Ein Indoor-Garten unter Pflanzlampen liefert selbst im Winter frische Salate und Kräuter. Die Autorinnen haben drei Systeme ausprobiert. Mit Erfolg. Das Fazit fällt dennoch verhalten aus.
Sie heißen Smart- oder Indoor-Garten, passen aber so recht in keine Kategorie. Die Rede ist von Pflanzsystemen fürs Haus mit speziellen Lampen, die für Gemüse und Kräuter das Tageslicht ersetzen. Sie sollen die Ernte auch im Winter möglich machen. Einige der Pflanzen wurden in zwei Systemen mit Wasserversorgung über einen integrierten Tank und Zeitschaltuhr gezogen: dem Gerät Smart Grow 6 von Bosch und dem Smart Garden Click and Grow von Emsa. Der Namensbeisatz „smart" bei den Vollautomaten ist kein Hinweis auf eine Smarthome-Anwendung. Die Geräte sind nicht mit dem Internet verbunden und auch nicht übers Smartphone steuerbar. Dazugehörige Apps dienen lediglich der Information.
Als drittes Modell wurde die Pflanzenlampe Växer von Ikea ausprobiert, die sich in eine Halterung integrieren oder allein verwenden lässt. Da ein passender Kasten nicht zur Verfügung stand, war Improvisation nötig. Wir haben die Lampe an einem Überbau montiert. Man kann die Leuchte aber zum Beispiel auch mit doppelseitigem Klebeband unter ein Regalbrett kleben.
Das Bosch-Gerät ist mit 149,99 Euro für das System mit drei Pflanznischen und mit 249,99 Euro für das Sechser-Modell das teuerste. Emsas Modell mit drei Pflanzstellen kostet 99 Euro, das Neuner-Modell 199,99 Euro. Die Leuchten von Ikea gibt es für 35 Euro. Im Baumarkt findet man ähnlich preisgünstige Modelle. Während man hier auch Samen aus eigener Ernte oder Saatgut aus dem Supermarkt oder Fachhandel nehmen kann und in einen Kasten mit Erde steckt, sind für die vollautomatischen Systeme spezielle Pflanzkapseln nötig. Die Kosten bei Emsa und Bosch belaufen sich auf 9,99 Euro für je drei Kapseln einer Pflanzenart. Dafür braucht man weder Substrat noch ein Extra-Gefäß.
Der Stromverbrauch hält sich in Grenzen. Ikea nennt einen monatlichen Stromverbrauch von 4,8 Kilowattstunden bei 16-stündiger Beleuchtung pro Tag. Bei Bosch sind es beim Smart Grow 6 rund 4,3 kWh pro Monat (neun Watt pro Stunde). Pflanzleuchten unterscheiden sich von gewöhnlichen Leuchtmitteln in deren Farbspektrum. Die Ikea-Leuchte beispielsweise besteht zu 25 Prozent aus blauem, zu 35 Prozent aus grünem und zu 40 Prozent aus rotem Licht. Das Licht macht Photosynthese auch bei Abwesenheit von Sonnenlicht möglich.
Varianten kosten von 35 bis 250 Euro
Bei den automatischen Pflanzsystemen erhalten die Sämlinge Wasser über einen Tank, der anfangs wochenlang nicht nachgefüllt werden muss, weil die Pflanzen noch ganz klein sind. Später muss man alle paar Tage auffüllen. Nährstoffe erhalten die Pflanzen bei Emsa über Zusatzstoffe in den Kapseln, bei Bosch kommt ein Granulat ins Wasser.
Die Pflanzlampen in den beiden Geräten arbeiten in einem Rhythmus von 16 Stunden Beleuchtung und acht Stunden Pause. Dieser lässt sich an den üblichen Tag-Nacht-Rhythmus anpassen, bei Bosch ist auch ein Urlaubsmodus für verringertes Wachstum möglich. Dagegen liefert die Ikea-Lampe nur das Licht. Die Samen und später daraus erwachsenen Pflanzen müssen wie gewöhnliche Zimmer- und Gartenpflanzen umsorgt werden. Damit man einen zu den Vollautomaten vergleichbaren Tag-Nacht-Rhythmus hinbekommt und nicht jedes Mal selbst den Knopf drücken muss, kann man eine Zeitschaltuhr zwischenschalten.
Bei Bosch und Emsa überzeugt die nahezu automatische Pflege. Innerhalb von Tagen zeigen sich die ersten Keimlinge, und man kann ihnen quasi beim Wachsen zusehen, ohne selbst etwas tun zu müssen. Auch das Vereinzeln und Umsetzen der Sämlinge entfällt. Aber auch die einfachere Anzuchtvariante mit der Ikea-Pflanzlampe über normalen Töpfen funktioniert schnell, nur muss man die Jungpflanzen aufgrund der Leuchte wesentlich häufiger gießen als üblich. Die weitere Pflege entsprach hier der Pflege eines normalen Gemüsebeets oder Balkonkastens. Schon nach wenigen Wochen ließen sich bei allen Geräten frische und aromatische Kräuter ernten. Diese lassen sich jeweils über einen längeren Zeitraum beschneiden – wenn man nicht alle Blätter zugleich abschneidet. Unser Urteil: Eine echte Alternative für den Winter, wenn der Kräutergarten draußen schläft.
