Das Weingut Ökonomierat Petgen-Dahm steht seit vielen Jahren für qualitativ hochwertige Weine und Sekte. Die nächste Generation möchte dafür sorgen, dass dies auch in Zukunft so bleibt.
In der großen Halle des Weinguts Ökonomierat Petgen-Dahm läuft die kleine Presse, die zum Keltern besonderer Spezialitäten verwandt wird, auf Hochtouren. Die Auxerrois-Trauben, die an diesem Tag bereits in den frühen Morgenstunden geerntet wurden, laufen gerade durch. Ralf Petgen entnimmt eine kleine Probe des ablaufenden Mosts und tröpfelt sie auf eine kleine Glasscheibe eines sogenannten Handrefraktormeters und jubelt: „Fantastisch, das wird wohl die erste Auslese der Saison. Das hätte ich nicht erwartet.“
Mit dem Gerät, das an ein kleines Fernrohr erinnert, lässt sich die Konzentration von in Flüssigkeit gelösten Stoffen messen. Beim Weinbau wird so der Zuckergehalt der Trauben bestimmt, der sogenannte Oechsle-Grad. Durch den Zucker im Most ändert sich die Lichtbrechung, und an der Skala des Refraktometers lässt sich das Mostgewicht in Grad Oechsle direkt ablesen. Der Blick durchs Okular zeigt: „91 Oechsle“, strahlt der Winzer zufrieden. „Aber der Wert geht noch weiter hoch. Der Vorlauf ist immer etwas niedriger.“
Der Oechsle-Grad ist die Maßeinheit für das Mostgewicht des unvergorenen Traubensafts. Kennt man den Zuckergehalt des Mosts, lassen sich daraus Rückschlüsse auf den zu erwartenden Alkoholgehalts des künftigen Weins machen. Beim Auxerrois auf der Presse wird dieser also vermutlich bei 12,5 bis 13 Volumenprozent Alkohol liegen.
Die Ernte fällt dieses Jahr üppig aus
Mit 18 Hektar Anbaufläche und einem Ertrag von 130.000 bis 180.000 Liter pro Jahr gehört das Weingut Petgen-Dahm zu den größten im Saarland mit einer großen Lagerung an Weinen. Mit einem guten Jahrgang ist der Winzer durchaus in der Lage, auch einmal fast zwei Jahre zu bedienen. Das gibt Rückhalt, wenn ein Jahrgang mal nicht so ertragreich wird. Zumal Petgen-Dahm seine Weine meist erst etwas später auf den Markt bringt, sie länger reifen lässt. „Man hat die Weine früher viel zu früh getrunken. Junge Weine verursachen eher Übelkeit und Kopfschmerzen, das sage ich jedem Kunden immer wieder“, betont der 66-Jährige. „Ein Wein muss mindestens ein Jahr auf der Flasche gelegen haben, besser zwei oder drei. Wir verkaufen jetzt ganz gern noch den 21er, haben sogar noch vom 20er ganz kleine Bestände in höheren Preiskategorien, die Premium- und Barriqueweine.“ Zudem spielt auch die Versektung eine nicht unerhebliche Rolle. Auch dort kann der Winzer auf 30.000 bis 40.000 Flaschen Sekt in seinem Depot zurückgreifen.
In der Menge der Ernte rechnet Ralf Petgen auch in diesem Jahr wieder mit einem Top-Jahr für seinen Betrieb, wenngleich er von der Qualität von einem normalen Jahr ausgeht. Im vergangenen Jahr wurden die Winzer von der Sonne verwöhnt und hatten völlig gesundes Erntegut, sodass die 22er-Trinkweine fast alle Auslesequalität hatten. „Dieser mediterrane Touch, den der 2022er und der 2020er hatten, also extrem viel Sonne und Säure total reduziert, wird in diesem Jahr nicht zu finden sein.“ Dennoch ist Petgen zuversichtlich: „Man soll einen Jahrgang nie beurteilen, bevor er abgeschlossen ist. Wir hatten viel Sonne nach dem Regen im August. Das konzentriert im Moment noch. Das längere Hängenlassen wird dem Riesling auf jeden Fall zugutekommen.“ Da haben wir so gut wie keine Fäulnis im Moment.“ Dafür musste er seinen Grauburgunder in diesem Jahr außergewöhnlich früh reinholen, da durch den Regen die Trauben sehr prall und reif waren und zum Teil früh aufgeplatzt sind.
