Amelie Berger ist mit nur 22 Jahren Leistungsträgerin in der Handball-Nationalmannschaft. Bei der WM in Spanien Ende 2021 erreichte sie mit der deutschen Auswahl einen Platz unter den besten Acht der Welt.
Sie ist erst 22 Jahre alt und doch schon eine international erfahrene Sportlerin: Die in Zweibrücken aufgewachsene Handballerin Amelie Berger hat schon Champions League- Erfahrung gesammelt und nahm mit der deutschen Nationalmannschaft im Dezember 2021 an der Weltmeisterschaft in Spanien teil. Nach starken Leistungen in der Vorrunde schied die DHB-Auswahl im Viertelfinale mit 21:26 gegen die Gastgeberinnen aus.
„Wir hatten eine schwere Vorrundengruppe und dass wir schon vor dem letzten Gruppenspiel den Einzug ins Viertelfinale sicher hatten, war natürlich geil", sagt Amelie Berger und weiß: „Das gab es bei den deutschen Handball-Frauen schon lange nicht mehr." Mit Spanien hatte die deutsche Auswahl im Viertelfinale dann vielleicht sogar den leichtesten aller möglichen Gegner vor der Brust. Aber: „Gegen die Gastgeberinnen zu spielen, ist natürlich immer schwer. Manchmal fallen dann 50:50-Entscheidungen der Schiedsrichter eher zu deren Gunsten aus", weiß Berger und merkt an: „Wir haben uns in den vergangenen Jahren unter den besten Acht der Welt etabliert. Für die besten Vier reicht es im Moment einfach noch nicht, aber wir sind noch jung. Wenn wir so zusammenbleiben, kann daraus noch was richtig Cooles werden."
Verhältnis zu Gegner fast familiär
Das persönliche WM-Fazit der Leistungsträgerin von Bundesligist Borussia Dortmund fällt eher durchwachsen aus. „Ich konnte leider nicht die Leistung zeigen, die ich während der Bundesligasaison hatte. Es hakte leider etwas, und ich konnte der Mannschaft nicht so helfen, wie ich es gern getan hätte", meint Berger selbstkritisch. Sie weiß aber auch, dass sie ihrer Mannschaft vor allem in der Abwehr durchaus geholfen hat und ist daher „im Großen und Ganzen sehr zufrieden."
Geboren wurde Amelie Berger im baden-württembergischen Tübingen. Als sie etwa ein Jahr alt war, zog die Familie nach Zweibrücken um. Sieben Jahre später fing sie mit dem Handballspielen an – davor war sie schon in einem Fußballverein (SVN Zweibrücken) und in der Leichtathletik (VTZ Zweibrücken) aktiv. Sport im Allgemeinen, aber vor allem Mannschaftssport findet sie toll. „Wenn man mal einen schlechten Tag hat, fängt das Team einen auf und vertraut dir weiterhin. Der Zusammenhalt ist beim Handball aber anders als beispielsweise beim Fußball. Im Handball ist auch das Verhältnis zu den Gegnern irgendwie familiär", sagt sie und erklärt: „Man haut sich im Spiel auf die Schnauze, aber danach hilft man sich, wieder aufzustehen. Man respektiert auch die Schiedsrichter mehr – das ist kein Vergleich mit dem, was die Fußballer denen alles an den Kopf hauen." Trotzdem hatte ihr beides immer sehr viel Spaß gemacht, „aber irgendwann musste ich mich halt für eines entscheiden", erinnert sie sich an den Klassiker unter den richtungsweisenden Entscheidungen, die junge Sporttalente treffen müssen. Weshalb ihre Entscheidung pro Handball ausfiel? „Mir wurde einmal gesagt, dass man Linkshänderinnen im Handball immer gut gebrauchen kann", antwortet Berger lachend. Allerdings gilt dies auch für Linksfüßer im Fußball. Zusätzlich wurde sie von einem Handball-Experten aktiv angeworben. Und zwar in einer Reithalle. Christian Gauf, seit November 2021 Präsident des Vereins, sprach Amelie im Rahmen einer Veranstaltung an und holte sie zum SV 64 Zweibrücken.
