Handschuhe? Im Fahrradsattel nie eine schlechte Idee. Denn sie schützen die Hände bei Stürzen und steigern den Komfort. Mit der kalten Jahreshälfte rückt der Wärmeschutz in den Vordergrund. Tipps, worauf es bei der Auswahl des richtigen Radhandschuhs ankommt.
![Auch im Sommer sind Handschuhe sinnvoll](/sites/default/files/inline-images/06_2024_Technik__Fahrrad_Handschuhe_001.jpg)
Man ist an einem der kalten Wintermorgen unterwegs, und was macht man? Die Hände in der wärmenden Jacken- oder Manteltasche versenken. Doch diese Option haben Radfahrer nicht, ihre Hände gehören an den Lenker, was sie dort in eine exponierte Position rückt. Weil sie bei Fahrradunfällen zu den am häufigsten verletzten Körperteilen gehören, bieten sich zum Schutz vor Verletzungen Fahrradhandschuhe an – nicht nur bei beißendem Fahrwind, sondern zu jeder Jahreszeit.
Eine Botschaft zu Beginn: Die eierlegende Wollmilchsau gibt es auch unter der Handbekleidung für Biker nicht. Die Modellvielfalt ist so groß wie die Bandbreite der Einsatzzwecke und die klimatischen Bedingungen vielfältig: Sportliche Radfahrer haben andere Ansprüche als Genussradler, der Aufpreis für wasser- und winddichte Handschuhe lohnt für Ganzjahrespendler mehr als für Gelegenheitsfahrer im Sommer. Es gibt spezielle Modelle für Kinder.
Was man aber grundsätzlich sagen kann: Wer das ganze Jahr über angemessen versorgt sein möchte, sollte in mindestens zwei Paar investieren: gut belüftete Sommer- und gut isolierende Winterhandschuhe.
Die Schutzfunktion
Reflexartig fangen sich Menschen mit den Händen ab, wenn sie fallen. Das ist bei Fahrradstürzen nicht anders. Um Abschürfungen und Wunden durch Steinchen auf der Gravelpiste oder rauen Asphalt auf dem Radweg vorzubeugen, ist eine Extraschicht an den Handballen von großem Vorteil. Aber auch vor Schwielen und Blasen bei längeren Touren können Handschuhe schützen. Oft sind sie an der Handinnenfläche auch zur Steigerung des Komforts gepolstert. Gel- oder Schaumstofflagen mildern Stöße und Vibrationen ab, die vom Untergrund herrühren. Allerdings sollte diese Funktion nicht überschätzt werden, denn die meiste Arbeit als Schock-Absorber leisten Federgabeln und Reifen, wenn diese nicht zu prall aufgepumpt sind. Der Dämpfungseffekt ist jedoch prinzipiell gegeben, und zwar je mehr Körpergewicht auf Händen und Handgelenken lastet. Das ist beim sportlichen Fahrradfahren mit gebückter Haltung des Oberköpers eher der Fall als beim Brötchenholen auf dem Hollandrad mit durchgedrücktem Rücken.
![Manche bieten besonderen Grip](/sites/default/files/inline-images/06_2024_Technik__Fahrrad_Handschuhe_002.jpg)
In puncto Sicherheit ist andererseits auch der Schutz vor Kälte nicht unerheblich: Denn wenn die ausgekühlten Finger steif werden, leidet die sogenannte Taktilität der Hände, Schalt- und Bremshebel können nicht mehr mit der gewohnten Treffsicherheit bedient werden. Wenn der Tastsinn leidet, kann das gefährliche Fahrsituationen heraufbeschwören. Gleiches droht, wenn die Hände einschlafen, also Nerven und Blutbahnen beeinträchtigt, „abgequetscht“ werden. Auch hier können Handschuhe vorbeugend wirken.
