Eberhard Jordan aus Wien erkrankte vor rund 20 Jahren an COPD und hat sich nach mehreren Aufenthalten auf der Intensivstation wieder ins Leben zurückgekämpft. Ein Interview mit dem Blogger und Aktivisten.
Herr Jordan, was waren die ersten Anzeichen Ihrer Erkrankung und wie alt waren Sie, als bei Ihnen COPD diagnostiziert wurde?

Es gab damals in meinem Leben sehr viele Stressfaktoren, die ich lange ignoriert habe. Ich befand mich gerade im Aufbau meiner beruflichen Karriere und leitete eine Agentur mit zehn Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Dementsprechend hatte ich keine ruhige Minute pro Tag, sondern war quasi rund um die Uhr am arbeiten. Ich muss so um die 40 Jahre alt gewesen sein, als ich bemerkte, mit anderen im Gehen nicht mehr mithalten zu können. Das habe ich damals auf wenig Sport und Ausgleich neben dem Beruf zurückgeführt, also insgesamt einfach auf zu viel Stress. Dazu kam, dass ich starker Raucher war, was ich zu dem Zeitpunkt schon aufhören hätte sollen.
Als die Diagnose gestellt wurde, hatten Sie COPD Stadium zwei. Sie haben die Diagnose anfangs eher ignoriert und weiter geraucht, ein paar Jahre später waren Sie dann im nächsten Stadium. Hat es Sie nachträglich geärgert, dass Sie nicht gleich Ihr Leben geändert haben?
Jetzt muss ich sehr ehrlich sein: Nein! Es war ein Fehler, dass ich nicht früher ins Handeln gekommen bin, aber zu Fehlern hat man zu stehen und das tue ich auch.
Wie hat sich Ihr Leben durch COPD verändert?
Durch COPD und – in meinem Fall – durch drei Aufenthalte auf der Intensivstation – ändert sich einfach alles. Man muss sein Leben komplett neu lernen, egal ob das Atmen, das Gehen oder den Start ins Training. Nichts ist mehr so wie vorher, und das muss man erst einmal verarbeiten beziehungsweise akzeptieren. Dieser Prozess dauert, zwingt einen aber, das Leben nun anders zu leben, eine neue Sichtweise zu entwickeln und endlich zu erkennen, was wirklich wichtig ist. Ich bin nun mit 60 ein komplett anderer Mensch als mit 40.
Worauf müssen Sie achten, damit sich Ihre Erkrankung nicht verschlechtert?
Da ich ein tolles Team an Ärzten und Therapeuten um mich herum habe, weiß ich genau, auf welche Faktoren ich achten muss, damit ich mich gut fühle und wie ich mit meiner Kraft haushalten kann. Neben der medikamentösen Behandlung habe ich Bewegungseinheiten an der frischen Luft in meinen Tag integriert, meine Ernährung komplett umgestellt und einen Trainingsplan für meine sportlichen Herausforderungen entwickelt. Dazu achte ich bewusst darauf, meinen Stresslevel niedrig zu halten, mich nur mit angenehmen Menschen zu umgeben und – was ich mir vor Jahren zur Aufgabe gemacht habe – aktiv über die Krankheit zu informieren und die Aufmerksamkeit mit verschiedensten Aktionen darauf zu lenken.

Unter welchen Symptomen leiden Sie und wie genau werden Sie behandelt?
Das Symptom ist wie bei allen COPD-Patienten und -Patientinnen Kurzatmigkeit. Natürlich benötige ich laufend Medikamente. Ein Ventil hat mir ebenfalls geholfen, auch wenn ich drei Anläufe damit gebraucht habe (eine sogenannte Ventilimplantation; Anm. d. Red.). Durch das Ventil im betroffenen Teil der Lunge wird bewusst verhindert, dass dort Luft eindringt und die gesünderen Teile der Lunge werden damit gefördert.
In welchem Stadium sind Sie heute und haben sich Ihre Symptome in den letzten Jahren verschlechtert?
Seit 2017, bevor ich das Ventil implantiert bekommen habe, befinde ich mich im COPD-Stadium IV. Seither halte ich mich sehr konstant mit meinen circa 30 Prozent Lungenvolumen. Physische Anstrengungen und so weiter können aber natürlich marginale Schwankungen auslösen.
Sie sind heute sportlich sehr aktiv, absolvieren unter anderem Radtouren von über 30 Kilometern. Wie haben Sie es geschafft, trotz Erkrankung so fit zu werden?
Das Zauberwort ist Training, dann beginnt man auch wieder Spaß an der Bewegung zu haben. Das Ganze war natürlich ein längerer Prozess, den man auch genauso akzeptieren sollte – als langen Weg mit eventuellen Rückschlägen. Neben dem Training geht es auch um den eigenen Willen, der gar nicht oft genug betont werden kann. Jedes Mal, wenn ich mich sportlich bewege, bin ich einfach nur glücklich darüber, dass ich das wieder kann.
Hatte Ihnen Ihr Arzt Sport ausdrücklich empfohlen?
Ich habe in der Reha am eigenen Leib erfahren, wie gut mir Sport tut und bin diesem positiven Gefühl dann nachgegangen. Und auch wenn ich mich manchmal nur schwer aufraffe, versuche ich, mir genau dieses Gefühl nach dem Training wieder vor Augen zu führen. Bei der Auswahl der Sportart geht es darum, etwas zu finden, das zu einem passt und das einem auch Spaß macht. So habe ich für mich unter anderem das Radfahren entdeckt. Ich kann nur sagen, dass sportliche Betätigung einer der wichtigsten Faktoren ist, mit der Krankheit besser leben zu lernen.
Was hat es mit Ihrer COPD-Challenge auf sich?