Die hervorragende Jugendarbeit dort ist ihr in bester Erinnerung. Mit elf Jahren wurde sie in die Saar-Auswahl berufen. Zweibrücken liegt zwar in Rheinland-Pfalz, der SV 64 gehört aber aufgrund der unmittelbaren Grenznähe zum Handballverband Saar. Gleich nach dem ersten Training wurde Amelie Berger (Jahrgang 1999) von Trainer Markus Zeimet in die Gruppe des 1997er-Jahrgangs beordert, also zu den zwei Jahre Älteren. „Ich bin allen Trainern, die ich hatte, sehr dankbar. Ich wurde von ihnen immer sehr gut gefördert. Meine Eltern waren anfangs eher zurückhaltend, und die Trainer haben sie immer ein bisschen überredet", verrät sie und betont: „Jeder nächste Schritt musste wohlüberlegt sein und passen, damit es weiter vorangeht." Bis zur D-Jugend spielte sie zusätzlich zu den Mädchenteams bei den Jungs mit. „Da meine Familie gefühlt fast nur aus Brüdern und Cousins besteht, hat es mich immer gereizt, bei den Jungs mitzuhalten", erzählt die 22-Jährige und ergänzt: „Es war echt cool, dass das geklappt hat." Der Vorteil dieser Ausbildung liegt auf der Hand: Durch die Auseinandersetzung mit körperlich bevorteilten Jungs schulte Berger ihre Robustheit und das Durchsetzungsvermögen: „Es hat mir auf jeden Fall nicht geschadet", weiß sie. Das zeigte sich zum Beispiel in der von Martin Schwarzwald (heute bei Bundesligist TSV Bayer 04 Leverkusen) trainierten weiblichen B-Jugend des SV 64. 2013 qualifizierte die sich sogar für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft, wo sie am Ende Platz drei belegte – bis heute einer der größten Erfolge der Vereinsgeschichte.
Schon mit 15 zu gut für das Saarland
Mit 15 Jahren war Amelie zu gut für das Saarland. Um den nächsten Schritt zu machen, wechselte sie an das Internat von Bundesligist TSV Bayer 04 Leverkusen, wo sie zunächst weiter in der Jugendabteilung und auch in der Zweiten Mannschaft in der 2. Bundesliga eingesetzt wurde. 2018 wurde sie mit Leverkusen Deutsche A-Jugend-Meisterin. Bereits ein Jahr davor berief sie Nationaltrainer Henk Groener erstmals in die Frauen-Nationalmannschaft, wo er sie „Stück für Stück an die Mannschaft herangebracht" habe, wie Berger dankbar erklärt. „Wenn es die Möglichkeit hier gegeben hätte, wäre ich natürlich gern bei meiner Familie geblieben und hätte die Region unterstützt. Es ist immer schade, wenn man weggehen muss. Aber wichtiger ist, nicht zu vergessen, wo man herkommt", findet Berger. Auf der anderen Seite liebt sie es geradezu, sich selbst immer wieder in neue, kalte Wasser zu werfen: „Ein Teil von mir will die Welt erkunden und alles mitnehmen, was geht." Dazu gehören neue Städte und neue Freunde ebenso wie sportliche Erfolge.
Diese Einstellung und die Tatsache, dass sie in der Regel Zweijahresverträge abschließt und daher „nie sicher weiß, wie lange ich an einem Ort sein werde", wirkte sich auch auf den beruflichen Bereich aus. Während ihrer Leverkusener Zeit studierte sie in Köln zwei Semester lang Sport, mit dem Wechsel zum Champions League-Teilnehmer SG BBM Bietigheim 2019 stellte sie auf ein Fernstudium der Psychologie um. Seit Sommer 2021 steht Amelie Berger bei Borussia Dortmund unter Vertrag. Sie weiß aber schon jetzt: „Irgendwann will ich mal im Ausland spielen." Spätestens 2024 in Paris. Mit der deutschen Nationalmannschaft. Bei den Olympischen Spielen. Nachdem die DHB-Auswahl die Qualifikation für die Spiele in Tokio 2021 knapp verpasst hatte, will Berger in Paris unbedingt dabei sein. Unterstützung aus der saarpfälzischen Heimat ist garantiert: Schließlich ist die französische Hauptstadt nur unwesentlich weiter von ihrer Heimat Zweibrücken entfernt als Dortmund.