Der 1. FC Saarbrücken braucht weiterhin einen Trainer für die neue Saison. Welchen Typ die Verantwortlichen auswählen, kann entscheidend für die Zukunft des Vereins werden. FORUM stellt mögliche Kandidaten vor.
Auf dem Trainermarkt tummeln sich einige Namen, jeder bringt auf seine Art und Weise bestimmte Qualitäten mit. Grundsätzlich müssen Vereine festlegen, wie der Fußball aussieht, den sie spielen wollen. Nachdem Uwe Koschinat, der mittlerweile in der 2. Liga für Arminia Bielefeld arbeitet, entlassen wurde, übernahm Rüdiger Ziehl interimsweise. Aufgrund eines überragenden Starts wurde sein Engagement auf der Trainerbank bis zum Saisonende verlängert – auch aufgrund fehlender Alternativen auf dem Trainermarkt. Einen Trainer für die neue Saison zu finden sollte sich leichter gestalten – Verträge laufen aus und erleichtern die Verhandlungsposition.
Die „jungen Wilden“
Michél „Mitch“ Kniat
Der aktuelle Trainer des SC Verl wurde schon im vergangenen Jahr in Saarbrücken gehandelt. Bei den Ostwestfalen folgte Kniat auf Guerino Capretti und holte im Saisonendspurt aus vier Spielen zehn Punkte und sicherte damit den Klassenerhalt. Kniat steht für offensiven Fußball, meist im 4-3-3-System und gilt in der Branche als unbekümmertes Talent. Knackpunkt könnte jedoch die Vertragslaufzeit mit bestehender Ablöseforderung sowie das bestehende Interesse einiger Zweitligisten sein. „Mitch“ Kniat, 38, wäre die absolute Wunschlösung, möglicherweise geht es für den Fußballlehrer aber direkt in Richtung 2. Liga.
Thomas Wörle
Der derzeitige Trainer des SSV Ulm ist mit seiner Mannschaft in der Regionalliga Südwest souveräner Tabellenführer. Dabei ist sein Karriereweg durchaus ungewöhnlich. „Ich war von 2010 bis 2019 neun Jahre Trainer des Frauen-Bundesliga-Teams des FC Bayern. Das ist eine lange Zeit, danach habe ich meinen Fußballlehrer absolviert und mir nach bestandener Prüfung eine kreative Pause gegönnt. In dieser Zeit konnte ich mich viel mit meiner Familie und meinen zwei kleinen Kindern beschäftigen. Irgendwann bekam ich dann von den Verantwortlichen des SSV einen Anruf“, so der 41-Jährige auf der Internetseite des FC Augsburg. Dort spielte er für die Zweite Mannschaft in der Regionalliga. Das Ziel mit dem SSV Ulm ist die 3. Liga. Ob er den Verein, der ihm die Chance im Männerfußball gegeben hat, nach einem Aufstieg verlassen würde, ist zumindest fraglich. Sein Vertrag läuft aber aus.
Thomas Stamm
Der aus dem schaffhausischen Schleitheim stammende 40-Jährige führt die Zweite Mannschaft des SC Freiburg mit sicherer Hand und erfolgreich durch Deutschlands dritthöchste Liga. Das hat auch den FC Basel auf den Fußballlehrer aufmerksam gemacht, jedoch scheinbar ohne Erfolg. Stamm hat das Angebot laut Medienberichten abgelehnt. Der Schweizer ist seit 2015 beim SC Freiburg, war zuvor für den Schweizer Verband in der Jugend tätig und trainiert seit 2021 die U23 des SCF. Dabei sind die Erfolge nicht von der Hand zu weisen: Mit der mit Abstand jüngsten Mannschaft der Liga spielt der 40-Jährige eine überragende Saison – und das meist ohne Hilfe von oben. Ob er die professionellen Strukturen in Freiburg für einen Job in der gleichen Liga aufgeben würde, ist fraglich. FCS-Manager Ziehl hat ihn bereits im vergangenen November kontaktiert.
