Altmaier gewinnt gegen Maas, die SPD erobert einen Wahlkreis zurück, die CDU verteidigt drei Direktmandate. Linke und SPD sind stärker, AfD schwächer als die Bundesergebnisse: Zehn Abgeordnete aus dem Saarland ziehen in den Bundestag ein.
Das bundesweit mit Spannung beobachtete Spitzenduell im Wahlkreis Saarlouis ist mit einem klaren Sieger ausgegangen. Kanzleramtsminister Peter Altmaier konnte den Wahlkreis zum dritten Mal in Folge direkt gewinnen, diesmal gegen Bundesjustizminister und SPD-Landeschef Heiko Maas. Mit 38,0 Prozent lag Altmaier klar vor seinem (Noch-)Kabinettskollegen. Maas erreichte 32,1 Prozent, zieht aber als Spitzenkandidat auf der Landesliste erstmals als Abgeordneter in den Bundestag ein. Dass Nadine Schön den Wahlkreis St. Wendel für die CDU behaupten würde, war erwartet worden. Sie hatte klar mit 41,8 Prozent die Nase vorn vor Christian Petry (SPD), der auf 30,4 Prozent kam. Auch im Wahlkreis Homburg war der Gewinn des Direktmandats für den CDU-Politiker Markus Uhl keine große Überraschung. Er hatte allerdings mit Esra-Leon Limbacher (SPD) einen fast gleichwertigen Mitbewerber. Für Uhl votierten schließlich 33,6, für Limbacher 31,4 Prozent der Wähler.
Fast euphorischen Jubel bei der SPD löste dagegen in der Saarbrücker Congresshalle das Ergebnis von Josephine Ortleb aus. Die 30-jährige Jungpolitikerin konnte den erfahrenen Landespolitiker und Handwerkskammerpräsident Bernd Wegner (CDU) mit dem äußerst knappen Ergebnis von 32,1 zu 31,4 Prozent auf Platz zwei verweisen.
SPD erobert Wahlkreis Saarbrücken von der CDU zurück
Damit tritt Ortleb in die Fußstapfen der langjährigen SPD-Bundestagsabgeordneten Elke Ferner und sorgt damit vor allem für die nach der Landtagswahl arg gebeutelten Sozialdemokraten für einen Lichtblick in einem Jahr, das so hoffnungsvoll im Schulz-Hype begann, aber bislang nur ein frustrierendes Wahlergebnis (Saarland) und dann nur noch extrem schmerzhafte Niederlagen (Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und jetzt die Bundestagswahl) zu bieten hatte. Und ein für die SPD zurückeroberter Direktwahlkreis bei dieser Bundestagswahl kann sich auch über die Landesgrenze hinaus sehen lassen. Erst recht, wenn es nicht irgendeiner, sondern der Wahlkreis einer Landeshauptstadt ist. Ganz nebenbei richtet sich der Blick der Saar-Parteien ohnehin schon auf die Kommunalwahlwahlen in zwei Jahren.
Da wirkt ein solcher Sieg nach all den Erfahrungen der letzten sechs Monate schon fast wie ein Aufbruchsignal.
Dass die Saarländer ein bisschen anders ticken als der Rest der Republik, bestätigt sich einmal mehr auch an den Zweitstimmen-Ergebnissen. Einzig die CDU hat sich einigermaßen im bundesweiten Trend der Union entwickelt. Mit 32,4 Prozent fällt das Ergebnis nur geringfügig schlechter aus als das Bundesergebnis von 32,9 Prozent. Die Verluste für die Union im Saarland gegenüber der letzten Bundestagswahl von 5,4 Prozentpunkten nehmen sich gegenüber den bundesweiten Verlusten von 8,6 Punkten noch vergleichsweise erträglich aus. Der Vergleich zur Saarlandwahl im März, als die Saar-CDU die für eine Volkspartei magische 40-Prozent-Linie, wenn auch knapp, übersprungen hatte (40,7 Prozent), macht einerseits die Enttäuschung von CDU-Anhängern gegenüber der Berliner Politik unter Kanzlerin Merkel deutlich, wertet andererseits nachträglich noch einmal das Ergebnis unter Führung von Ministerpräsidentin und CDU-Landeschefin Annegret Kramp-Karrenbauer auf.
