Zunächst eine pulsierende City erleben, dann zum Tasting ins älteste klassifizierte Weinanbaugebiet der Welt: Wer kommt da nicht auf den Geschmack? Porto ist das Highlight von Portugals Norden – und das dramatische Douro-Tal viel zu schön für nur einen Tagesausflug.

Wer hier nicht begeistert ist, hat wohl ein Herz aus Stein. Unter einem liegen die Lagerhallen der Portweinkellereien von Vila Nova de Gaia, wo edle Tropfen oft jahrzehntelang in riesigen Fässern ruhen. Vor einem wölbt sich der Bogen der historischen Stahlbrücke Ponte Dom Luís I über den träge fließenden Douro. Auf der anderen Flussseite leuchten die kunterbunten Häuserfassaden des Ribeira-Viertels, der Altstadt von Porto. Am Abend, kurz vor Sonnenuntergang, ist die Aussicht vom ehemaligen Kloster Serra do Pilar am schönsten. Was für ein Ausblick!
Einst war die zweitgrößte Stadt Portugals so arm, dass man ihre Bewohner als Kuttelfresser verunglimpfte, weil sich die große Mehrheit der Bürger angeblich niemals ein Stück Filet leisten konnte. Es schmerzte Porto, nach der Hauptstadt Lissabon immer nur die zweite Geige zu spielen. Dann aber begann der Handel immer mehr zu florieren.
Porto hat sich in Schale geworfen

Inzwischen singt man im Norden Portugals mit lauter Stimme das Lied von der Auferstehung aus Ruinen. Die lebens- und liebenswerte kleine Großstadt hat sich in Schale geworfen und ist drauf und dran, der ewigen Rivalin im Süden den Rang als Touristenattraktion abzulaufen. Der bunte Mix aus Geschichte, Weinkultur und kreativen Köpfen ist eben ziemlich einzigartig. Das Programm ist straff, denn es gibt in der größten Stadt Nordportugals viel zu sehen. Da macht es Sinn, sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Akrobaten sind schon an der Fassade hochgeklettert, doch wir nehmen dann doch lieber die Treppe: 225 Stufen führen hinauf auf den Torre dos Clérigos, das Wahrzeichen der Stadt. Anschließend steht ein Besuch im prächtigen Arabischen Saal des Palácio da Bolsa an. Die Handelsvereinigung war in Porto so selbstbewusst, dass ihr Zuhause nicht wie eine funktionale Börse wirkt, sondern aussieht wie ein veritables Schloss – und auch im Inneren entsprechenden Eindruck hinterlässt.
Wer eine Pause braucht, bestellt für sechs Euro einen überteuerten Cappuccino im „Café Majestic“. Das schmerzt, doch man bezahlt eben auch für die 100-jährige Einrichtung im Stil der Belle Epoque. Für den kleinen Hunger lohnt ein Abstecher zum ehrwürdigen „Mercado do Bolhão“, doch auch in den Straßen der Umgebung gibt es noch viele alteingesessene Spezialitätenläden. Einzigartig ist auch, dass Menschen vor einer Bücherstube stundenlang Schlange stehen: Die Livraria Lello gilt dank ihrer Einrichtung als die schönste Buchhandlung der Welt.

Per Flusstaxi geht es dann auf die andere Seite des Douro ins Erlebniszentrum „World Of Wine“. Sechs Museen behandeln Portos Geschichte und geben einen interaktiven Einblick in die Herstellung von Schokolade, Kork und Wein. Die obligatorische Portwein-Probe erlebt man in den schummrigen Lagerhallen der Hersteller, die einst oftmals von weit gereisten Kapitänen gegründet wurden und deshalb wie bei Burmester oder Kopke auch deutsch klingende Namen tragen.
Wo die Trauben für den Portwein herkommen? Für einen Ausflug ins Douro-Tal geht es per Regionalzug von Porto zwei Stunden lang den Fluss hinauf. Ziel ist der hübsche, mit blau-weißen Kacheln dekorierte Bahnhof von Pinhão. Dort lassen sich Ausflugsfahrten mit Rabelo-Booten buchen, Nachbauten jener Lastkähne, mit denen einst Fässer voller Rotwein zur Küste geschippert wurden. Denn die Reben wachsen hier in einer viele hundert Meter hoch aufragenden Schieferschlucht.
Weinverkostung beim Hersteller
Die Winzer haben die Hänge des Douro gezähmt und in eine anmutige

