Nur etwa jeder zehnte Fahrraddiebstahl wird aufgeklärt. Da lohnt es, das eigene Bike richtig anzuketten. Doch welche Art Schloss soll es sein? Diese Frage sollte man austarieren – denn die Anforderungen variieren. Ein Ratgeber.
Der Fummler aus James Bond, Q, hätte es sich nicht besser einfallen lassen können: ein Schloss, dem Reizgas entströmt, sobald sich ein Panzerknacker an ihm zu schaffen macht. Das Gas soll Brechreiz auslösen und Diebe in die Flucht schlagen. Das Skunklock ist ein wohl eher unkonventioneller Ansatz – Nachahmer hat der Hersteller des „Stinktier“-Schlosses bislang offenbar nicht gefunden. Was nicht heißt, dass man sein Fahrrad nicht kenntnis- und ideenreich gegen Diebstahl sichern sollte. Denn: Die Arten- und Produktvielfalt ist so immens wie die Preisspanne breit. Es gibt qualitativ gute, und es gibt schlechte Schlösser, wie Produkttests immer wieder zeigen. Da ist bombenfeste Orientierung gefragt.
Der Bedarf, sein Fahrrad angemessen zu sichern, ist größer denn je. Mit E-Bikes der jüngeren Generationen nennen Fahrer Bikes im Wert von oft mehreren Tausend Euro ihr Eigen. Und hält man sich zudem vor Augen, dass ungefähr alle 90 Sekunden in Deutschland ein Fahrrad gestohlen wird, die jährliche Aufklärungsquote von einschlägigen Diebstählen um die zehn Prozent pendelt, der jährliche Schaden nach Schätzung des Gesamtverbands der Versicherer (GDV) 2021 bei 110 Millionen Euro lag oder man sogar selbst schon Geschädigter war, leuchtet das Sichern des guten alten Drahtesels ohnehin ein.
Auch Sättel und Räder sichern
Es gibt ein paar Grundregeln, die immer gelten: Ein Fahrrad sollte möglichst an- und nicht nur abgeschlossen werden. Und zwar immer. Das Schloss anzulegen sollte eine Routine sein, die man nicht hinterfragt. Ansonsten kann das Fahrrad einfach weggetragen und das Schloss später in aller Seelenruhe geknackt werden. Nur, wenn das Bike sehr schwer ist, wie die manchmal an die 40 Kilo heranreichenden Lastenfahrräder, kann Abschließen in Ausnahmefällen ausreichenden Schutz bieten – zum Beispiel beim kurzen Halt vorm Bäcker. Aber schon in unbeobachteten Hinterhöfen – zumal, wenn sie dort über Nacht stehen, gehören auch solche Räder an einen festen Gegenstand angeschlossen.
Dabei gilt Regel Nummer zwei: Der Konterpart sollte so robust sein wie das Schloss selbst. Ansonsten verschenkt man sozusagen dessen Potenzial. Heißt: Ein gehärtetes Bügelschloss um den Draht eines Zaunes zu legen, bringt wenig. Dieser lässt sich leicht durchknipsen. Ein weiterer Tipp ist, das Schloss möglichst hoch am Bike anzubringen, zum Beispiel dem Oberrohr. So können Langfinger zum einen nicht gebückt und damit in gewisser Deckung agieren. Zum anderen können sie so den Boden kaum nutzen, um sich dort mit Gerätschaften wie Bolzenschneidern, Trennschleifern, Wagenhebern oder sonstigen Gerätschaften abzustützen, um das Schloss je nach Bauart irgendwie zu durchtrennen, aufzuhebeln oder zum Bersten zu bringen.
Apropos Bauart: Oft sind Diebe auf bestimmte Schlösser oder Schlösser eines Herstellers spezialisiert und haben entsprechendes Werkzeug dabei. Wer zwei verschiedenartige Systeme nutzt, etwa ein Bügel- in Kombination mit einem Kettenschloss, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Langfinger zum nächsten Rad weiterziehen, das sich einfacher entwenden lässt. Die Mischung macht’s – auch beim Thema Fahrradschloss.
