugendlichen generell ab, da deren Zahnschmelz noch nicht für diese intensive Behandlung geeignet sei. Es gibt jedoch auch Dentalhygieniker und Kinderzahnärzte, die schonende Zahnreinigungen in Verbindung mit Prophylaxe-Maßnahmen und einer Desensibilisierung, einer langsamen und schonenden Vorbereitung auf die Behandlung, bereits in jungen Jahren empfehlen. Auf jeden Fall sollten Eltern aber von Anfang an auf eine gute Mundhygiene ihrer Kinder achten und, solange diese noch nicht selbst putzen können, die Reinigung für sie übernehmen.