Salz steckt in fast jedem Essen, im Brot, in Schinken, in Käse. Zu viel schädigt die Gesundheit. Salz kann zu Bluthochdruck führen, Herzinfarkt oder Schlaganfall können die Folgen sein. Doch ohne Salz können wir nicht leben.
Bis zum Horizont erstrecken sich die Salinen bei Piran an der slowenischen Adriaküste. Von Frühling bis Herbst steigt Osman Dedić in seine Holzschuhe und nimmt seinen Schieber in die Hand. Stück für Stück verteilt er einen Schlamm im Salzbecken, so lange, bis die Oberfläche ganz glatt ist. Der Meeresschlamm namens Pertola wird in speziellen Becken gesammelt und anschließend auf die einzelnen Einheiten der Saline verteilt. Pertola besteht überwiegend aus Mikroalgen und zahlreichen Mineralien. In den mit Meerwasser gefluteten Becken verdunstet das Wasser und das Salz lagert sich ab. Es nimmt die wertvollen Inhaltsstoffe des Meeresschlamms auf, vermischt sich aber nicht mit diesem. So bleibt das Salz aus Piran natürlich weiß. Die hohe Qualität ist bei Spitzenköchen gefragt und wegen des feinen Aromas sogar in Japan beliebt. Die Salinen liegen in einem geschützten Naturpark und blicken auf eine 700-jährige Geschichte zurück. Noch heute wird das Salz nach alter Tradition in Handarbeit gewonnen. Osman Dedić liebt seine Arbeit als Salzbauer. „Es ist immer wieder spannend, den richtigen Moment zu erwischen, um die Becken zu fluten“, erzählt er. Wind und Sonne spielten dabei eine wichtige Rolle. Zu den Höhepunkten gehört die Gewinnung des Fleur des Sel. Die „Blume des Salzes“ bildet sich in den Becken an der Oberfläche des Salzes. Es wird abgeschöpft und lediglich getrocknet. Fleur de Sel besitzt mehr Magnesium und Kalzium als andere Salze. Die größeren Salzkristalle sorgen für eine knusprige Konsistenz. „Salz ist das Meer, das nicht in den Himmel zurückkehren kann“, sagt Osman Dedić. Der wertvolle Meeresschlamm wird in den Hotels und Kureinrichtungen im benachbarten Ort Portoroz auch für Anwendungen der Thalassotherapie genutzt.
Salzgewinnung aus dem Meer
Es gibt zahlreiche Arten des weißen Goldes, die in der Regel in drei Arten unterteilt werden: Kochsalz, Steinsalz und Meersalz. Das überwiegend im Haushalt verwendete Speise- oder Kochsalz wird aus Sole gewonnen, industriell verarbeitet und raffiniert, das heißt es wird gebleicht, bei hohen Temperaturen gesiedet und gereinigt. Übrig bleibt Natriumchlorid, die im naturbelassenen Salz vorhandenen Mineralstoffe und Spurenelemente sind nicht mehr enthalten. Steinsalz wird meist unterirdisch in Bergwerken gewonnen, Meersalz entsteht durch die Verdunstung von Meerwasser. In diesem finden sich allerdings zunehmend Spuren von Mikroplastik. Ganz gleich, wo das Salz herkommt oder wo es gewonnen wird: Salz hat seinen Ursprung immer im Meer. Das gilt selbst für Steinsalz, das in Bergwerken abgebaut wird. Auch dabei handelt es sich um Meerwasser, das durch die Verdunstung vor Millionen Jahren zu Salz geworden ist.
Neben den drei Salzarten gibt es viele weitere Sorten wie Himalaya-Salz, Totes-Meer-Salz oder Wüstensalze. Welches Salz das Beste ist, entscheidet der persönliche Geschmack. Wer einem Jodmangel entgegenwirken will, greift zu jodiertem Speisesalz. Wer in einer Gegend lebt, in der Trinkwasser weniger als 0,7 Milligramm Fluorid pro Liter enthält, sollte auch fluoridiertes Salz verwenden, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Fluorid ist wichtig für starke Knochen und Zähne und senkt das Kariesrisiko. Schon die alten Ägypter kannten Salz als Konservierungsstoff, ebenso die Babylonier, Sumerer und Kelten. Salz sorgt für die richtige Würze und bindet Wasser, wodurch Lebensmittel länger haltbar sind.
Lange galt Kochsalz als rar und wertvoll. Im alten Ägypten wurde Toten mit Salz das Wasser aus ihren Körpern entzogen, im Römischen Reich bekamen Legionäre neben Münzen eine Salzration ausgezahlt, den Salär, und die alten Griechen sollen Salz für ein Aphrodisiakum gehalten haben. Im Mittelalter entstand ein Netz aus bedeutenden Handelsrouten, die Salzstraßen, die Städte verbanden und Könige und Fürsten reich machten.
Heute ist Salz eine billige Ware. In den Salzbergwerken liegen Millionen Tonnen von Salz und auch die Ozeane besitzen reichlich davon. Wenige Rohstoffe sind so langfristig verfügbar wie Speisesalz. Heute ist Salz in zahlreichen Lebensmitteln enthalten: In Fertigpizza und anderen Fertiggerichten, Brot, Ketchup, Chips, Käse, Wurst, sogar in Schokolade und Obst und in vielen anderen Nahrungsmitteln. Etwa 75 bis 90 Prozent der täglichen Menge kommen laut der Verbraucherzentrale aus verarbeiteten Lebensmitteln und Essen außer Haus. In den meisten Lebensmitteln geht es nicht nur um den Geschmack, sondern, wie bei Wurst, auch um die Schnittfestigkeit und die konservierende Wirkung.