Bei der myCOPD-Challenge handelt es sich – wie der Name schon sagt – um meine persönliche sportliche Herausforderung, die ich als Einzelgänger mit meinem Therapeuten-Team zu bewältigen versuche. Diese Challenges haben mich in den letzten Jahren auf die höchsten Gebäude Österreichs geführt, die ich über die Stufen erklommen habe. Begonnen habe ich mit dem Stephansdom mit 343 Stufen. Meine Ärztin hat mir damals davon abgeraten, aber mein Wille war so groß, dass ich mir meinen Wunsch nicht abspenstig machen lassen wollte. Und siehe da: Ich habe die erste Challenge bewältigt und für mich damit den Grundstein für größere sportliche Herausforderungen gelegt. Letztes Jahr habe ich den Wiener DC-Tower mit 1.620 Stufen bezwungen. Nun, da quasi keine höheren Gebäude in Österreich mehr übrig sind, möchte ich als Nächstes eine Rad-Challenge auf der Donauinsel über die Bühne bringen. Die Challenge war eigentlich bereits für dieses Jahr geplant, doch musste ich diese aufgrund einer Sportverletzung leider auf nächstes Jahr verschieben.
Wichtig ist mir bei all dem, die Aufmerksamkeit auf COPD zu lenken und zu zeigen, dass man trotz der Krankheit doch einen aktiven Lebensstil führen kann. Das heißt aber nicht, dass jede oder jeder eine ebensolche Challenge schaffen muss. Es hängt immer davon ab, in welchem Stadium man sich befindet und was gerade gesundheitlich möglich ist.
Hat sich Ihr Gesundheitszustand durch den Sport merklich verbessert?
Ich könnte mir ein Leben ohne Sport nicht mehr vorstellen, da er einfach so viel mehr Energie in mein Leben bringt. Das muss man selbst einmal erleben, um es nachvollziehen zu können. Ich bin wirklich dankbar, dass ich dieses Ventil für mich entdeckt habe und hier so gut von meinen Therapeuten begleitet und durchgeführt werde. Dabei geht es immer darum, realistische Ziele zu definieren und sich zu fordern, ohne sich zu überfordern. Ich kann durch sportliche Betätigung nicht nur mein Stresslevel senken, sondern auch wieder klar denken, Entscheidungen fällen, die mir vorher unmöglich erschienen und merke selbst, wie ausgeglichen ich mich dadurch in Gesprächen mit anderen fühle.
Wie sieht Ihr Engagement als COPD-Aktivist aus?

Mein Fokus als COPD-Aktivist liegt auf den jährlichen sportlichen Herausforderungen, durch die ich in die Medien komme und wiederum auf das Thema COPD aufmerksam machen kann. Das große Ziel dahinter ist für mich, anderen Leuten mit der Diagnose Mut zu machen, sie zu ermutigen, sich mit dem neuen Leben abzufinden und es akzeptieren und lieben zu lernen. Ich habe über die Jahre mehrere Sponsoren gewinnen können, die mich begleiten und unterstützen, pflege seit Jahren meinen Blog www.copdaktiv.com, habe ein Buch zur Krankheit geschrieben und bin eng vernetzt mit COPD-Aktivisten auf der ganzen Welt. Das Ganze ist zu meinem Beruf und auch zu meiner Leidenschaft geworden. Auch Vorträge gebe ich beziehungsweise trete insgesamt als öffentliche Person für die Sache auf. Dadurch hat die Krankheit für mich auch einen höheren Sinn bekommen.
Welche Tipps würden Sie anderen Betroffenen geben?
Ich will keinesfalls zynisch wirken, aber mein Tipp ist: Bleibt aktiv und genießt das Leben! Dass ich je wieder so ein aktives Leben führen kann, nachdem ich mehrmals auf der Intensivstation gelegen bin, hätte ich mir früher nie ausmalen können. Es ist aber alles möglich, wenn man sich konsequent auf das neue Leben einlässt und Maßnahmen trifft. Ich kann für mich nur sagen, dass ich glücklich bin, so wie momentan alles ist und ich hoffe sehr, dass das andere COPD-Patienten und -Patientinnen auch eines Tages von sich behaupten können.