Hitzetote, Brände und Ernteausfälle sind mittlerweile auch Teil der Lebensrealität von Menschen in Deutschland und Europa. Die Temperaturen klettern jeden Sommer weiter in die Höhe und die Klimapolitik kommt nicht hinterher. Schaffen wir es, uns an die Hitze anzupassen?
Kohlrabenschwarz liegen die abgebrannten Felder des ansonsten gold-gelben Ackers unter den Rauchschwaden auf einer landwirtschaftlichen Fläche im südlichen Brandenburg. Eine Strohballenpresse war in Brand geraten und bald standen 20 Hektar des vertrockneten Ackers in Flammen. Wenig Niederschlag, trockene Böden und viel Wind – ein Funke reicht und alles brennt.
Nicht nur Felder glühen, sondern auch Wälder. Und das nicht nur in Brandenburg, sondern in ganz Europa. Derzeit kosten Brände in Griechenland, Kroatien, Italien und Portugal Menschen ihr Zuhause oder sogar ihr Leben. In gewissen Gegenden gehört das leider zur Lebensrealität vieler, vor allem in den Sommermonaten, beispielsweise in Kalifornien oder Australien. Seit einigen Jahren gilt das auch für Bewohnerinnen und Bewohner des Mittelmeerraums. Dort häufen sich Brände in einem Ausmaß, wie es vor ein paar Jahren noch nicht der Fall war.
Die vermehrt auftretenden und immer länger anhaltenden Hitze- und Dürrephasen machen es möglich, dass ein kleiner Funke – und sei er noch so unbeabsichtigt – ein unkontrollierbares Feuer auslöst. Zwar entstehen laut Brandexpertinnen und -experten die meisten Brände durch Menschenhand oder den menschlichen Eingriff in die Natur. Allerdings breiten sie sich deshalb so rasend schnell aus, weil vom Weizenkorn bis zum letzten Grashalm alles völlig ausgetrocknet ist. In den Sommermonaten bleiben Niederschläge zunehmend aus, sodass die Böden kein Wasser mehr speichern. Und das, was in den Wintermonaten vom Himmel fällt, reicht nicht aus, damit die Böden ihre Wasserspeicher wieder auffüllen können. Und so brennen jährlich nicht nur in Australien Bäume, sondern mittlerweile auch in Brandenburg.
Juli 2023 heißester Monat seit 1881
Mit jedem Baum, der abbrennt, gelangt noch mehr CO2 in die Atmosphäre. Dadurch wird es noch heißer. Laut dem europäischen Erdbeobachtungsprogramm „Copernicus“ und der Weltorganisation für Meteorologie war der Juli 2023 der heißeste Monat seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen 1881. Der Sommer 2022 gehört laut Deutschem Wetterdienst neben 2018, 2019 und dem Spitzenreiter 2003, zu den vier wärmsten Sommern. Seit den 1970ern ist jedes Jahrzehnt in Deutschland wärmer gewesen als das vorherige. Mit Blick auf aktuelle klimapolitische Maßnahmen ist es laut dem „Sechsten IPCC-Klimabericht“ wahrscheinlich, dass die Erderwärmung im Laufe des 21. Jahrhunderts 1,5 Grad überschreitet. Nach Einschätzung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) steuert die Welt um genau zu sein auf 2,7 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts zu. Die Konsequenzen sind bekannt.
Das hört sich nicht nur schrecklich an, denn laut den Forschenden des IPCC-Klimaberichts wird „jede noch so kleine Zunahme der globalen Erwärmung multiple und gleichzeitig auftretende Gefahren verstärken“. Mehrere Studien belegen das – unter anderem die Studie von Naomi Oreskes zum Konsens der Klimaforschung, dass 97 Prozent der Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftler menschliche Aktivitäten als Hauptursache für die globale Erwärmung einstufen. Um die zu begrenzen, bräuchte es netto null CO2-Emissionen.
Langfristig gesehen muss sich also etwas ändern – das ist einer Mehrheit längst klar. Zwar gibt es Menschen im EU-Parlament und auch in der Ampel-Koalition, die unter Hochdruck daran arbeiten, überall dort CO2 einzusparen, wo es geht: allen voran im Gebäude-, Verkehrs- und Energiesektor. Trotzdem werden die Tage über 30 Grad mehr und die Zuversicht geringer. Warum also überhaupt noch etwas gegen den Klimawandel tun, wenn wir bereits von Anpassung sprechen?
Wetterextreme werden sich häufen
Es gibt politische Kräfte, die versuchen Klimaschutz und Klimafolgenanpassung gegeneinander auszuspielen, um nichts verändern zu müssen. Darin liegt jedoch ein logischer Fehler: Gerade weil schon jetzt die globale Erwärmung so deutlich zu spüren ist, muss der Mensch lernen, sich kurzfristig anzupassen. Genauso muss er aber versuchen, langfristig noch Schlimmeres zu vermeiden. Denn eine globale Erwärmung um vier Grad hätte ungleich verheerendere Folgen als 2,7 Grad.
Städte und Kommunen brauchen Hitzeschutzpläne und öffentliche Räume, in denen alle Abkühlung finden – auch diejenigen, die sich keine eigene Klimaanlage leisten können, geschweige denn ein gut isoliertes Haus. Die Landwirtschaft muss eine doppelte Transformation schaffen, mit weniger Pestiziden und mehr Resilienz. Denn Wetterextreme werden sich häufen – auch daran ist kurzfristig nichts zu ändern. Wälder müssen geschützt und Feuerwehrkräfte für den Ernstfall ausgebildet werden. Denn bei Hitze, Dürre und Wind brennt alles, egal ob feuchter Misch- oder trockener Kiefernwald.
Im Kontext der Klimakrise wird nach „kreativen und innovativen Lösungen“ gerufen. Vorstellen kann man sich darunter meistens wenig. Und doch treffen es diese Schlagworte auf den Punkt. Anpassung schafft da nur, wer kreativ denkt und bereit ist, über den Tellerrand hinauszublicken. Einige Menschen haben sich bereits auf den Weg gemacht. Viele werden ihnen hoffentlich folgen.