Sommerzeit ist Detektivzeit: Die dritte Staffel von „Only Murders in the Building“ ist Anfang August angelaufen. Wir werfen einen Blick darauf, was die Disney+-Serie so liebenswert besonders macht.
Die Grande Dame des klassischen Whodunnits wäre stolz: Die Macher von „Only Murders in the Building“ wandeln virtuos auf den Spuren Agatha Christies. Sie lassen drei Bewohner eines schicken New Yorker Apartment-Hauses zufällig aufeinandertreffen, um gemeinsam Morde aufzuklären. Dabei geben Comedy-Legenden Steve Martin und Martin Short und Superstar Selena Gomez in dieser charmanten Must-See-Murder-Mystery-Serie nur scheinbar ein ungleiches Trio ab.
Eigentlich verbindet die drei nichts, bis auf die Tatsache, dass sie im edlen Arconia-Gebäude wohnen: Charles ist ein zurückgezogen lebender ehemaliger Fernsehstar, der gern Omeletts brät, die er dann nicht isst. Oliver ist ein kapriziöser, gescheiterter Broadway-Produzent, der seine Bulldogge Winnie im Kinderwagen herumfährt. Und dann ist da noch die mysteriöse Mabel, eine unnahbare junge Künstlerin, die die Wohnung ihrer Tante renoviert. Als in der ersten Staffel ein Nachbar ermordet wird, machen sich die drei Hobby-Spürnasen auf die Suche nach dem Täter und geraten dabei natürlich selbst ins Visier. In den folgenden beiden Staffeln geht es ähnlich turbulent zu.
Clevere Wohlfühl-Unterhaltung
„Only Murders“ ist perfekte Wohlfühl-Unterhaltung für Jung und Alt. Die warmherzige Atmosphäre wird vor allem von der Empathie getragen, welche die Serienmacher all ihren Figuren – auch den „bösen“ – entgegenbringen. Die Marotten der Protagonisten werden humorvoll hervorgehoben, während auch vor den hässlicheren Aspekten der menschlichen Erfahrung nicht zurückgeschreckt wird. Die Mörderjagd ist düster und dauerhaft spannend inszeniert, und doch bleibt es eine erfrischend leichtfüßige, clever konstruierte Krimi-Komödie.
Wenn Steve Martin und Martin Short, „Saturday Night Life“-Veteranen der ersten Stunde, sich mit sichtlich großer Freude selbst aufs Korn nehmen, wird auch mal wild gestikuliert und grimassiert. Aber den klamottigen Klamauk verzeiht man sofort, denn schon in der nächsten Sekunde sorgen unerwartet tiefgründige und mitunter rührende Momente für die richtige Balance. So wie die hinreißende Flirt-Szene zwischen Charles und seiner Nachbarin Jan. Da beide schüchtern sind, lassen sie Musik für sich sprechen: Bei offenem Fenster über den Innenhof des Arconia hinweg findet zwischen ihrem Fagott und seiner Konzertina ein romantischer Dialog statt, in dem sogar Rod Stewarts Disco-Dauerhit „Da Ya Think I’m Sexy?“ vorkommt. Sowieso bietet die Serie ein buntes Potpourri an Popkultur-Referenzen – und illustre Gaststars wie Sting, Shirley MacLaine und Cara Delevingne. In Staffel 3 gibt sich Meryl Streep in einer Nebenrolle die Ehre.
Durch den großen Altersunterschied zwischen den drei Amateurdetektiven wird ein generationenübergreifendes Publikum angesprochen. Serienschöpfer und Hauptdarsteller Steve Martin (Jahrgang 1945) gelingt es, das Älterwerden mit großem Feingefühl zu thematisieren. Es werden gleichzeitig Eigenarten pa-rodiert und Vorurteile abgebaut, wobei jeder flache Witz durch eine kluge Konversation mit pointiertem Wortwechsel Wiedergutmachung erfährt. Durchweg werden vermeintliche Gegensätze gekonnt zu einem harmonischen Ganzen vereint.
Liebeserklärung an die Stadt New York
Es macht Spaß, dabei zuzusehen, wie sich zwischen Charles, Oliver und Mabel eine außergewöhnliche, innige Freundschaft entwickelt. Die Sehnsucht nach Nähe und Gemeinschaft, die Überwindung von Einsamkeit, auch das ist ein Thema. Mit liebevollem Scharfblick werden Alltagsbeobachtungen gemacht und schwarzhumorige Gesellschaftskritik geübt. Die wundervollen, bis ins Detail durchdachten Serienfiguren werden von einem großartigen Ensemble dargestellt, wobei vor allem James Caverly hervorzuheben ist, der den tauben Theo spielt. Caverly ist selbst gehörlos und hat maßgeblich an seiner Rolle mitgeschrieben, was seinen Szenen ein Extra an Authentizität verleiht.
Nicht zuletzt ist „Only Murders“ eine Liebeserklärung an New York, die Stadt der Gegensätze, die zugleich nostalgisch stimmt und nach vorne denkt. Die bezaubernde Titelmusik passt perfekt: geheimnisvoller Chor, zarte Streicher, zwitschernde Flöten und ein schepperndes Schlagzeug aus Eimern und Töpfen.
Die erste Staffel von „Only Murders in the Building“ erschien im August 2021, ein Jahr später folgte die zweite. Aktuell wird jede Woche eine neue Folge auf Disney+ veröffentlicht, wo auch die anderen beiden Staffel zu sehen sind.