Qualität trotz viel Regens teils sehr hoch
Lange hatten die Winzer Regen herbeigesehnt. „Die Sonneneinstrahlung war während des Monats Juli zu intensiv, die Trauben hatten entsprechend nach Wasser gelechzt“, erzählt der Winzer. „Wir mussten Junganlangen sogar künstlich bewässern, weil zu wenig Wasser in den Boden kam. Aber dann kam es wirklich massiv. Teilweise zu massiv, drei Wochen lang. Mit einer Woche wäre es getan gewesen. Das war zwar ideal für Natur und Flüsse und den Grundwasserspiegel, aber die Trauben sind teilweise etwas schnell gewachsen.“ Als Folge sind die Grauburgunder-Trauben extrem groß geworden und aufgeplatzt, was zu einer Fäulnisbildung geführt hat. Glücklicherweise hatte sich keine Essigsäure gebildet, und die anschließende Spätsommersonne hat für eine Eintrocknung und damit sogar noch für einen positiven Effekt gesorgt. „Die Extrakte des Weines gehen hoch, und es entstehen rosinenartige Aromen, gerade beim Grauburgunder.“
Die Beerenhaut der Auxerrois-Trauben scheint stabiler. Diese Ernte hat der Winzer sehr gesund auf die Kelter gebracht. In der Halle liegt der Geruch von frischen, zitrusartigen Noten. Nach etwa dreieinhalb Stunden ist die Presse fertig, und die Trauben sind restlos ausgepresst. Kontrollieren lässt sich das am Trester, der nach der Pressung übrig bleibt. Dieser ist tatsächlich nahezu komplett trocken, hat keinerlei Flüssigkeit mehr in sich und wird später als Dünger eine neue Verwendung finden. Der ausgepresste Most ist derweil über Schläuche für die nächsten zwölf bis 24 Stunden in einen Stahltank im Nachbarraum gepumpt worden und wird dort wegen der hohen Spätsommertemperaturen leicht gekühlt. „Wenn es zu warm ist, sedimentiert der Most nicht, setzt sich also nicht ab“, erklärt der 66-Jährige. „Hat sich der Most abgesetzt, wird der klare Wein vom Sediment abgezogen und der Trub wird anschließend filtriert. Danach wird die gesamte Weinpartie im Keller eingelagert“, ergänzt Katharina Petgen.
Die 21-Jährige ist das jüngste der drei Petgen-Kinder. Sie hat nach dem Abitur eine zweijährige Ausbildung im elterlichen Betrieb gerade abgeschlossen. Im Oktober beginnt sie ein Studium in Weinbau und Önologie an der Hochschule in Geisenheim. Doch schon jetzt ist sie überall tätig. Zusammen mit ihrem Vater, wie sie betont, ob im Weinberg oder im Keller. „Ich möchte in diesem Jahr meinen ersten eigenen Wein ausbauen“, erzählt sie. „Und zwar komplett von der Lese bis zum Ausbau im Keller.“ Ein Grauburgunder soll es werden.
Anfangs war sie sich nicht sicher, ob sie in den elterlichen Betrieb würde einsteigen wollen. Ihr Bruder Max hatte ursprünglich Ambitionen, absolviert aber mittlerweile die Polizeihochschule in Rheinland-Pfalz, und ihre ältere Schwester Lisa arbeitet als Investment-Bankerin. „Klar hatte ich von klein auf immer alles mitbekommen, aber eigentlich war ich nur in den Ferien mit im Weinberg. Vom Drumherum hatte ich nicht so viel mitbekommen“, betont Katharina. Es ist immer schwer, wenn das berechtigte Interesse der Eltern, die Nachfolge des eigenen Betriebs geregelt zu wissen, auf die eigene Lebensplanung der Kinder trifft, die vielleicht ganz anders aussieht.
„Muss sich zwingen, sich zu distanzieren“
„Das Interesse meinerseits war schon da, ich hatte das Thema Weinbau immer im Hinterkopf.“ Bevor sie sich aber wirklich in ein entsprechendes Studium stürzte, wollte sie erst einmal den Alltag ganz genau kennenlernen und entschloss sich zu einer Ausbildung, die sie wegen ihres Abiturs auf zwei Jahre verkürzen konnte. „Das erste halbe Jahr war ich tatsächlich unsicher, ob das für mich passt“, erzählt die 21-Jährige. „Da prasselt so viel Neues auf einmal auf mich ein. Im zweiten Jahr aber habe ich immer mehr Spaß daran gefunden.“ Was auch den Papa freut der stolz erzählt: „Sie macht das wirklich ganz toll. Sie wird immer fitter, und darüber freue ich mich extrem.“ Vor allem der Umgang der Tochter mit den schweren und keineswegs ungefährlichen Maschinen begeistert Vater und Mutter gleichermaßen. „Ob Erntewagen oder den Traubenwagen, den Laubbinder oder Schneidgeräte –
wir haben jede Menge technischer Dinge, und sie beherrscht wirklich alles. Und das sind zum Teil hochgefährliche Geräte, wo vieles schiefgehen kann“, betonen Vater Ralf und Mutter Brigitte.
Unglücklich, dass die Tochter erst in ein paar Jahren nach dem Studium voll in den Betrieb einsteigen wird, ist Ralf Petgen anderseits auch nicht, wie er offen zugibt: „Wenn man etwas über Jahrzehnte macht und so mit einem Betrieb verwachsen ist, dann kann man fast nicht teilen. Das ist so. Man muss sich zwingen, sich zu distanzieren.“ Auch mit seinen 66 Jahren ist er tagtäglich stark gefordert. Andererseits weiß er: „Natürlich wird man älter und man will den Betrieb in seinem Sinne weiterentwickelt sehen, während die jungen Leute das unter Umständen vielleicht ganz anders anpacken. Damit klarzukommen fällt einem erst mal ganz schön schwer.“ Andererseits ist er fasziniert über den Umgang der Generation seiner Tochter mit den neuen Medien und den Möglichkeiten für den eigenen Betrieb. „Das Handy ist immer dabei, da wird fotografiert und gefilmt und anschließend bei Instagram, Facebook und Co. eingestellt.“ Dennoch ist er überzeugt, dass es „keine schmerzfreie Prozedur werden wird, einmal komplett loszulassen“, wie Ralf Petgen sagt. „Wir machen das sicher noch eine ganze Zeit lang zusammen. Drei, vier Jahre, bis über die 70, muss ich noch hinkriegen. Aber ganz ehrlich: Am liebsten würde man es weit übers Diesseits hinaus machen“, sagt Ralf Petgen und lacht. Einmal Winzer, immer Winzer.