Die Passform
Damit beim Lenken und Bremsen alles prima läuft, sollten Handschuhe daher perfekt sitzen, dabei ist aber die Bewegungsfreiheit der Finger wichtig. Schlagen die Handschuhe Falten an den Handinnenflächen, ist das ein Zeichen für schlechte Passform. Gute Radhandschuhe sind daher vorgebogen, also so geschnitten, als umfassten sie den Lenker allein schon. Im Idealfall verbessern die Handschuhe gegenüber der nackten Hand auch den Halt am Griff – der Grip leidet oft, wenn die Hände schwitzen. Dazu ist die Innenfläche rutschfest gestaltet, etwa durch kleine Silikon-Noppen.
Das Material
Grip ist nicht nur ein Reifen-, sondern auch ein Handschuhthema. Die Lenkergriffe sollen allzeit festzuhalten sein. Gut ist in dem Zusammenhang, wenn das Material den Schweiß nach außen transportiert. Oft ist die Handbekleidung für Radler daher aus Elasthan oder Polyamid gefertigt, auch Leder ist atmungsaktiv. Die schnell trocknenden Synthetik-Materialien haben aber den Vorteil, dass sie auf Touren auch mal ausgewaschen werden können und über Nacht trocknen. Gegen Hitzestau im Handschuh hilft es zudem, wenn die Handoberseite aus Netzgewebe gefertigt ist – auch Mesh-Material genannt. Für Belüftung sorgen alternativ kleine Löcher, Perforation genannt.
![Als Alternative gibt es auch sogenannte Lenkerstulpen, die fest am Lenker installiert sind](/sites/default/files/inline-images/06_2024_Technik__Fahrrad_Handschuhe_003.jpg)
Um die Hitze abzuwehren, hilft auch die Farbwahl: Schwarz zieht die Sonne an, hellere Töne reflektieren ihre Strahlen. Damit man sich während der Fahrt den Schweiß auch mal von der Stirn wischen kann, haben manche Modelle eine Art Schweißband-Funktion: kleine Frottee-Stoffeinlagen am Handgelenk. Wer noch auf braune Haut steht oder zumindest einen einheitlichen Teint ohne allzu weiße Hände behalten will, kann zu Modellen mit durchbräunendem Gewebe greifen wie sie Hersteller wie Roeckl oder KinetiXx anbieten.
Ganze oder halbe Finger
Während im Sommer viele Radler, Rennradfahrer auch aus Gewichtsgründen, Handschuhe mit halben Fingern bevorzugen, setzen Mountainbiker auf Langfinger-Modelle, um die Hände komplett auch vor peitschenden oder gar dornigen Zweigen zu schützen. Zudem haben manche Sportler ein besseres Gefühl fürs Lenken über Stock und Stein, wenn die dämpfende Schicht nicht zu dick ist. Wenn direkte Rückmeldung aus dem Lenker gefragt ist, sollten es besonders dünn gearbeitete Modelle sein. Wer es noch spezieller braucht, der greift zu Hybrid-Handschuhen: Diese haben drei lange Finger zum Schalten und Bremsen und zwei kurze Finger gegen unangenehmen Hitzestau.
Der Kälteschutz
Jetzt im Winter ist die Kälte die Herausforderung. Wer einmal mit ausgekühlten Gliedmaßen lange Strecken bewältigen musste, kennt den Schmerz und die Gefühllosigkeit in den Fingern. Auf was man auf jeden Fall nicht zurückgreifen sollte, sind Fäustlinge. Sie behindern das Schalten und Bremsen. Auch hier gibt es Spezial-Modelle, Lobster-Handschuh genannt: Sie packen Daumen und Zeigefinger einzeln ein und die restlichen Finger zusammen. Für knackig-kalte Verhältnisse gibt es auch Lenkerstulpen, die am Lenker festgemacht werden. Man schlüpft mit der nackten Hand hinein. Hersteller werben, dass man so auch seine Handschuhe nicht mehr irgendwo liegen lasse, weil man sie nicht mehr benötige. Vielleicht ein bisschen kurz gedacht, da die Finger auch jenseits des Fahrradlenkers frieren können.
