Während die Zuhilfenahme von Samenspenden hierzulande eine legale Maßnahme zur Erfüllung eines Kinderwunsches ist, gilt dies bislang nicht für den Einsatz von Eizellenspenden oder einer Leihmutter. Doch 2024 könnte sich das womöglich ändern.
Im August 2023 machte der MDR auf eine Initiative des Bundesfamilienministeriums aufmerksam. Mit der gleich zwei gesellschaftliche Tabus in Deutschland auf den Prüfstand gestellt werden sollen. Hierbei handelt es sich um die Eizellenspende und die Leihmutterschaft, die beide hierzulande unter Bezug auf das sogenannte Embryonenschutzgesetz bislang verboten sind – im Unterschied zur anonymen Samenspende, die in der Bundesrepublik sehr wohl erlaubt ist. Allerdings können deutsche Paare, die sich einen Kinderwunsch unbedingt erfüllen möchten, im nahen und fernen Ausland, wo es entsprechende gesetzliche Verbots-Beschränkungen nicht gibt, seit langem Hilfe finden. „Eizellenspende und Leihmutterschaft sind in Deutschland verboten“, so die „Süddeutsche Zeitung“, „aber gelebte Realität. Moderne Gesetze sind dringend geboten“. Es brauche klare und gerechte Regeln, „Verbote lassen ein Bedürfnis nicht verschwinden“, so die „SZ“. „Der Bundestag muss endlich Vorgaben für eine zukunftsorientierte Reproduktionsmedizin auf den Weg bringen.“ Die Ampelkoalition will diese brisante und ambitionierte Aufgabe nun tatsächlich ernsthaft angehen, schon im Koalitionsvertrag fand sich ein entsprechender Eintrag unter den geplanten Reformen des Familienrechts, allerdings an wenig exponierter Stelle. Demnach sollte eine spezielle Experten-Kommission eingesetzt werden, die die Möglichkeiten einer Legalisierung der Eizellenspende und Leihmutterschaft prüfen sollte.
Kommission hat Arbeit begonnen
Diese Kommission hat ihre Arbeit inzwischen aufgenommen. Im März 2024 soll die Arbeit der Kommission abgeschlossen sein. Wobei allgemein angenommen wird, dass eine Legalisierung der Eizellenspende, wie es die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle schon 2019 angeregt hatte, weitaus weniger problematisch sein dürfte als die Aufhebung des Verbots der Leihmutterschaft. Der auf Medizinrecht und Medizinethik spezialisierte renommierte Jurist Prof. Manfred Taupitz, der Mitglied der Kommission ist, hält wie viele hiesige Experten die bisherige deutsche Gesetzeslage betreffs der Eizellenspende für verfassungswidrig: „Es ist ein Eingriff in das Recht auf Familiengründung der Eizell-Empfängerin“, so Prof. Taupitz auf Nachfrage des MDR, „auch ihres Partners, es ist ein Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht, ihr Recht auf Fortpflanzungsfreiheit. Sehr viele Freiheitsrechte werden durch dieses Verbot der Eizellspende verletzt“.
„Bei der Eizellspende“, so Prof. Taupitz, werden einer Frau, die reife Eizellen produzieren kann, Eizellen entnommen, um sie dann auf eine andere Frau, die keine entsprechenden Eizellen produzieren kann, zu übertragen.“ Das ist in vielen europäischen Ländern erlaubt, wobei es neben der sogenannten offenen Eizellenspende mit bekannter Spenderinnen-Identität, bei der das Kind später die Möglichkeit hat, den Kontakt zu seiner leiblichen Mutter herzustellen, auch die anonyme Eizellenspende gibt, bei der die Empfängerin ihre Spenderin nicht kennt. In Europa ist die im Vergleich zur anonymen Eizellenspende mit deutlich höheren Kosten verbundene offene Eizellenspende in Ländern wie England, Dänemark, den Niederlanden, Finnland, Schweden oder auch Österreich legal. Die anonyme Eizellenspende ist in noch mehr Ländern erlaubt, beispielsweise in Belgien, Tschechien, Spanien oder Griechenland. Während bei der Zuteilung einer offenen Eizellspende mit unterschiedlich langen Wartezeiten von zwei bis sechs Monaten in den diversen europäischen Ländern gerechnet werden muss, gibt es für anonyme Eizellspenden eigentlich überhaupt keine Wartezeiten.