Kulturlandschaft verwandelt. Der Oberlauf des Douro-Tals, wo der berühmte Portwein entsteht, ist das älteste klassifizierte Weinbaugebiet der Welt. Bereits im Jahr 1756 entstand das Regelwerk, in dem festgelegt wurde, aus welcher Region die Trauben stammen dürfen. Nach Lese und Pressung wird der Most zur Gärung angesetzt, allerdings dann mit Weinbrand gestoppt – das sorgt für einen hohen Alkohol- und Zuckergehalt und lange Lagerfähigkeit.
Verkosten lässt sich Portwein am besten in Porto, weil man dort von Hersteller zu Hersteller schlendern kann. Doch am Fluss reist man zur Quelle des edlen Getränks, durch das landschaftlich wohl schönste Weinanbaugebiet der Welt. Extreme Steillagen gibt es auch an der Mosel, doch hier erstrecken sich die Terrassen mit ihren Stützmauern aus Schiefersteinen dutzende Kilometer auf beiden Seiten den Fluss entlang und hinauf bis in schwindelerregende Höhen.
Es ist ein Blätterwald in allen Schattierungen von vor Leben strotzendem Grün, in geometrischer Anmut parzelliert. Rechtecke, Parallelogramme, Trapeze, selten auch ein Quadrat: Nicht nur Geometrielehrer haben hier ihre Freude. Manche Anbauflächen sind so schmal, dass nur eine Reihe Reben dort Platz findet. Im Frühling und im Herbst ist es hier mild. Aber eiskalte Winter und die Hitze des Sommers strapazieren die Rebstöcke – weswegen die Trauben zur Erntezeit dann zwar klein und runzlig sind, dafür aber auch voller besonderer Aromen.
Spannende Flussfahrt

Stadt, Land, Fluss: Wem ein Tagesausflug nicht genug ist, kann das Douro-Tal auch bei einer Kreuzfahrt erleben, die in Porto startet und wieder endet. „Rhein und Seine sind im Vergleich zum Douro zahm“, erklärt Renato Braga, der hier seit Jahrzehnten als Kapitän unterwegs ist. „Der Douro hatte früher gewaltige Stromschnellen. Inzwischen gibt es Schleusen, doch der Fluss hat immer noch Temperament.“ Durch manch enge Schlucht passt sein schmales Schiff „A-Rosa Alva“ gerade so durch, die Fahrrinne ist eng. Doch Renato Braga gilt als der Mann mit der meisten Erfahrung auf dem Fluss. Er kennt die tückischen Stellen und weiß genau, wie er mit den Strömungen umgehen muss.
Von der Mündung gerechnet, ist der Douro auf 213 Kilometern schiffbar. Weiter flussaufwärts in Vega Terrón an der spanischen Grenze versperren Dämme den Weg. Dann heißt es für alle, die auf dem Fluss unterwegs sind: Umdrehen, und wieder zurück. Langweilig ist das nicht: Erstens sieht die Landschaft je nach Lichtstimmung plötzlich ganz anders aus. Außerdem gibt es da ja noch die Ausflüge zu den Highlights im Hinterland wie der Himmelstreppe von Lamego und dem historischen Dörfchen Castelo Rodrigo. Zurück auf dem Fluss, zieht rechts und links wieder eine einfach wildschöne Landschaft vorbei. Entspannung pur! Doch ab und an müssen alle Gäste runter vom Sonnendeck: Manch alte Eisenbahnbrücke ist so niedrig, dass das Schiff gerade so drunter durchpasst.