Der Fußball hat sich gegenüber früher wesentlich verändert
Da es schon gefühlte 200 Jahre her ist, dass wir selbst dem Fußball hinterhergelaufen sind, darf man uns auf gar keinen Fall für Experten halten. Wenn wir uns aber heute im Fernsehen mal ein Fußballspiel ansehen, erkennen wir unsere frühere Lieblingssportart durchaus wieder – auch wenn wesentliche Unterschiede unübersehbar sind.
Wir früher haben nach einem Tor kurz die Arme nach oben gerissen und verschämt die Umarmungen uns gerade nahestehender Kameraden in Kauf genommen. Ein heutiger Torschütze schreit zuerst mit sperrangelweit aufgerissenem Mund wie ein Wahnsinniger. Dann klopft er sich mehrfach auf das Vereinswappen am Trikot, deutet anschließend nach hinten auf seine Rückennummer und rutscht schließlich auf den Knien über den Rasen in Richtung Fankurve. Allein für eine solche Aktion hätte uns damals der Platzwart umgebracht!
Zudem denken sich Spieler heute in trainingsfreien Minuten wohl merkwürdige Torjubel-Gesten aus, damit man sie daran jederzeit wiedererkennt. Manche Torschützen reißen sich das Trikot vom Leib, um den ausflippenden Fans ihre neuesten Oberkörper-Tattoos zu präsentieren. Dass wir Fußballer von vorgestern sind, erkannt man leicht daran, dass wir keine einzige Tätowierung vorweisen können. Heutige Kicker sind so flächendeckend tätowiert, dass sie fast als lebende Kunstwerke gelten müssten.
Wahrscheinlich werden sie deshalb schon bald mit freien Oberkörpern antreten: Die Rückennummer könnte man ja jedem zwischen die Schulterblätter tätowieren. Wir sind jedenfalls sicher, dass bei den Profis die Stunden im Tattoo-Studio vertraglich als bezahlte Trainingszeit festgelegt sind.
Während früher Fußballer allenfalls abseits des Stadions jungen Damen (einvernehmlich!) an die Wäsche gegangen sein sollen, reißen ihre Nachfolger heute bereits auf dem Platz ihren männlichen Gegenspielern die Trikots vom Leib oder zerren zumindest ungeniert an deren Spielkleidung. Sogar direkt vor den Augen des Schiedsrichters, der wohl froh ist, wenn er selbst halbwegs bekleidet das Spiel übersteht.
Das Verhältnis zwischen Spieler und Schiedsrichter scheint heutzutage auch deutlich kameradschaftlicher zu sein. Da klopfen die Kicker dem „Schiri“ freundschaftlich auf die Schulter oder scherzen gar minutenlang mit ihm. Vermutlich werden die Unparteiischen heute wegen ihrer fünfstelligen Monatsgehälter ein wenig wie Gleichgestellte betrachtet, mit denen die Spieler möglichst häufig Kontakt „auf Augenhöhe“ suchen wollen.
Früher gab es im Fußball ehrliche „Klopper“, die ihre Abwehrarbeit erst als vollendet ansahen, wenn beim Gegner Blut floss. Sie hatten hinterher aber wenigstens ein schlechtes Gewissen. Heute wird auf viel höherem Niveau getreten, wobei der Fußtritt unten gegen die Knochen und die oben gezeigte Unschuldsgeste in Richtung Schiedsrichter in perfekt einstudierter Synchronizität erfolgen. Daran ändert auch das Wissen um die mehrfache Zeitlupenwiederholung jeder Untat nichts.
Heute unverzichtbar für Fußballer ist die stete Flüssigkeitsaufnahme. Bei jeder Spielunterbrechung werden Wasserflaschen aufs Spielfeld geworfen, die über die Spieler herfallen, als hätten sie gerade eine mehrwöchige Wüstenwanderung hinter sich. Wenn früher Flaschen auf dem Platz waren, waren das die Spieler! Für sie gab es allenfalls in der Halbzeitpause mal ein halbes Becherchen Pfefferminztee, sonst nix mehr: Kein Wunder, dass sie hinterher mit vier Weizenbier ihren Flüssigkeitshaushalt wieder in Ordnung bringen mussten!
Wenn heutige Kicker aus der Halbzeitpause kommen, bedienen sie sich halb verdurstet als Erstes gierig aus einer am Spielfeldrand bereitstehenden Flasche. Wahrscheinlich werden Fußballerhosen schon bald einen Gürtel haben, an dem griffbereit eine Trinkflasche hängt, damit die Sporthelden 90 Spielminuten ohne Dehydrierung überleben können!
Möglicherweise brauchen sie die viele Flüssigkeit aber auch, damit ihnen während des Spiels die locker sitzende Spucke nicht ausgeht!