Verzweifelte deutsche Paare mit unerfülltem Kinderwunsch, die es sich finanziell leisten können, sich zu einer Eizellenspende ins europäische Ausland zu begeben, finden hierzulande kaum verlässliche Informationen. Daher wurde das Portal eizelleninfos.de ins Web gestellt, auf dem laut eigenem Bekunden „Nachrichten- und Medizinjournalisten unabhängiger deutscher TV- und Printmedien“ seriöse und gut recherchierte Hilfen anbieten. Im Folgenden sollen die wichtigsten Infos daraus referiert werden. Auch wenn die Eizellenspende in der Bundesrepublik (noch) verboten ist, kann theoretisch jede deutsche Frau im Ausland, wo dies offiziell erlaubt ist, eine Eizellenspende in Anspruch nehmen, ohne sich dabei nach deutschem Recht strafbar zu machen. „Bringt die Frau das aus einer Eizellspende entstandene Kind zur Welt, ist sie die Mutter“, so das Webportal. „Dementsprechend kann diese Mutterschaft juristisch nicht angefochten werden.“
In vielen Ländern erlaubt
Bei dieser Methode der modernen Reproduktionsmedizin werden zunächst einmal die Eierstöcke einer jungen, gesunden Spenderin, deren Alter meist zwischen 20 und maximal 35 Jahren liegt, medikamentös stimuliert, um damit das Heranreifen mehrerer Eizellen zu ermöglichen. Anschließend werden diese Eizellen mittels einer Punktion entnommen. Danach können die Eizellspenden im Labor entweder im Zuge einer In-Vitro-Fertilisation (IVF) sofort mit dem mittels eines Spermiogramms auf eine ausreichend hohe Qualität geprüften Spermas des Partners beziehungsweise auch mitmilfe einer Samenspende befruchtet werden oder auch zunächst einmal tiefgekühlt werden, um erst später nach dem Auftauen durch Spermazugabe befruchtet zu werden (auch das Einfrieren befruchteter Eizellen ist möglich). Das Verwenden von tiefgefrorenen Eizellen gilt dabei als einfachere Methode, weil dabei die Zyklen von Spenderin und Empfängerin nicht synchronisiert werden müssen. So oder so werden die befruchteten Eizellen anschließend an die Empfängerin transferiert, die zuvor zum Aufbau der Gebärmutterschleimhaut rund zwei Wochen lang ein Östrogenpräparat einnehmen sollte. Die Schwangerschaftsraten sind laut dem Portal eizelleninfos.de mit rund 50 Prozent relativ hoch. Die Kosten variieren sehr stark, laut dem Webportal erhalten Spenderinnen beispielsweise in Spanien eine finanzielle Aufwandsentschädigung zwischen 500 und 1.500 Euro. Für offene Eizellspenden können aber auch schon mal locker 4.000 Euro fällig werden. Ob bei den Spenderinnen wirklich meist altruistische Motive im Vordergrund stehen, mag mal dahingestellt bleiben.
Bei der Samenspende, für die fruchtbare Männer zwischen 18 und 40 Jahren geeignet sind und dafür von den Samenbanken eine Aufwandsentschädigung erhalten, gibt es hierzulande keine Probleme, sie ist gesetzlich erlaubt. Und bietet daher Paaren, bei denen der männliche Partner unfruchtbar ist oder die Gefahr der Weitergabe einer Erbkrankheit vermieden werden soll, die Möglichkeit, sich an eine Samenbank zu wenden und eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen. Auch Singlefrauen oder lesbische Paare können sich auf diesem Wege ihren Kinderwunsch erfüllen. Lange Zeit blieb dabei der Samenspender anonym. Doch bereits 2015 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass ein Kind von einem Samenspender das Recht haben müsse, Auskunft über die Identität des Spenders zu erhalten. Daraufhin trat zum 1. Juli 2018 das sogenannte Samenspenderregistergesetz in Kraft. Dieses ermöglicht Kindern, die nach dem 30. Juni 2018 durch eine Samenspende gezeugt wurden, einen Auskunftsanspruch über ihre genetische Abstammung . Dafür werden die persönlichen Daten des Samenspenders und der den Samen empfangenden Frau in einem zentralen, auf Basis der Samenbank erstellten Registers beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information für die Dauer von 110 Jahren gespeichert. Auf Antrag kann jedes durch Samenspende gezeugte Kind ab 16 Jahren Einsicht in das Register verlangen. Auf Kinder, die vor Inkrafttreten des Gesetzes geboren wurden, findet die gesetzliche Neuregelung allerdings keine Anwendung, was auch für private Samenspenden gilt. Nach Inkrafttreten des Samenspenderregistergesetzes ist für alle seit dem 1. Juli 2018 gezeugten Kinder die Feststellung der rechtlichen Vaterschaft durch den Spermaspender grundsätzlich ausgeschlossen worden. Von daher kann der Samenspender auch nicht mehr zu etwaigen Unterhaltungszahlungen gezwungen werden, auch ein gesetzliches Erbrecht zwischen dem Samenspender und dem gezeugten Kind existiert nun nicht mehr. Bei vor dem genannten Stichtag geborenen Kindern ist die Sachlage komplizierter: Rein theoretisch kann ein Kind den Spermaspender auf Unterhalt verklagen, was sich in der praktischen Durchsetzung allerdings bislang als ziemlich schwierig erwiesen hat.