Benedetto Muzzicato
Der 44-Jährige stand zuletzt von Juli 2019 bis Februar 2022 bei Viktoria Berlin an der Seitenlinie, stieg mit dem Hauptstadtclub 2021 in die 3. Liga auf (elf Siege aus elf Spielen) und grüßte mit den Himmelblauen zwischenzeitlich sogar als Tabellenführer, ehe er nach fünf sieglosen Spielen gehen musste. Seine Bilanz aus 24 Drittliga-Partien: sieben Siege, fünf Unentschieden, zwölf Niederlagen. Vor seiner Zeit bei der Viktoria trainierte der gebürtige Bremerhavener den BSV Rehden in der Regionalliga (2017–2019), zudem war er Jugendtrainer beim SV Werder Bremen. Als Spieler stand der 44-Jährige unter anderem für den FC Oberneuland auf dem Feld. Muzzicato steht auch mit dem VfB Oldenburg in Kontakt, die vor kurzem Dario Fossi entlassen haben.
Die Erfahrenen
Rüdiger Rehm
In dieser Saison vom FC Ingolstadt beurlaubt, zuvor sehr erfolgreich mit Wehen Wiesbaden. Rüdiger Rehm hatte mit seinen Mannschaften den einen oder anderen spektakulären Auftritt im Ludwigspark. Unvergessen ist die 3:4-Niederlage des 1. FC Saarbrücken gegen furios aufspielende Wiesbadener. Rehm ist ein emotionaler Trainer, der gerne auch mal ein wenig über die Stränge schlägt. Er war der erste Trainer im Profifußball, der vier Gelbe Karten kassierte, als Spieler hält er gemeinsam mit Willi Landgraf den Rekord für Gelbe Karten in der 2. Liga. Rehm wurde schon öfter mit dem 1. FC Saarbrücken in Verbindung gebracht, er ist sicher einer der Kandidaten.
Joe Enochs
Erst vor vier Wochen beim FSV Zwickau entlassen, hätte Joe Enochs in Oldenburg nun direkt ins Geschehen zurückkehren können. Doch dazu wird es nicht kommen. „Ich habe einfach kein gutes Gefühl dabei“, erklärt der 51-Jährige gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Der Grund: „Mir fällt die Vorstellung schwer, mich nach fast fünf Jahren in Zwickau, wo ich mich wohlgefühlt und gern gearbeitet habe, in einen harten Abstiegskampf zu gehen, mit Zwickau als Kontrahent.“ Viermal hatte er die Schwäne zwischen 2018 und 2022 unter schwierigen Bedingungen zum Klassenerhalt und dreimal sogar unter die ersten zehn Mannschaften geführt. Mit insgesamt 254 Spielen gehört er zu den erfahrensten Drittliga-Trainern. Der Amerikaner gilt als bodenständig, loyal und krisenerprobt. Keine schlechten Voraussetzungen für einen Job im „Glutofen“ Saarbrücken.
Alois Schwartz
Alois Schwartz ist im Südwesten kein Unbekannter. Über Worms ging es 2006 zum 1. FC Kaiserslautern II und dann interimsweise sogar kurz zur Ersten Mannschaft. Über Erfurt landete er in Sandhausen, dann bei Nürnberg und in Karlsruhe, wo er von 2017 bis 2020 erfolgreich arbeitete. Sein zweites Engagement in Sandhausen war nicht so erfolgreich, während der aktuellen Saison wurde er entlassen. Der Name des 55-jährigen Fußballlehrers geisterte schon öfter durch Saarbrücken, auch jetzt könnte das wieder der Fall sein.
Daniel Scherning
Co-Trainer in Paderborn, dann der VfL Osnabrück in der 3. Liga und vor Kurzem Arminia Bielefeld in der 2. Liga. Mittlerweile ist dieses Kapitel für ihn jedoch auch beendet. Trotz seiner eher weniger erfolgreichen Zeit in Bielefeld, ist Scherning weiterhin ein interessanter Kandidat. Vor allem, weil die Umstände in Bielefeld nun schon den zweiten Trainer verschlissen haben. Dort darf sich nun übrigens Uwe Koschinat versuchen, der in dieser Saison noch beim FCS unter Vertrag stand. Scherning steht für offensiven Fußball, presst gerne hoch. Von den bisher genannten Trainern kommt er mit seiner Spielweise wohl am ehesten an Lukas Kwasniok heran, der in Saarbrücken einen völlig eigenen Spielstil etablieren konnte. Obwohl erst 39 Jahre alt, gilt Scherning als gestandener Trainer, der bewiesen hat, dass er „Traditionsverein kann“.