In der SPD hat das Ergebnis höchst zwiespältige Reaktionen ausgelöst. Niedergeschlagene Tristesse bei den ersten Hochrechnungen, bangen, dass das Ergebnis im Laufe des Abends nicht noch unter die 20-Prozent-Marke rutscht. Dabei kann man an der Saar mit dem eigenen Ergebnis angesichts der Gesamtumstände gar nicht so unglücklich sein, nicht nur wegen des zurückeroberten Direktmandats. Mit 27,2 Prozent liegt man mit deutlichem Abstand über dem Bundesergebnis der Partei (20,5 Prozent). Und der Verlust von 3,8 Prozentpunkten gegenüber 2013 fällt ebenfalls geringer aus als im Bund (minus 5,2). Trotzdem wirkt natürlich noch das Erleben seit Beginn des Jahres nach. Lösten die Umfragen zum Höhepunkt des Schulz-Hypes sogar noch Hoffnungen auf einen möglichen Regierungswechsel an der Saar aus, wirkte das Ergebnis bei der Landtagswahl, bei dem nicht einmal eine Drei vorne stand (29,6 Prozent) vernichtend. Erholt hat sich die Partei davon nicht, wie auch, musste sie doch an den Niederlagen andernorts mitleiden. Da ist es jetzt allenfalls ein schwacher Trost, einmal mehr gezeigt zu haben, dass man an der Saar weiterhin Ergebnisse weit über dem Bundesdurchschnitt erzielen und, wie die Saarbrücker Wahlsiegerin Ortleb betont, auch wieder gewinnen kann.
Das gilt ebenso für die Linke. Mit dem parteiintern umstrittenen Spitzenkandidaten Thomas Lutze konnte sie ihr eigenes Landesergebnis von 2013 (10,0 Prozent) deutlich auf 12,9 Prozent verbessern (bundesweit 9,2 Prozent) und damit exakt ihr Landtagswahlergebnis bestätigten. Zur internen Beruhigung wird das wohl nicht beitragen. Am Tag nach der Wahl drängte Fraktionschef Oskar Lafontaine darauf, künftig Listen zu Wahlen nach dem Delegierten- und nicht mehr einem offenen Mitgliederprinzip aufzustellen.
Für die Saar-Grünen heißt es erst einmal tief durchatmen. Nach dem Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde bei der Landtagswahl stehen jetzt sechs Prozent zu Buche, sogar eine leichte Verbesserung gegenüber 2013 (5,7 Prozent). Mit dem Wiedereinzug des neuen Landesvorsitzenden Markus Tressel in den Bundestag ist die erste Etappe geschafft zum nächsten großen Zwischenziel, den Kommunalwahlen 2019, mit denen der Weg zur Rückkehr in den Landtag geebnet werden soll.
Bemerkenswert immerhin, dass Rot-Rot-Grün im addierten Ergebnis der Zweitstimmen im Saarland zusammen auf 46,1 Prozent kommen, vergleichsweise stabil im Vergleich zum Landtagswahlergebnis, bei der das rechnerische gemeinsame Ergebnis von 46,5 Prozent aber wegen des Scheiterns der Grünen nicht zum Tragen kommen konnte. Es hätte auch nicht dem erklärten mehrheitlichen Wunsch der Saarländer nach Forsetzung der großen Koalition unter Führung von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) entsprochen.
Die Liberalen haben bei ihren landesweit 7,6 Prozent sicherlich auch vom Bundestrend profitiert, immerhin aber auch im Land ein weiterer Sprung der Erholung von den verheerenden Niederlagen der Jahre 2012 (Land) und 2013 (Bund). Sie stehen vor der Herausforderung, dem neuen Vertrauensbeweis auch gerecht zu werden.
Für die AfD im Saarland wirft das Ergebnis Fragen auf. Mit 10,1 Prozent der Zweitstimmen haben sie nur knapp ein zweistelliges Ergebnis im Land erzielt, deutlich hinter dem Bundesergebnis von 13 Prozent. Schon die 6,2 Prozent bei der Landtagswahl brachten zwar den sicheren Einzug ins Parlament, aber auch da blieb man bereits deutlich hinter dem angestrebten zweistelligen Ergebnis zurück.
Bei den sogenannten Sonstigen (zusammen 3,9 Prozent) fällt ein „Gewinner" ins Auge: ‚Die Partei‘ kommt im Saarland aus dem Stand auf 1,3 Prozent der Zweitstimmen. Knapp 7.500 Wähler sahen in der Satirepartei offenbar die einzige Alternative bei dieser Wahl.