Erst war es vom Tisch, jetzt ist es wieder da: Ein CO2-Ausgleichsgeld könnte nach Worten des Bundesfinanzministers schon 2025 ausgezahlt werden. Hinter den Fragen, wie es funktioniert und wie es wirkt, gibt es noch Fragezeichen.
Klimaschutz kostet Geld – eine zusätzliche Verpflichtung neben allen anderen, in die der deutsche Staat investieren muss, um in den kommenden Jahrzehnten wettbewerbsfähig zu bleiben. Gleichzeitig sind die Unsicherheiten in Zeiten von Krieg, Inflation, teuren Energiepreisen und Haushaltsquerelen in der Regierungskoalition hoch. Da käme eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger gerade recht, die der steigenden CO2-Bepreisung, mittlerweile im EU-Emissionshandel Konsens, die Schärfe nimmt. Kurz gesagt: Wo bleibt das Klimageld? Und wirkt es überhaupt?
„Akzeptanz des Umbaus gefährdet“
Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, das Klimageld als Pro-Kopf-Kompensation an die Deutschen auszuschütten. Höhe und Zeitpunkt wurden darin jedoch nicht festgelegt. Das war vor dem Krieg, vor Inflation, teurer Energie und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das Milliardenlöcher in den Ampelhaushalt riss. Jetzt stellt Finanzminister Christian Lindner (FDP) infrage, ob das Klimageld überhaupt in dieser Legislaturperiode ausgeschüttet wird. Gleichzeitig fordert die FDP-Fraktion im Bundestag eine Auszahlung noch 2025. Dem Finanzminister nach ist dies jedoch alleine schon technisch unmöglich, jene geplanten 100 Euro pro Kopf an die Bevölkerung rückzuzahlen. Als Termin kursiert das Jahr 2027. Sozial- und Umweltverbände fordern ebenfalls eine Einführung noch in dieser Legislaturperiode. „Das Klimageld ist ein Gerechtigkeitsmodell, deshalb greift die reine Kostenbetrachtung von Teilen der Bundesregierung zu kurz“, sagt Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. „Die Belastungen durch die Folgen der Klimakrise nehmen zu. Besonders wichtig ist daher der soziale Ausgleich. Wer viel CO2 emittiert, wird stärker zur Kasse gebeten, wer CO2 spart, profitiert. Christian Lindners offensichtlich voreilige Absage an das Klimageld gefährdet die Akzeptanz des sozial-ökologischen Umbaus.“
Klar ist, wer weiter Verbrenner fährt und fossil heizt, wird von den weiter steigenden CO2-Kosten betroffen sein. Nicht jeder kann rasch seine Mobilität und sein Wohn- und Heizmodell umstellen, um dem zu entgehen. Wie aber ist die Wirkung des Klimageldes?
Laut Stephan Sommer, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Bochum ist Klimapolitik meistens regressiv, das heißt, sie verringert in diesem Fall schlicht das vorhandene Haushaltsgeld, weil CO2-intensive Produkte teurer werden. „Durch das Klimageld könnte man diese regressiven Verteilungseffekte abschwächen. Dann würde je nach Rechnung, je nach Höhe des CO2-Preises und je nach Rückerstattungsoption ungefähr die Hälfte der Haushalte durch die Rückzahlung des Klimageldes im Mittel zumindest entlastet werden. Nichtsdestotrotz gibt es natürlich auch in jeder Haushalts- oder Einkommensgruppe eine ganz große Streuung, die man so pauschal mit dem Klimageld eben nicht abfedern kann.“
Matthias Kalkuhl ist Professor für Klimawandel, Entwicklung und Wirtschaftswachstum an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Potsdam. Er plädiert dafür, den CO2-Preis zu erhöhen und die Einnahmen in Form eines Klimageldes zurückzuerstatten, das sozial ausdifferenziert sein sollte. „Es gibt da ein schönes Beispiel, nämlich die Gaspreisbremse, die keine Preisbremse ist, wie der Name sagt, sondern die wirklich eine Kompensation ist anhand des Bedarfes, des historischen Verbrauchs, der vor der Gaskrise für einen Haushalt gegolten hat. Ein Beispiel, wie man es geschafft hat, auch in kurzer Zeit relativ zielgenau zu entlasten. Man hat immer noch das Problem zwischen Arm und Reich, aber erst einmal werden diejenigen, die stark betroffen sind von den Preisen, auch stark entlastet.“
Auszahlung mit sozialer Komponente gefordert
Die SPD-Bundestagsfraktion plädiert dafür, die Auszahlung des Klimagelds mit einer sozialen Komponente zu verbinden. Vize-Fraktionschef Matthias Miersch sagte der „Welt“, er halte eine für alle gleiche Pro-Kopf-Auszahlung als alleinige Kompensation für einen immer höheren CO2-Preis für falsch. „Ein Millionär braucht kein Klimageld.“ Die Lebenssituationen der Menschen seien viel zu unterschiedlich, als dass man dem mit einer Pro-Kopf-Pauschale für alle gerecht werden könnte. Auch die Grünen betonen die soziale Komponente für Geringverdiener, die von höheren CO2-Bepreisungen übermäßig belastet seien.
Schon heute gibt es eine soziale Abfederung von CO2-Bepreisung für Mieterinnen und Mieter. Wer vermietet, muss sich an den CO2-Kosten der Heizungen in Mietshäusern beteiligen: je schlechter die CO2-Bilanz, desto höher der Vermietanteil. 2026 soll außerdem ein Klimafonds auf EU-Ebene finanziell schwache Haushalte entlasten. Er soll mit 65 Milliarden Euro befüllt werden, Geld, das aus der geplanten CO2-Bepreisung für Gebäude und Flugverkehr stammt.
Noch ist das Klimageld für die Steuerzahler ein Buch mit sieben Siegeln und klingt erst einmal nach „linke Tasche, rechte Tasche“. Sichtbar wird die Wirkung erst im Zusammenspiel mit dem Emissionshandel und einem steigenden CO2-Preis über die Zeit (siehe auch Infobox): Wer weniger CO2 emittiert, profitiert finanziell über die Jahre immer mehr von einem parallel zum CO2-Preis ansteigenden Klimageld. Dass es eingeführt wird, scheint auch angesichts von schlechten Umfragewerten für die Partei des Bundesfinanzministers nur noch eine Frage der Zeit zu sein.