Zu viel Salz schädigt diverse Organe
Wer zu viel Salz zu sich nimmt, schadet seiner Gesundheit. Kochsalz erhöht das Risiko für Bluthochdruck, weil das Salz Wasser im Körper bindet und das Herz stärker pumpen muss. Bluthochdruck kann einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen. Auch die Gefahr für Demenz und Magenkrebs steigt bei hohem Salzkonsum. Zudem werden die Nieren überlastet, weil sie das Salz im Körper abbauen müssen. Außerdem kann Salz den Darmbakterien schaden und zur Zellalterung beitragen.
Laut der Weltgesundheitsorganisation sollten Erwachsene höchstens fünf Gramm Salz pro Tag zu sich nehmen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt nicht mehr als sechs Gramm, das entspricht etwa einem vollen Teelöffel. Doch die Deutschen essen jeden Tag wesentlich mehr. Bundesweite repräsentative Daten zeigen, dass Frauen täglich im Durchschnitt über acht und Männer zehn Gramm Salz zu sich nehmen.
Nach dem Salzforscher Dominik Müller kommt es auf die Dosis an, schließlich sei Salz für den Körper auch enorm wichtig. Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt sich der gelernte Pharmazeut am Max-Delbrück-Centrum in Berlin-Buch mit den gesundheitlichen Folgen des Salzkonsums. Für ihn besteht kein Zweifel daran, dass Kochsalz in zu großen Mengen für Herz, Gehirn und Nieren und auch für das Immunsystem schädlich ist.
Zu viel Salz wirkt sich nicht nur negativ auf die Gesundheit aus, es verkürzt im Durchschnitt das Leben. Nach einer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“ ließen sich weltweit jedes Jahr über 1,6 Millionen Leben retten, wenn alle Menschen nicht mehr als fünf Gramm Salz pro Tag zu sich nehmen würden.
In Maßen ist Salz wichtig für den Körper
Andererseits weist Müller darauf hin, wie wichtig Salz in Maßen für den Körper ist. Denn ohne die enthaltenden Ionen kann der Mensch nicht leben. Sie regulieren den Blutdruck und den Wasserhaushalt, indem sie Wasser binden. Ist zu wenig Salz im Körper, verliert dieser Wasser und der Blutdruck wird schwächer. Die Natriumionen werden für den Knochenaufbau benötigt, Chloridionen helfen als wichtiger Bestandteil der Magensäure bei der Verdauung. Zudem sind die Ionen an der Übertragung von Signalen in Nerven und Muskeln beteiligt, weil elektrische Impulse nur in wässrigen Lösungen weitergeleitet werden können. Sie sind in allen Körperflüssigkeiten vorhanden, deshalb sind auch Schweiß und Tränen salzig.
Bis zu 20 Gramm verliert der Körper täglich durch Schweiß, Urin und andere Ausscheidungen, abhängig von Aktivität, Temperatur und vom Hormonhaushalt. Diese müssen wieder zugefügt werden. Fünf bis sechs Gramm Salz pro Tag reichen dafür völlig aus.
Außerdem reagieren Menschen sehr unterschiedlich auf Salz: Unter Gesunden, deren Blutdruck im Normalbereich liegt, ist nur jeder dritte salzsensitiv, das heißt, der Blutdruck sinkt, wenn der Salzkonsum reduziert wird. Unter Menschen mit Bluthochdruck profitiert immerhin jeder zweite, wenn weniger Salz verzehrt wird. Diese können ihren Blutdruck durch Ernährung deutlich verbessern.
Neben dem Einfluss bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen konnte Müller gemeinsam mit Forschern aus Yale und Erlangen zeigen, dass sich Salz auch auf das Immunsystem auswirkt. Übermäßiger Salzkonsum schwächt die Energieversorgung der T-Helferzellen und regt sie dazu an, vermehrt einen entzündungsfördernden Botenstoff zu produzieren. Die Folge ist beispielsweise ein erhöhtes Risiko für Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose sowie entzündliche Erkrankungen an Gefäßen und Gelenken.
Die regulatorischen T-Zellen sind ein wesentlicher Bestandteil des Immunsystems. Sie erhalten das Gleichgewicht zwischen normaler Funktion und überschießender Entzündung. Diese Zellen halten aggressive Immunzellen, die sich gegen den eigenen Körper richten, in Schach und sorgen dafür, dass Immunreaktionen kontrolliert ablaufen, ohne den Organismus zu schädigen. Zu viel Salz lässt die T-Zellen eher wie diejenigen aussehen, die an Autoimmunerkrankungen beteiligt sind. Nach dem Forscherteam sind noch weitere Studien erforderlich, um die molekularen Mechanismen genauer zu verstehen und ihre potenziellen Zusammenhänge mit Krankheiten zu ergründen.
In den Salinen von Piran geht der Tag zu Ende. Osman hält das frisch gewonnene Fleur de Sel in einer Schale in den Händen und lässt sich einige Salzkristalle auf der Zunge zergehen. „Das Salz gehört zu unserer Kultur und Geschichte.“ Viele Freunde und Familienangehörige kommen tagsüber dazu, um mit anzupacken oder Essen vorbeizubringen. „Wir waren alle wie eine große Familie, jeder kannte hier jeden“, erzählt Gorgina, die in den 1970er-Jahren mit ihrem Mann ein Feld bewirtschaftete und lange in der Verwaltung gearbeitet hat. Das Salz findet sie heute schön verpackt im Salzladen von Piran.