Die Landeskunstausstellung „SaarArt 2023“ ist eröffnet. Gezeigt werden an elf saarländischen Orten zeitgenössische Werke von Künstlern aus dem Saarland, Luxemburg und Lothringen.
Die Eröffnung der „SaarArt 2023“ wurde in der saarländischen Kunstszene mit Spannung erwartet, denn im Vorfeld gab es wegen verschiedener Neuerungen Diskussionen und Kritik. Die Kuratorin der Ausstellung Andrea Jahn, promovierte Kunsthistorikerin und Vorständin der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz und damit Leiterin der Modernen Galerie, nominierte nicht etwa wie üblich die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler, sondern sie lud dazu ein, sich zu den vier Themen Identität, Isolation, Schönheit und Vergänglichkeit um eine Teilnahme zu bewerben. Außerdem durften zum ersten Mal auch lothringische und Luxemburger Künstlerinnen und Künstler an dieser Bewerbung teilnehmen. Andrea Jahn öffnete damit die Grenzen für die Landeskunstausstellung, machte aus der Landesschau eine Kunstausstellung der gesamten Großregion, was gerade zum 60. Jubiläum des Élysée-Vertrages auch sinnvoll erscheint. Die Ausstellung zeigt, dass hierzulande eine sehr lebendige, junge und kreative Kunstszene lebt, die häufig aus ehemaligen Studierenden der Hochschule der Bildenden Künste (HBK) Saar besteht, deren Arbeit das Kunstgeschehen der Region seit Jahren hebt und prägt.
Großregion erstmals vertreten
Der Eröffnung der Landeskunstausstellung „SaarArt 2023“ in der Modernen Galerie schloss sich ein wahrer Vernissagen-Marathon an, denn nachfolgend wurden auch die Ausstellungen an den übrigen Standorten eingeweiht. Neben der Modernen Galerie sind Ausstellungen in der Stadtgalerie Saarbrücken, im Saarländischen Künstlerhaus, im KuBa – Kulturzentrum am Eurobahnhof, in der Völklinger Hütte, der Ludwig Galerie Saarlouis, dem Institut für aktuelle Kunst in Saarlouis, dem Museum Schloss Fellenberg, dem Museum St. Wendel, in der Städtischen Galerie Neunkirchen, ja sogar in der Saarländischen Galerie – Europäisches Kulturforum in Berlin und im Freiraum an der Goldenen Bremm zu sehen.
Über 200 Künstler und Künstlerinnen haben sich allen Diskussionen zum Trotz um eine Teilnahme an der „SaarArt 2023“ beworben, 63 wurden von einer dreiköpfigen Jury aus Saarbrücken, Metz und Luxemburg ausgewählt, darunter viele jüngere Künstler und Künstlerinnen, deren Namen bisher noch nicht geläufig waren. Eine Überraschung war allerdings, dass 70 Prozent der Ausstellenden Frauen sind. „Die ‚SaarArt 2023‘ ist jünger und weiblicher geworden“, sagte Andrea Jahn denn auch bei der Eröffnung der Ausstellung. Das habe aber allein an der Qualität der Bewerbungen gelegen, betonte sie. „Die „SaarArt 2023“ ist kein Reproduzieren von Werken, die man schon kennt, sondern sie zeigt das kreative Potenzial der gesamten Großregion.
In den verschiedenen Häusern, insbesondere aber in der Modernen Galerie, überwiegen die multimedialen Arbeiten, die aus Installationen, Klangwerken, großformatigen Fotografien, ganz unterschiedlichen Videos und Fotocollagen bestehen. Daneben sind aber auch klassische Gemälde, Zeichnungen, Wandzeichnungen, sowie Skulpturen und sogar Biotope zu sehen. Und eines fällt auf – jede einzelne der Präsentationen an den elf verschiedenen Orten wirkt wie eine eigene, in sich geschlossene Ausstellung.