Nicht vergessen: Auch die Komponenten gehören geschützt. Oft sind zum Beispiel Sattel oder Laufräder nur mit Schnellspannern oder leicht zu lösenden Schrauben montiert – praktisch für Höhenverstellung und Reparatur, unpraktisch in puncto Diebstahlschutz. Solche Teile lassen sich mit Kabelschlössern oder Schlossschlaufen zusätzlich sichern. Auch Fahrradhelme, die man nicht bei jedem Halt am Ärmel baumelnd mitschleppen möchte, lassen sich mit einfädeln.
Zu den sichersten Schlössern zählen dicke Kettenschlösser. Problem: Diese wiegen mit bis zu fünf Kilo manchmal fast so viel wie ein zu schützendes Bike, wenn es sich etwa um ein hochwertiges Rennrad handelt. Aber auch anderweitig nervt das Herumtragen. Hier kann es sich anbieten, das Schloss an einem Ort dauerhaft zu hinterlassen, an dem man sein Bike immer wieder parkt: beispielsweise an einer Abstellanlage auf der Arbeit.
Die Produktvielfalt ist mal wieder zum Umhauen. Ein Blick auf die Wand mit Fahrradschlössern im gut sortierten Fachhandel stiftet Verwirrung. Ordnen wir also die Kategorien der mechanischen Sicherungssysteme einmal ein. Es gibt Kettenschlösser, Bügelschlösser, Faltschlösser und Rahmenschlösser. Letztere waren früher an fast jedem Tourenrad zu finden und erleben aufgrund der Gewichtszunahme von Fahrrädern im Zuge von E- und Cargo-Boom ein kleines Revival.
Rahmenschlösser
... sind fest mit dem Rahmen verbunden – oft an Gabel oder Sitzstreben – und haben einen Metallring, der als eine Art Wegfahrsperre durch die Speichen geschoben wird. Vorteil: Das Schloss ist immer dabei. Nachteil: Das Rad lässt sich mit ihnen nicht anschließen. Deshalb bieten manche Hersteller Modelle mit Anschlussketten an. Diese lassen sich in das Rahmenschloss einklicken. Vor allem in Verbindung mit E-Bikes funktionieren manche nach dem Prinzip „Gleichschließung“: Der Schlüssel passt nicht nur ins Schloss, sondern auch in den Schließzylinder der Akkusicherung.
Kettenschlösser
... genauer: Kettengliederschlösser, gelten je nach Sicherheitsklasse als eine ziemlich sichere Sache. Sie sind in der Regel mit einem Textilmaterial überzogen, um den Fahrradrahmen vor Kratzern zu schützen, und haben vor allem den Vorteil, dass sie flexibel sind, wenn es darum geht, das Schloss um einen Laternenpfahl oder Ähnliches zu legen. Ein Vorteil gegenüber den noch sichereren Bügelschlössern, die dagegen bei vergleichbarer Qualität meist leichter sind.
Bügelschlösser
... besitzen einen starren Bügel aus gehärtetem Stahl, dem man wohl allein mit einem Schweißgerät etwas anhaben könnte – für flinke Diebe unpraktikabel. Aber auch den Schließzylinder zu knacken dürfte in vielen Fällen zu zeitaufwendig sein.
Faltschlösser
... bestehen aus gehärteten Metallelementen und lassen sich ähnlich einem Zollstock ausklappen und ebenso kompakt wieder zusammenlegen. Die Form bringt Vorteile für den Transport, oft fahren Faltschlösser in Rahmenhalterungen platzsparend mit, ohne beim Pedalieren zu stören. Beim Anschließen sind sie deutlich flexibler als Bügelschlösser, reichen hier an Kettenschlösser aber nicht heran.