Wir haben zwei der Geräte in geschlossenen Räumen, aber mit Türen mit Glasanteil getestet. Das dritte Gerät stand in einem offenen Wohnraum aus Küche, Ess- und Wohnbereich. Tagsüber fallen die Geräte kaum auf, es sei denn, man arbeitet direkt in ihrer Nähe. Dann blendet die intensive Beleuchtung auf Sitzhöhe. Wird es dunkel, was im Testzeitraum aufgrund der kurzen Wintertage meist schon ab Spätnachmittag der Fall war, fällt die Beleuchtung extrem auf – und stört. Selbst die Tester, die einen Gewöhnungseffekt bei sich festgestellt haben, sagten am Ende: Discolicht im Wohnraum muss nicht sein.
Regelmäßiges Ernten ist wichtig
Besonders störend war das im offenen Wohnraum, etwa beim Fernsehen oder beim Versuch, länger als die acht Stunden der Geräte-Nachtruhe zu schlafen. Der Rat: Die Geräte am besten in Räumen aufstellen, die man weniger nutzt oder in denen der dauerhafte Lichtschein weniger stört. Zum Beispiel in einer Küchennische oder Abstellkammer. Danach gefragt, hat auch der Hersteller Emsa einen Tipp: Über den integrierten Timer könne der Beleuchtungszyklus den persönlichen Präferenzen angepasst werden. Und: Sind die Pflanzen ausgewachsen, lasse sich bei gutem Umgebungslicht zeitweilig auf eine zusätzliche Beleuchtung verzichten. Bosch betont, dass das Gerät „an fast jedem beliebigen Ort aufgestellt werden" kann. Es sollte nur nicht im direkten Sonnenlicht sowie in der Nähe von Heizkörpern, Klimaanlagen oder elektronischen Geräten stehen, da dies die natürlichen Wachstumsbedingungen der Pflanzen beeinträchtigt.
Die Pflanzsysteme funktionieren so gut, dass die Kräuter regelmäßig geerntet werden müssen. Die Tester allerdings brauchten gar nicht so viele Kräuter im Alltag. Die Folge: Die Pflanzen wuchsen zu hoch und holten sich an den Leuchten Sonnenbrand. Hersteller Bosch rät, so oft zu ernten, dass zwischen den Pflanzen und den Lampen rund fünf Zentimeter Abstand bleibt. Emsa empfiehlt fünf bis zehn Zentimeter. Bei beiden Vollautomaten waren auch Verlängerungsarme für die Lampen-Ständer dabei, die man laut Hersteller einsetzen soll, wenn die Pflanzen die jeweilige Höhe erreichen.
Ein Kräutergarten in der Küche mit einer Ernte das ganze Jahr über – dieses Werbeversprechen der Anbieter klingt gut. Und es erfüllt sich tatsächlich auch. Alle Pflanzleuchten lieferten gute Ergebnisse und leckeres Grün. Weiterer Pluspunkt: Man weiß, woher die Kräuter stammen und was in ihnen steckt. Sie sind garantiert frei von Chemie und eben lokal produziert. Trotzdem sollte man sich die Frage stellen: Braucht man die Pflanzsysteme und -leuchten wirklich? Für die frische Ernte von Kräutern lassen sich viel kostengünstiger erntereife Küchenkräuter im Topf kaufen, die den Winter an der Fensterbank aushalten. Ihr Zuwachs hält sich zwar aufgrund des Lichtmangels in Grenzen, aber sie reichen für den Grundbedarf beim Kochen aus.
Für Kräuterbedarf gut, für Salat ist der Ertrag zu gering
Generell gilt: Große Erwartungen an die Ernte von Salaten darf man nicht haben. Mit unserer Ausbeute lässt sich die Selbstversorgung nicht bewältigen. „Salate sind weniger als volle Mahlzeit für eine fünfköpfige Familie anzusehen, aber blattweise abgeerntet für Sandwich und Co genau die passende Menge, ohne dass Reste weggeworfen werden müssen", erklärt Hersteller Emsa dazu. Bosch betont, die Geräte seien eine Lösung für alle, die nicht den passenden Ort für Blumentöpfe oder Beete haben – beispielsweise in der Stadt ohne Balkon oder Garten – und trotzdem ganzjährig frische Kräuter anbauen möchten. Das Gerät der Firma ist auch ein Lifestyle-Produkt: Es richte sich „an alle, für die die Küche ein wichtiger und zentraler Raum darstellt, der hohen Ansprüchen an Design und Ausstattung gerecht werden muss". In der Tat, schick sehen sie aus – und fallen Hausgästen direkt ins Auge.
Fazit: Die Geräte sind in der Tat eine Zusatzlösung für Menschen, die sich bestmöglich von Selbstproduziertem ernähren wollen. Zumindest ihren Kräuterbedarf decken sie so an den dunkelsten Wintertagen selbst ab. Aber davon wird man natürlich noch nicht satt. Und drei Blätter pro Woche machen noch keinen leckeren Salat.