Ausgewogene Präsentation
Die meisten Kunstwerke werden in der Modernen Galerie gezeigt. Am Hauptort der „SaarArt 2023“ werden im Wechselausstellungspavillon und im Skulpturengarten Werke von 17 verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern präsentiert. Und es ist erstaunlich, wie es den Verantwortlichen gelungen ist, eine weiträumige und ausgewogene Präsentation aus derartig verschiedenen künstlerischen Positionen zu gestalten, die sich allesamt qualitativ überzeugend und kritisch mit unserer Zeit auseinandersetzen. Blickpunkt am Eingang der Ausstellung ist die Installation von Gertrud Riethmüller, die einst an der HBK Saar studierte. Ihr raumgreifender Aufbau von alltäglichen Mörtelkübeln empfängt den Besucher, in deren Wände hat sie jedoch zarte, filigrane Ornamente geschnitten, die keltische oder arabische Vorlagen haben könnten. Dahinter steckt auch die Frage, was ein Objekt zum Kunstwerk macht. Eine Videoarbeit von François Martig aus Lothringen, der in Belgien Kunst studierte, wird in einem abgedunkelten Kabinett gezeigt. Sie ist eine Auseinandersetzung mit dem Zustand des Walds in den Vogesen. Dort versucht eine ökologische Bürgerbewegung den Wald neu zu denken, ihn von wirtschaftlichen Zwängen zu befreien. Das Video stellt dabei recht unkapriziös die Bürger in den Mittelpunkt.
Fast schockierend sind die Fotocollagen von Nazanin Hafez, die ebenfalls an der Saarbrücker Kunsthochschule studierte. Sie setzt sich in ihrer Arbeit mit ihrer Heimat, dem Iran, auseinander, indem sie Fotografien von öffentlichen Hinrichtungen verfremdet. Damit konfrontiert sie die Besucher nicht nur mit der Situation im Iran, sie gibt auch den Zuschauern dieser entsetzlichen Veranstaltungen eine Mitschuld an der Missachtung der Menschenrechte. Auch die Kunstwerke von Bettina van Haaren, Wolfgang Folmer oder Shakti Paqué setzen sich mit aktuellen Problemen der Gegenwart wie dem Ukraine-Krieg, den sozialen Medien oder der Isolation der Pandemiezeit auseinander.
Gregor Hildebrandts Gemälde fesseln dagegen auf einer anderen Ebene. Er ist sicherlich einer der bekanntesten Teilnehmer der „SaarArt 2023“ und zeigt in der Modernen Galerie Gemälde, deren Ausgangsmaterial analoge Datenträger wie Ton- und Videobänder waren. Diese Tonbänder verleihen den Gemälden einen ganz eigenen Schimmer, das Wissen, dass alle Bänder bespielt waren, eröffnet eine weitere Ebene.
„Wie ein Stern über dem Saarland“
Aber nicht nur in der Modernen Galerie ist es gelungen, eine eigene, abgeschlossene Ausstellung innerhalb der Landeskunstausstellung zu präsentieren. Auch im KuBa – Kulturzentrum am Eurobahnhof ist eine eigenständige Präsentation entstanden, bei der die Malerei im Fokus steht. Die Künstlerinnen Kerstin Arnold und Cordula Sumalvico arbeiten beide realistisch und figurativ. Der Mensch, der in rätselhaften, unrealistischen Szenerien abgebildet wird, steht im Mittelpunkt der Gemälde. Beide Künstlerinnen fokussieren sich dabei auf Frauen. Doch während bei Kerstin Arnold die Frau in unterschiedlichen, fast alltäglichen Situationen mit sonderbaren Details dargestellt wird, sind es bei Cordula Sumalvico ganze Gruppen von Menschen, die jedoch kaum miteinander kommunizieren. Ihre Szenerien sind düster, dramatisch, aber ebenso fesselnd wie die von Kerstin Arnold.
Auch in der Völklinger Hütte sind Kunstwerke der „SaarArt 2023“ zu sehen. Und auch hier haben die eigentlich sehr unterschiedlichen Arbeiten einige Gemeinsamkeiten. Allesamt sind direkt vor Ort entstandene Installationen, die von drei jungen Künstlerinnen stammen, Karen Fritz, Paulette Penje und Julia Rabusai, die ebenfalls an der Hochschule der Bildenden Künste Saar studiert haben. Gerade die Arbeit von Paulette Penje, die in einem Video auf dem Dach der Völklinger Hütte blaue Farbe aus einer Dose in den blauen Himmel sprüht, geht mit ihrem Aufstellungsort in der Möllerhalle eine Symbiose ein und belebt den Ort in einer Weise, dass es dort bleiben müsste.
Mit der „SaarArt 2023“ ist es gelungen, eine Kunstschau zusammenzustellen, die nicht nur „wie ein Stern über dem ganzen Saarland strahlt“, so Kulturministerin Christiane Streichert-Clivot bei der Vorstellung der „SaarArt 2023“, sondern die beweist, was für ein spannendes und abwechslungsreiches Kunstgeschehen in unserer Region existiert. Kritisch, aktuell, grenzenlos, hochwertig und häufig überraschend ist sie ein Spiegel der Kunst unserer Zeit.