Länderspielpause. Zeit zum Durchschnaufen. Und zum Genießen. Die Tabellenführung kurz vor Ende der Hauptrunde gibt den Eisbären Berlin viel Aufschwung für die Play-off-Phase.
In Großbuchstaben und in knalligen Signalfarben warnten die Eisbären Berlin auf der Vereins-Internetseite ihre Fans. „Achtung + Attention“, stand dort mehrfach in einem Artikel zu einer „wichtigen Ticket-Information“ geschrieben. Man rate allen Anhängern eindringlich, „Tickets für die Eisbären-Heimspiele ausschließlich über unsere offiziellen Vorverkaufsstellen zu beziehen“, schrieb der Rekordmeister der Deutschen Eishockey Liga: „In vielen Fällen sind Eintrittskarten, welche auf dubiosen, offiziell wirkenden Internet-Portalen verkauft werden, gesperrt oder werden zu völlig überhöhten Preisen angeboten. Gleiches gilt für Schwarzmarkthändler rund um die Mercedes-Benz Arena.“ Keine Frage: Die Eisbären Berlin sind wieder eine große Nummer in der Sportstadt Berlin. Nach der katastrophalen Vorsaison mit dem peinlichen Verpassen der Play-offs ist der Club wieder dort angekommen, wo er nach dem eigenen Verständnis auch hingehört: an der Spitze. Die bislang so erfolgreiche Saison macht sich auch in den Zuschauerzahlen bemerkbar, die Arena am Ostbahnhof war bereits elfmal ausverkauft. Die bisherige Auslastung von 97 Prozent macht nicht nur Eigner Philip Anschutz froh, sondern auch das Team. Die Unterstützung von den Rängen ist immens, und der Funken springt jetzt auch wieder auf die Mannschaft auf dem Eis über.
„Eine große Nummer“
Im heiß umkämpften Prestigeduell gegen Mannheim trieben die 14.200 Zuschauer ihre Spieler immer wieder an, und die ließen die Fans nicht im Stich: Der 3:2-Sieg war „Eishockey auf höchstem Niveau“, wie nicht nur Siegtorschütze Frederik Tiffels hinterher meinte. Die Mannheimer hätten auch ihren Teil zum Spektakel beigetragen, lobte der Angreifer. Das sei aber keine Überraschung gewesen, schließlich seien sie seiner Meinung nach „die zweitbeste Mannschaft in der Liga“. Wen er für das Topteam hält, brauchte der Nationalspieler nicht zu erwähnen. Das ist auch in der Tabelle abzulesen. Dort behaupteten die Eisbären mit 89 Punkten nach 44 Spielen die Führung vor den Pinguins Bremerhaven (86). Die Straubing Tigers (78) haben als Dritter schon einen beachtlichen Rückstand auf das Spitzenduo.
Sechs Siege aus den letzten sieben Spielen haben die Stimmung mächtig verbessert, nachdem das Berliner Team Anfang des Jahres eine kleine Ergebniskrise durchgemacht hatte. Die Eisbären gingen also bestgelaunt in die Länderspielpause, in der sie vor allem regenerieren und sich für den Schlusssprint der Hauptrunde vorbereiten wollen. „Jetzt haben die Jungs die Gelegenheit, sich ein wenig für den Endspurt zu erholen“, sagte Trainer Serge Aubin und gönnte seinen Profis sechs freie Tage am Stück. Am 13. Februar geht es mit einem Auswärtsspiel bei den Schwenninger Wild Wings weiter. Der Tabellenfünfte ist mit Sicherheit keine leichte Aufgabe – doch aktuell sind die Berliner das Team das Maß der Dinge in der DEL.
