Regisseur Sönke Wortmann führt seine Erfolgssatire „Der Vorname" mit „Der Nachname" fort. Der Film ist flott inszeniert und unterhaltsam. Seit dem 20. Oktober läuft er im Kino.
Vor gut drei Jahren trafen sich einige Freunde um die 40 bei einem Abendessen und stritten um die Frage, ob ein Neugeborener heutzutage Adolf heißen darf. „Der Vorname" heißt diese unterhaltsame Gesellschaftssatire, in der Regisseur Sönke Wortmann das pikante Thema nutzte, um einige giftige Spitzen gegen die selbstzufriedene Wohlfühl-Gesellschaft zu verschießen. Zum Schluss zeigt sich, dass der für das Baby verpönte Vorname sowieso nicht infrage kommt. Die Gemüter konnten sich ein wenig beruhigen. Zwei Jahre später treffen sich alle Beteiligten zu einer Feier auf Lanzarote – um erneut mit einem Konflikt konfrontiert zu werden. „Der Nachname" heißt der neue Film, in dem Wortmann erneut ein gesellschaftliches Tabu ans Tageslicht holt:
Mit Problemen im Gepäck
Denn kaum sind die Paare Stephan (Christoph Maria Herbst) und Elisabeth (Caroline Peters) sowie Thomas (Florian David Fitz) und Anna (Janina Uhse) auf der spanischen Kanareninsel eingetroffen, brechen neue Konflikte auf. Statt Sommer, Sonne und Strand geht es ziemlich chaotisch zu. Alle haben ihre Problemchen im Gepäck: Thomas und Anna sind mittlerweile Eltern geworden und völlig ausgebrannt. Stephan und Elisabeth kämpfen mit drohender Arbeitslosigkeit. Da sind die Zündschnüre der Anwesenden recht kurz, und die Dauer bis zur Explosion des nervlichen Dynamits ist nur eine Frage von Augenblicken. In dieser Situation verkünden Mutter Dorothea (Iris Berben) und Adoptivsohn René (Justus von Dohnányi), dass sie ein Paar sind und ein Kind haben wollen. In diversen Grüppchen wird heftig über komplizierte Erbfolgen, unmögliche Schwangerschaften und um das moderne Verständnis von Familie gestritten – wobei die Sonne Spaniens, die Reize einer jungen Gärtnerin und die Wirkung von Haschkeksen die Situation weiter eskalieren lassen. Zusätzlich werden noch einige Geheimnisse an die Oberfläche gezerrt, und es kommt zu Katastrophen, mit denen nicht zu rechnen war.
Mit „Der Nachname" beweist Sönke Wortmann („Der bewegte Mann", 1994; „Das Wunder von Bern", 2003; „Deutschland, ein Sommermärchen", 2006) erneut, dass er in seinen Filmen ein feines Gespür für gesellschaftliche Probleme hat, ohne den Unterhaltungswert zu vernachlässigen. Gelungen war ihm das schon 2009, als er in „Die Päpstin" die Emanzipationsgeschichte einer Frau in der von Männern beherrschten katholischen Kirche zeigt. „Frau Müller muss weg" persifliert in 2015 die deutsche Mittelschicht, die das Klassenzimmer zum Kriegsschauplatz um eigene Interessen macht. In „Contra" (2019) konfrontiert Wortmann den Zuschauer mit Alltagsrassismus.
In „Der Nachname" streiten die drei Männer und drei Frauen darüber, ob eine ältere Frau einen jüngeren Mann haben darf und wann es für ein Paar zu spät für ein Kind ist. Und besonders um die Frage, welchen Namen ein Kind tragen würde, wenn der Vater zuvor von der Mutter adoptiert wurde, macht Thomas ein erhebliches Tamtam. Warum er sich so an der Namensgebung festbeißt, wird in kleinen Schritten klar: Thomas hat seinen Vater verehrt. Nun hat seine Mutter den Namen ihres neuen Mannes angenommen, und Thomas befürchtet, ein Stück seiner Identität zu verlieren. Ein neues Glück gönnt er weder seiner Mutter noch ihrem neuen Mann, der einst als Adoptivkind in die Familie kam. Dabei hat René ein bisschen Respekt nötig. Vorher war er als B-Klarinettist und als vermeintlich Schwuler stets der Außenseiter. Doch seit Dorothea ihn geheiratet und seinen Namen angenommen hat, fühlt er sich zum ersten Mal im Leben sichtbar.
Sönke Wortmanns Gespür
Und so kommen im Laufe der Geschichte bei vielen amüsanten und auch sehr zynischen Gesprächen wieder allerlei verdrängte Wahrheiten auf den Tisch. Unter spanischer Sonne geht es um Missverständnisse, um die Aufarbeitung der Vergangenheit, um Abrechnungen und um den ganz normalen Familienzwist. Sönke Wortmann ist daher überzeugt davon, dass sich durchaus viele Zuschauende in der Filmfamilie wiedererkennen werden. „Die sechs Personen im Film sind leidenschaftlich und aufbrausend, aber man merkt unter dem Strich: Die lieben einander!", sagt er.
„Natürlich streiten sie sich, was eine enorme Lebendigkeit mit sich bringt. Aber am Schluss vertragen sie sich wieder. Das ist also gar keine außergewöhnliche Familie."