![Ideal ist, wenn Handschuhe schützen, aber nicht den Bedienkomfort behindern](/sites/default/files/inline-images/06_2024_Technik__Fahrrad_Handschuhe_004.jpg)
Gängig im Kampf gegen die niedrigen Temperaturen aber sind ohnehin Thermo-Handschuhe mit fünf Fingern. Wer auch in der raueren Jahreshälfte gut durch Wind und Wetter kommen möchte, achtet darauf, dass sie wind- und wasserdicht oder wasserabweisend sind. Zumindest bei einem Schauer nässen auch solche Modelle in der Regel nicht gleich durch. Wärmende Eigenschaften besitzen Primaloft-Lagen oder isolierende Membranen. Innen sind die Modelle idealerweise mit feinem Fleece versehen.
Wer auch verhindern möchte, dass die Kälte von oben in den Handschuh kriecht, achtet darauf, dass er wie eine Stulpe eng, aber ohne einzuschnüren am Handgelenk anliegt und bis über den Jackenärmel hinaufreicht. Zu kurz darf ein Winterfahrradhandschuh nicht sein. Für guten Halt sorgt wie bei den Sommermodellen am Abschluss ein elastisches Band oder ein Klettverschluss. Die Wintermodelle besitzen zudem oft vorgekrümmte Finger, um den Bedienkomfort durch das dickere Gewebe möglichst wenig zu beeinflussen.
Die richtige Größe
Dass Fahrradhandschuhe optimal sitzen müssen, hatten wir schon erwähnt. Bei solchen für die kalte Jahreszeit kann schlechter Sitz für vorzeitiges Auskühlen sorgen – dann, wenn die Finger anstoßen etwa, weil dort die zusätzlich isolierende Luftschicht fehlt. Um die richtige Größe herauszufinden, ist ausgiebiges Anprobieren und möglichst auch Ausprobieren wichtig, und es helfen die Größentabellen der Hersteller weiter. Dort werden die Größen dem Handumfang zugeordnet, die man mit einem Maßband ermittelt. Gemessen wird dieser an der breitesten Stelle der Hand unterhalb der Finger.
![Beim Mountainbiking müssen Handschuhe gegen Kälte und Stürze schützen](/sites/default/files/inline-images/06_2024_Technik__Fahrrad_Handschuhe_005.jpg)
Die Extras
Auch manche Sonderausstattung am Fahrradhandschuh kann Sinn ergeben: Länger halten sie durch, wenn das Material in besonders beanspruchten Bereichen wie der Daumenbeuge extra robust gestaltet ist. Das Äquivalent zur Zip-Hose sind Handschuhe mit abnehmbaren Fingerkuppen. Billighandschuhe haben oft keine Flachnähte, die dem Scheuern auf der Haut vorbeugen – was vor allem bei Schweißbildung droht. Kleben die Handschuhe an der Hand, sind Laschen oder Schlaufen von Vorteil, die ein Umkrempeln beim Ausziehen verhindern. Bei Dunkelheit sorgen Reflektor-Elemente für mehr Sichtbarkeit.
Für Nerds und Normalos
Mehr eine Spielerei sind akkubetriebene beleuchtete Handschuhe mit Blinkfunktion oder beheizbare Modelle, wie sie schon auf den Markt geworfen wurden. Relevanter ist da schon die Touchscreen-Fähigkeit, mit der viele Hersteller werben. Dazu sind die Fingerspitzen so gemacht, dass sie ein Bedienen des Smartphones auch mit Handschuhen ermöglichen. Das funktioniert modellabhängig mal besser, mal schlechter, ist aber zumindest marketingtechnisch eine brillante Idee. Denn das Handy ist für viele Menschen aus keiner Lebenslage mehr wegzudenken – auch nicht auf dem Fahrradsattel.
Ebenfalls nicht unter den Teppich gekehrt werden sollte das Thema Nachhaltigkeit: Hier können Kunden auf eine möglichst hohe Recyclingquote der verarbeiteten Materialien sowie pflanzenbasierte und nachwachsende Rohstoffe in der Produktion setzen.