Platz eins und damit das Heimrecht bis zum möglichen Finale in den Playoffs wollen die Eisbären in den restlichen acht Partien nicht mehr aus den Händen geben. Das Ziel ist klar, auch wenn es nicht so klar nach außen kommuniziert wird. Die Vorsaison mit Pleiten, Pech und Pannen hat die Berliner Demut gelernt. „Die Liga ist extrem ausgeglichen. Jeder Gegner ist schwer“, sagte Trainer Serge Aubin, der die Verfolger ausdrücklich lobte: „Bremerhaven und Straubing sind ein Beweis dafür. Sie stehen zu Recht oben in der Tabelle.“ Doch klar ist auch: Der Titel geht in dieser Saison wieder nur über die Eisbären. Aubins Chancen auf den dritten Meistertitel nach 2021 und 2022 stehen gut, und das weiß er auch. Denn die Kaderzusammenstellung und Teamchemie ist deutlich besser als im Vorjahr. „Wir haben eine Mannschaft, in der jeder seinen Teil zur Gesamtbilanz einbringt“, schwärmte Aubin: „Es wäre unfair von mir, einen Spieler herauszuheben.“
Gleich drei Auswärtsspiele
Der Vorsprung auf die Mannheimer, die als Titelkandidat erst spät in die Spur kamen und weiter um die Play-off-Teilnahme bangen müssen, beträgt sogar satte 24 Punkte. Doch ein Selbstläufer war das Spiel gegen den Dauerrivalen nicht. „Es ist nie ein einfaches Spiel gegen Mannheim – es ist immer sehr physisch, wenn diese zwei guten Teams aufeinandertreffen“, sagte Aubin, dem der 48. Sieg im 78. Duell gegen die Kurpfälzer große Hoffnungen für die anstehende K.-o.-Phase macht. „Für uns war es eine Gelegenheit, als Mannschaft weiter zusammenzuwachsen“, meinte Aubin, „weil es ein so enges Spiel war, in dem es auf jeden einzelnen ankam“. Zumal die verletzten Spieler Ty Ronning und Patrice Cormier erneut nicht auflaufen konnten.
Vor der Partie gegen Mannheim hatten die Eisbären drei Auswärtsspiele in Folge zu absolvieren, von denen sie immerhin zwei gewannen und sich beim 1:2 in Wolfsburg zumindest gut präsentierten. Doch die Zeit war intensiv für Kopf und Körper, zumal die Berliner aufgrund des Lokführerstreiks mitunter vom Zug auf den Bus umsteigen und längere Anfahrtszeiten in Kauf nehmen musste. „Wir waren jetzt fünf Tage unterwegs, immer wieder in verschiedenen Städten. Das schlaucht schon“, sagte Torhüter Jonas Stettmer: „Somit bin ich jetzt glücklich, mal wieder in meinem eigenen Bett zu schlafen.“ Gerade Stettmer, der sich als ein glänzender Back-up von Stammtorhüter Jake Hildebrandt präsentiert, schien das gutgetan zu haben. Der 22-Jährige überragte beim 3:1 in Düsseldorf mit starken Paraden und einer souveränen Ausstrahlung. „Das war ein Haufen harte Arbeit für uns“, sagte der Goalie später, „die Düsseldorfer haben uns wirklich alles abverlangt“.
Ein wichtiger Faktor für den Aufschwung des DEL-Rekordchampions in dieser Saison ist auch Yannick Veilleux. Der 30 Jahre alte Kanadier besticht nicht nur mit 27 Scorerpunkten (13 Tore, 14 Vorlagen) nach 42 Spielen, sondern vor allem mit seiner robusten und aggressiven Spielweise. Veilleux ackert, blockt und geht weite Wege, damit Edeltechniker wie Frederik Tiffels, Lean Bergmann und Tobias Eder mehr Freiräume zum Glänzen haben. Diese Arbeiter-Typen werden oftmals unterschätzt oder weniger wertgeschätzt – nicht aber bei Trainer Aubin. „Yannick bring immer sehr viel Energie aufs Eis“, sagte der Kanadier über seinen Landsmann: „Er ist ein sehr wichtiger Spieler.“ Und das soll er auch über die Saison hinaus bleiben, Medienberichten zufolge hat der Club den Vertrag mit dem Stürmer bereits verlängert. In der Regel kommuniziert der Verein so etwas am Saisonende. „Ich fühle mich in Berlin sehr wohl. Hier wird alles für die Spieler getan“, sagte Veilleux. Die Eisbären sind seine erste Station im europäischen Eishockey. 2011 war er von den St. Louis Blues an Position 102 gedraftet, in der Profiliga NHL blieb ihm der Durchbruch aber verwehrt. Er lief in Nordamerika fast ausschließlich in der unterklassigen AHL auf.
In der DEL ist Veilleux längst angekommen, auch das Leben in der Hauptstadt gefällt ihm sehr. Dabei hilft, dass er inzwischen besser Deutsch spricht – weil er sich beim Sprachunterricht nun noch mehr anstrengt. „Es geht dabei aber nicht nur um mich. Meine beiden Jungen Logen und Jordan besuchen die Kita. Dort wird natürlich deutsch gesprochen“, berichtete er: „Da ist es für mich wichtig, dass ich mich mit den Jungen auch ein bisschen auf Deutsch unterhalten kann.“ Auch sein Teamkollege Tiffels, der jahrelang in Nordamerika Eishockey gespielt hat, helfe ihm beim Lernen.