Samenspenderregister seit 2018
Beim Thema Leihmütter fallen einem sogleich Promi-Damen wie Paris Hilton oder Kim Kardashian ein. In Deutschland ist das vertraglich vereinbarte Austragen von Kindern für Dritte aus ethischen, sittlichen und moralischen Gründen verboten, wobei den Wunscheltern und den Leihmüttern zwar keine Strafen drohen, wohl aber den behandelnden Ärzten. Vor dem Krieg galt vor allem die Ukraine dank einer diesbezüglich sehr liberalen Gesetzgebung als bevorzugte Adresse für Leihmütter-Deals, allerdings nur für heterosexuelle Paare. Dabei musste die Wunschmutter zudem nachweisen, dass sie entweder überhaupt nicht oder nur mit erheblichen gesundheitlichen Risiken schwanger werden konnte. Ein Vertrag über Leihmutterschaft, die in Deutschland im Wesentlichen zum Schutz der austragenden Frau vor Ausbeutung und wegen des Konflikts der Leihmutterschaft mit Grundannahmen des Abstammungsrechts untersagt ist, begründet nach deutschem Recht keine rechtswirksame Elternschaft. Denn das Gesetz sieht vor, dass die Frau, die ein Kind ausgetragen und geboren hat, auch die rechtmäßige Mutter des Kindes ist. Selbst wenn es sich bei einem Paar um die genetischen Eltern des Kindes handelt, wenn also die Eizelle von der Wunschmutter (in diesem Fall spricht man von einer sogenannten gestationellen Leihmutterschaft) und der Samen vom Wunschvater stammen sollte, sind sie nach deutschem Gesetz nicht die rechtmäßigen Eltern, ihre Staatsangehörigkeit überträgt sich also nicht automatisch auf das Kind. Was natürlich auch für die sogenannte traditionelle Leihmutterschaft gilt, bei der die Eizelle von der Leihmutter stammt und die Insemination durch die Samenzellen des Wunschvaters oder durch eine gespendete Samenzelle erfolgt.
Da die Leihmutterschaft mit erheblichen körperlichen Strapazen verbunden ist, muss sich zwangsläufig die Frage aufdrängen, ob sich die Frauen dazu wirklich aus völlig uneigennützigen Gründen entscheiden, was dann als sogenannte altruistische Leihmutterschaft bezeichnet wird (legal etwa in Dänemark oder Griechenland), oder ob sie mit einer sogenannten kommerziellen Leihmutterschaft schlicht und einfach Geld verdienen wollen (legal etwa in der Ukraine, Georgien oder Kasachstan). Die deutsche Rechtsordnung steht in Sachen Leihmutterschaft vor einem wahren Dilemma: Denn um das Verbot der Leihmutterschaft in Deutschland effektiv durchsetzen zu können, müsste der deutsche Staat den deutschen Wunscheltern konsequent die Anerkennung der rechtlichen Elternschaft verweigern. Andererseits spricht der Schutz des Kindeswohls, also der Schutz der faktisch-sozialen Familieneinheit von Wunscheltern und Kind, meistens für die letztendliche Anerkennung der im Ausland festgestellten rechtlichen Elternschaft.