Kabelschlösser
... gelten als die am wenigsten verlässlichen Schlösser-Art. Dünnere Vertreter, oft in Spiralform, sind auch im Nu mit einem Bolzenschneider durchtrennt. Es gibt aber auch hochwertigere Produkte mit Panzerkabel, die sich als vergleichsweise zäh erweisen und sich für Situationen eignen, in denen Fahrräder tagsüber nur kurz gesichert werden müssen. Beim Abholen der Kinder, beim Brötchenholen, vor der Postfiliale. Doch grundsätzlich sollten Kabelschlösser nur in Kombination mit einem anderen Schloss genutzt werden.
Der Preis variiert je nach Bauart und Sicherheitsklasse stark. Früher galt die Faustregel, ein gutes Fahrradschloss müsse in etwa ein Zehntel des Neupreises des zu sichernden Bikes ausmachen. Diese gilt angesichts heute nicht selten mehrere Tausend Euro teurer Pedelecs nicht mehr. Doch von Billigware aus dem Baumarkt sollte man selbstredend immer noch Abstand nehmen. Die Stiftung Warentest nahm Anfang des Jahres Fahrradschlösser zum Preis von 36 bis 200 Euro unter die Lupe und kam zum Ergebnis, dass allerdings auch günstigere Schlösser überzeugen können. Mit „gut“ wurden zwei Schlösser bewertet, die je 58 Euro kosten: das Kryptonite Keeper 785, eine Kettenvariante, und das Trelock U4 Plus, ein Bügelschloss. Das Magazin gibt den Tipp, Schlossmodelle im Netz zu vergleichen, die Preisspannen sind groß.
Als sicherstes Modell ging aus dem Test das Bügelschloss Kryptonite New York Lock M18-WL (2,8 kg) für 170 Euro hervor, unter den Kettenschlössern räumte das mit 1,3 Kilo recht leichte Kryptonite Keeper 785 für 58 Euro ab. Als gut erwies sich auch das Axa Newton Promoto+ 2 100/9 für 66 Euro (2,4 kg). Unter den Faltschlössern schnitten die Modelle Kryptonite Keeper 510 Folding Lock für 89 Euro und das Trelock FS 380 Trigo für 90 Euro gut ab.
Klärungsbedarf gibt es bei den Sicherheitsklassen. Diese bieten zwar Orientierung, aber nur im Vergleich von Schlössern ein und desselben Herstellers. Ein herstellerübergreifendes Bewertungssystem existiert nicht. Die VdS Schadenverhütung GmbH vergibt aber das „VdS“-Siegel (Vertrauen durch Sicherheit), auch der ADFC setzt Prüfsiegel auf Fahrradschlösser. Sind Produkte mit ihnen versehen, kann man von Qualität ausgehen.
Vor Korrosion sind Fahrradschlösser prinzipiell geschützt, aber nicht immer perfekt. Um Rost vorzubeugen, sollte man Schlösser nicht mit dem Schließzylinder beziehungsweise -loch nach oben hinterlassen. Bei Regen gelangt ansonsten Wasser ins Innere. Ist eine Schutzkappe vorhanden, sollte diese gewissenhaft genutzt werden. Gelangen letztlich doch Feuchtigkeit oder auch Staub und Salzreste in den filigranen Schließmechanismus, fördert das den Verschleiß. Es passiert immer wieder, dass es beim Schlüsselumdrehen irgendwann knirscht oder sich das Schloss nur unter Kraft öffnen lässt.
Für die regelmäßige Pflege gibt es spezielle Schlosspflegeprodukte im Fachhandel, die laut Stiftung Warentest dazu dienen, die empfindliche Mechanik fettfrei zu schmieren. Auch universale Schlosssprays sollten genügen. Damit sich Schmiermittel gut verteilen, schließt man das Schloss nach der Behandlung am besten mehrmals auf und zu.