Bei Waldhof Mannheim war in den vergangenen Wochen einiges los. Rüdiger Rehm musste gehen, Marco Antwerpen übernahm. Zudem kamen einige neue Spieler. FORUM schaut sich den kommenden Gegner des 1. FCS genauer an.

Der Trainerwechsel beim Drittligisten SV Waldhof Mannheim mitten in einer schwierigen Phase kam nicht unerwartet, wenn auch der Zeitpunkt für einige Beobachter überraschend. Kurz nach einem überzeugenden 4:1-Auswärtssieg in Halle wurde Rüdiger Rehm von seinen Aufgaben entbunden und Marco Antwerpen, ehemals 1. FC Kaiserslautern, als Nachfolger verpflichtet. Vor Antwerpens erstem Spiel gegen Preußen Münster, das 2:2 endete, gab Tim Schork Einblicke in die Hintergründe der Entscheidung. Im Gespräch mit „Magenta Sport” sagte er: „Die Entscheidung, Rüdiger lange das Vertrauen zu schenken, war reiflich überlegt. Doch der Start ins neue Jahr verlief leider nicht wie erhofft. Nach den Niederlagen gegen Lübeck und Dresden war für uns eine Vorentscheidung gefallen.“ Auf die Frage, warum Rehm die Mannschaft nach der Niederlage gegen Dynamo Dresden noch einmal betreute, erklärte Schork: „Das Spiel in Halle haben wir trotz der Niederlage gut gemeistert. Ein Trainerwechsel direkt nach Dresden war in der Kürze der Zeit nicht machbar, deshalb ist die Entscheidung erst nach dem Wochenende gefallen.”
Klare Aufgabe: Klassenerhalt
Auch der Aufsichtsrat war in den Prozess des Trainerwechsels eingebunden. In der daraufhin veröffentlichten Pressemitteilung wurde Schork nicht zitiert, woraufhin er klarstellte: „Ich war zeitgleich mit der Ausarbeitung des Vertragsentwurfs beschäftigt“ und fügte hinzu, dass er Rehm persönlich über die Entscheidung informiert habe. Zu tief saß offenbar die Angst vor dem drohenden Abstieg in die Regionalliga, verbunden mit fehlendem Vertrauen im Aufsichtsrat des Tabellensiebzehnten, in den früheren Waldhof-Verteidiger Rehm, die schwierige Aufgabe Klassenerhalt doch noch schaffen zu können. Trotz der drei Siege aus den vergangenen fünf Drittligaspielen. Dabei wäre eine Freistellung von Rüdiger Rehm bereits im Dezember, als die Mannheimer zehn Spiele lang ohne Sieg waren, nur drei von 30 möglichen Punkten holten und tief in den Tabellenkeller gepurzelt waren, für Fans und Experten auch aufgrund der dürftigen sportlichen Vorstellungen viel eher nachvollziehbar gewesen. Weder Ergebnisse noch Erlebnisse stimmten. In dem Fall hätte auch der neue Trainer mit der kompletten Vorbereitungszeit nach Weihnachten und dem Trainingslager in der Türkei deutlich bessere Startvoraussetzungen am Alsenweg gehabt. Stattdessen hielten die Verantwortlichen um Präsident Bernd Beetz weiter lange am umstrittenen Trainer fest. Und nach der besten Saisonleistung musste Rehm gehen.
Jetzt soll es also Marco Antwerpen richten. Der Mann aus Unna kennt sich bei 134 Spielen als Übungsleiter in der Dritten Liga jedenfalls bestens aus. Und um dem neuen Coach auch gleich weitere personelle Hilfsmittel an die Hand zu geben, legte sich der SV Waldhof auf dem Winter-Transfermarkt noch mal kräftig ins Zeug. Nach Torjäger Terrence Boyd (32/vom 1.FC Kaiserslautern) verpflichteten die Mannheimer kurz vor Toresschluss mit den Ex-Bundesligaprofis Martin Kobylanski (29/vom Regionalligisten Altglienicke) und Lukas Klünter (27/zuletzt vereinslos, früher Hertha BSC) eine Menge Erfahrung und Können für Offensive und Defensive des jungen Waldhof-Teams.
„Kampf und Leidenschaft“
Die Vorstellung des Hoffnungsträgers Antwerpen war eher außergewöhnlich. Der SV Waldhof präsentierte Marco Antwerpen in seiner „Waldhof Welt“, dem großzügigen Fan-Shop am Mannheimer Wasserturm. Auch die Anhänger selbst konnten und durften mit dabei sein, als der abstiegsgefährdete Verein seinen neuen Trainer auf die Bühne holte. Marco Antwerpen, ganz im Waldhof-Style mit blauer Jeans und dunkelblauem Pulli, gab sich locker und sympathisch, verwies gleich auf die ersten „sehr positiven Eindrücke. Die Mannschaft hat viele Qualitäten, die man im Fußball braucht, sonst hätten wir die Truppe auch nicht übernommen. Ich bin extrem motiviert und habe wieder viel Lust“, bekannte der neue Waldhof-Coach bei der öffentlichen Pressekonferenz im bestens besuchten Fan-Shop nach seiner langen Zwangspause, „und ich habe gemerkt, als ich das erste Mal auf dem Platz stand, dass es wieder extrem viel Spaß macht“.

Bekannte Namen aber machen bekanntlich noch lange keine erfolgreiche Mannschaft. Entscheidend ist deshalb ab sofort auf dem Rasen: „Die Frage ist, wie bekommen wir in kurzer Zeit möglichst viele neue Inhalte in die Mannschaft?“, so Marco Antwerpen über die Problemstellung vor seinem Debüt an der Seitenlinie. „Ich will ganz, ganz viel Kampf und Leidenschaft sehen, Aggressivität im Spiel“, fordert Antwerpen zunächst vor allem die Basis-Tugenden im Fußball. Hoffnung macht dabei auch das frühere Wirken des neuen Trainers. Nicht nur beim 1.FC Kaiserslautern gelang es dem 52-Jährigen, mit schnellen Erfolgen zu überzeugen. Auf dem Betzenberg hatte Marco Antwerpen am 1. Februar 2021 den damaligen Tabellen-16. der 3. Liga für Jeff Saibene übernommen und führte den FCK am vorletzten Spieltag zum Klassenerhalt. Ein Jahr später schaffte er es mit den Pfälzern sogar als Tabellendritter in die Relegation. Außergewöhnlich auch hier: Vor den entscheidenden Spielen gegen Dresden wurde er von Dirk Schuster auf der Lauterer Trainerbank abgelöst.
2020 war Marco Antwerpen mit Eintracht Braunschweig sogar der Aufstieg in die Zweite Liga gelungen. Übrigens nach einem 3:2 gegen den SV Waldhof. Der Vertrag mit Aufstiegstrainer Antwerpen wurde in Braunschweig danach aber nicht verlängert. Auch das eher ungewöhnlich, aber alles Vergangenheit. Was jetzt zählt, ist die Gegenwart, und die heißt Mannheim und der Klassenerhalt. „Wir haben die Potenziale in der Mannschaft“, so Antwerpen abschließend in der „Waldhof Welt“, „und deshalb sind wir auch überzeugt, dass wir das schaffen“. Bis das geschafft ist, herrscht aber pure Angst.