Mit dem Fahrradcamper auf Reisen – das verspricht Freiheit, denn das Mini-Hotel ist immer dabei. Jedoch: Platz bietet der Wohnwagen für eine Person. Da ist Einsamkeit in der Natur vorprogrammiert.

Es wird dunkel über dem Flakensee. Die Oberfläche ist glatt und schwarz. Ein Entenpärchen paddelt Richtung Sandstrand und zieht leuchtende Wellenlinien. Ich bin spät angekommen am schönen Plätzchen für die Nacht am Stadtrand Berlins. Und alles ging ganz fix. Das Gespann parken, die Stützfüßchen ausfahren, das kissenbezogene Sitzbrett an der Türschwelle einlegen. Und jetzt setzen, die Natur bestaunen nach einem halben Tag Radeln mit einem Fahrradwohnwagen am Haken. Nichts hat man bei Ankunft mehr zu erledigen: kein Zelt aufbauen, keine Isomatte aufpusten. Stattdessen einfach hinlegen, der Schlafplatz im Wägelchen ist immer gerichtet. Im Dunkeln ankommen? Kein Problem, kein Stress.
Das sei das Tolle, betont Erich Zeller, Erfinder des Fahrradcampers aus Hilsbach im Rhein-Neckar-Kreis, wo das Holzgefährt in einer Schreinerei auf Anfrage gefertigt wird. Anders als beim Zelten gebe es für die Übernachtung kaum rechtliche Einschränkungen. Fast überall in Deutschland dürfe man übernachten, im Wald, in den Bergen oder eben am See. Die Idee zum Fahrradcamper sei während der Pandemie entstanden, als Hotels und Campingplätze geschlossen waren.
Wer mit einem Bike-Wohnanhänger unterwegs ist, ist ein Exot. Blicke von allen Seiten! Kinder platzen vor Neugierde und wollen mal reinschauen ins rollende Überraschungsei. Das ist gemessen an anderen Anhängern jedenfalls recht schwer und ausladend. Eingewöhnung ist gefragt. Bei 60 Kilo liegt das Leergewicht. Als Zugfahrzeug empfiehlt sich ein E-Bike. Eine mittlere Unterstützungsstufe erscheint als das Mindeste, wenn sich die Tour nicht wie ein Kraftsportevent, sondern entspanntes Reisen anfühlen soll. Weil das alles extra viel Strom zieht, sollte man die Reichweite stets im Blick behalten. Da erscheint die Idee spitze, die Zeller hat: Solarpanels für den Hänger, die nicht nur die bislang noch akkubetriebene Innen- und Außenbeleuchtung, sondern auch den E-Bike-Akku versorgen könnten. Doch die Vernetzung mit der E-Bike-Technik ist noch nicht entwickelt.
Stolzer Preis von 8.200 Euro für den Camper
Geht es über Bodenunebenheiten, zieht und zerrt die Last an der Weber-Kupplung merklich – auf Forst- und Waldwegen, für die der Camper ausdrücklich auch gedacht ist, nicht gerade optimal – obwohl die einzeln aufgehängten Räder gedämpft sind. Erleichterung macht sich breit, sobald man wieder einen glatt gezogenen Fahrradweg unter die Räder nimmt. Irgendwann bekommt man ein Gefühl für die zu fahrende Spur, um bei Durchfahrten vorbei an Baumstämmen, Wänden oder Geländern nicht anzuecken. Das sollte man auch nicht, denn die rustikal-hübsche Oberfläche des Campers aus Gabunholz erweist sich als kratzanfällig. Manchmal wünscht man sich Rückspiegel wie bei einem echten Wohnwagen.

Witterungsbeständig, da mehrfach lackiert, aber sei der Aufbau, versichert Zeller. Und er macht den Reisenden wetterfest. Sobald ein Schauer niedergeht, verschwindet man schnell im Innern, das funktional eingerichtet ist: Staufächer unter der Liegefläche bieten genügend Platz für Gepäck und Campingutensilien. Was mir fehlte, waren Möglichkeiten zum Verzurren oder ein Flaschenhalter.
Am See krieche ich in den Schlafsack und verriegele die Tür. Ein letzter Blick durchs Fenster zu den Enten, dann schlafe ich ein. Kein Knarzgeräusch im Gebälk, wenn man sich dreht, stört die Nachtruhe, der Wagen steht fest auf seinen Füßchen. Dank Belüftungsgitterchen wird es nicht stickig. Und der Aufbruch am Morgen geht ganz fix.
Fazit: Mit dem Fahrradcamper fällt man auf, ist aber auch allein: Denn der Wohnraum reicht nur für eine Person. Unterwegs schränkt das sperrige Gespann die Routenauswahl ein. Wird es zu eng, muss man Umwege nehmen. Zu viel Wind sollte nicht aufkommen, die Seitenwände bieten Angriffsfläche. Dafür ist das Ankommen ein Fest, denn das Mini-Hotel zum Mitnehmen ist jederzeit und überall bezugsfertig. Mit 8.200 Euro ist der Preis allerdings recht stolz. Wem das zu teuer ist, der kann den Camper auch mieten (45 Euro/Tag) – muss zur Abholung aber nach Heidelberg kommen. (www.lebens-pilgern.de)