Die Landeshauptstadt Saarbrücken muss sich im Wettbewerb behaupten. An Baustellen mangelt es nicht, aber auch nicht an Chancen.
Von der magischen 200.000-Einwohner Grenze ist Saarbrücken zwar noch deutlich entfernt, Knapp 181.000 Einwohner zählte die Landeshauptstadt zum Jahresende 2017. Damit lebt knapp ein Fünftel der saarländischen Bevölkerung im Zentrum der Großregion zwischen Metz, Luxemburg, Trier und Kaiserslautern.
Mit einem Anteil von 17,4 Prozent Nichtdeutschen ist die Stadt die internationalste Kommune. Als erfreuliche Entwicklung darf die Stadt einen positiven Trend bei den Zuwanderungen registrieren. Das Statistische Landesamt vermeldet für 2017 insgesamt etwas über 13.000 Zuzüge gegenüber knapp über 11.000 Wegzügen. Weil gleichzeitig die Zahl der Verstorbenen größer ist als die der Geburten, ergibt sich im Saldo ein Plus von etwas über 1.400 Einwohnern und damit eine Entwicklung gegen den landesweiten Trend.
Spitzenreiter ist die Landeshauptstadt aber auch in einem Feld, das wenig Anlass zur Freude bietet. Die Stadt hat über eine Milliarde Schulden, umgerechnet damit 5.873 Euro pro Einwohner. Immerhin ist ein dauerhaft ausgeglichener Haushalt greifbar nah. Für 2017 vermeldete die Oberbürgermeisterin beim Neujahrsempfang zum Jahresbeginn einen Überschuss von zehn Millionen Euro. Anfang des Jahrzehnts hatte das jährliche Defizit noch zwischen 80 und 90 Millionen Euro gelegen. Binnen eines Jahrzehnts ist die Zahl sozialversichungspflichtiger Arbeitsplätze um rund 10.000 auf aktuell über 110.000 gestiegen.
Weichenstellung gefordert
Mit der drückenden Schuldenlast steht Saarbrücken nicht allein. 70 Städte mit ähnlicher Situation haben sich im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte" zusammengeschlossen. Saarbrückens Bürgermeister Ralf Latz ist einer der beiden Sprecher. Das Bündnis verweist auf die Belastungen durch „Gesetze zum Aufbau unseres Sozialstaates". Weil der Bund für Sozialgesetze zuständig ist, müsse er die Verantwortung dafür mitübernehmen. Langfristig müsse es eine Lösung für die Altschulden geben, um „die vom Grundgesetz geforderten gleichwertigen Lebensverhältnisse wiederherzustellen", forderte das Bündnis im Februar.
An Großbaustellen und Herausforderungen mangelt es in der Landeshauptstadt nicht. Stadion, Messezentrum, Entwicklung der HTW sind nur einige Stichworte. Dauerbaustellen sind außerdem bezahlbarer Wohnraum und die Verkehrspolitik. Die Ansiedlung von Helmholtz/Cispa stellt die Stadt vor gestalterische Aufgaben. Die avisierte Zahl internationaler Forscher erwartet ein adäquates Umfeld. Das beginnt mit internationalen Bildungseinrichtungen (Kita, Schule), geht über ein angemessenes Wohnumfeld zu einem attraktiven kulturellen Angebot. Eine Chance für die Stadt zu neuen Entwicklungen, die in dieser Form so schnell nicht einmal kommen wird.
Konkurrenten im Standortwettbewerb sind nicht die Mittelzentren der Region, sondern Metropolregionen wie Frankfurt. Durch die französische Regionalreform hat sich eine Verschiebung von Metz nach Straßburg eingestellt. Die Entwicklung der Saar-Uni/Uni der Großregion zur Europäischen Universität würde den Standort mit seiner Internationalität stärken. Und dass Saarbrücken, wie das gesamte Land, vor der Herausforderung des nächsten großen Strukturwandels steht, ist kein sonderliches Geheimnis. Die nächste Amtszeit wird vermutlich mehr als frühere Weichenstellungen erfordern. Langweilig wird es an der Spitze des Rathauses jedenfalls nicht.