Der Gräfinthaler Klosterweg führt durch die wunderbare Landschaft des Bliesgaus mit Acker- und Wiesennutzung in den Tälern, Weiden und Streuobstwiesen an den Hängen und Wäldern auf den Bergrücken.
Gräfin Elisabeth von Blieskastel gründete 1253 das Kloster Gräfinthal und übergab es den Mönchen des Wilhelmitenordens. Ein hölzernes Muttergottesbild mit fünf eisernen Pfeilspitzen, „Unsere liebe Frau mit den Pfeilen“, lockte durch seine Wundertätigkeit jahrhundertelang Pilger aus der Umgebung nach Gräfinthal.
Das Kloster war über einen langen Zeitraum sowohl in geistlicher als auch wirtschaftlicher Hinsicht von großer Bedeutung. Nach zahlreichen Zerstörungen und Plünderungen erlebte das Kloster im 18. Jahrhundert seine vorerst letzte Blüte. Stanislaus Leszynski, der in Zweibrücken lebende Polenkönig, ließ durch den Zweibrücker Hofarchitekten J. E. Sundahl den neuen barocken Kirchenbau errichten. Der aus Saarunion stammende Bildschnitzer Jean Martersteck fertigte die kostbare Einrichtung. In der Klosterkirche wurde Prinzessin Anna Leszczynska, Tochter des Polenkönigs, 1717 beigesetzt. 1786 wurde das Kloster durch eine päpstliche Bulle aufgehoben und das Inventar 1793 versteigert. Seit 1993 leben wieder Mönche im Kloster Gräfinthal, die nach einer Schenkung aus der niederländischen Abtei Vaals gekommen waren. Von dem ursprünglichen Klosterkomplex sind lediglich Reste geblieben. Die Klosterkapelle wurde zwischen 2015 und 2017 komplett saniert. Das Gnadenbild von Gräfinthal „Unsere liebe Frau mit den Pfeilen“ befindet sich heute in der Klosterkapelle in Blieskastel.
Klosterkapelle wurde komplett saniert
Wir starten unsere Wanderung am Parkplatz in Gräfinthal und verlassen Gräfinthal über eine Baumallee Richtung Bliesmengen-Bolchen. Sobald wir an den ersten Häusern angekommen sind, folgen wir am Rosenhof der Beschilderung über einen geteerten Feldwirtschaftsweg nach oben. Im Anstieg passieren wir linker Hand ein Friedenskreuz mit der Aufschrift „Gib uns Frieden jeden Tag.“ Das Kreuz wurde 2014 am Wegesrand errichtet. Unter dem Leitbild „Den Toten zum Gedenken, den Lebenden zur Mahnung“ soll das Kreuz an die furchtbaren Kriegshandlungen im Winter 1944/45 erinnern. Zahlreiche Familien suchten über diesen Feldweg die Flucht aus dem Dorf. Die Wegtrasse führt auf die Höhen zwischen Gräfinthal und Ormesheim. Nach der Durchquerung des Schorrenwaldes überqueren wir die Landstraße L 238 und befinden uns am hölzernen Heidekopfturm am Rande des Kirchwaldes. Der Turm wurde 1973 erbaut und 2014 erneuert. Die Gesamthöhe beträgt zwölf Meter, in 9,50 Metern Höhe befindet sich die Aussichtsplattform. An schönen Tagen hat man einen tollen Fernblick bis zu den Vogesen und den Pfälzerwald.
Die Wandertour führt anschließend durch einen Teil des Kirchwaldes meist bergab. Bald haben wir das Kulturlandschaftszentrum Haus Lochfeld erreicht. Es bietet vielfältige Möglichkeiten, Zusammenhänge in Natur und Landschaft des Unesco Biosphärenreservates Bliesgau besser zu erkennen und zu verstehen. Den Besuchern soll die Wertschätzung einer intakten Kulturlandschaft und Verständnis für Maßnahmen zu deren Schutz nahegelegt werden. Im frei zugänglichen, naturnahen Garten finden sich typische Kulturlandschaftselemente der Region wie ein Bauern-, Kräuter- und Obstgarten, Trockenmauern aus Kalkstein, eine Streuobstwiese mit Imkerei und begehbarem Bienenhaus sowie ein Weinberg mit restaurierten Weinbergmauern. Zerfallene Steinmauern in der näheren Umgebung zeugen von einer ehemals beachtlichen Weinbaulage. Terrassierungen mit Kalksteinen und die Streuobstwiesen zählen ebenfalls zu den traditionellen und typischen Nutzungsformen der Landschaft der Region.
Legende einer Wunderheilung
Eine Terrasse mit großen Lindenbäumen lädt zur Rast. Das Bistro bietet vegane Speisen mit frisch zubereiteten Gerichten sowie Kaffee und selbst gebackenen Kuchen. Nach ausgedehnter Rast geht es zunächst bergab und wenig später bergauf durch den nahe gelegenen Buchholzwald. Sobald wir den Wald verlassen haben, folgt eine Passage über Feldwirtschaftswege, auf denen wir eine wunderbare Fernsicht genießen können. Wir befinden uns auf dem Weg zum „Brudermannsfeld.“ Auf einer eisernen Tafel lesen wir: „In der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts ließen sich an dieser Stelle einige Erimiten des Ordens vom hl. Wilhelm nieder. In der Höhlung eines Eichbaumes hatten sie ein aus Holz geschnitztes Bild der Schmerzensmutter mit dem toten Sohn auf dem Schoss aufgestellt. Wilde Gesellen beschossen das Bild mit Pfeilen. Aus den Einschüssen floss Blut.“ Wie viele andere Menschen besuchte auch Gräfin Elisabeth von Blieskastel das Brudermannsfeld, um das Wunder zu sehen. Da sie an einer schmerzhaften Augenkrankheit litt, bestrich sie ihre Augen mit dem Blut der Madonna und wurde auf der Stelle gesund, so die Überlieferung. Ein altes Wegkreuz erinnert an die wundersame Geschichte. Das kulturgeschichtlich bedeutsame Kreuz wurde 1695 vom damaligen Prior des Klosters Gräfinthal Wilhelm Klocker gestiftet. Vom Brudermannsfeld geht es bergab, vorbei an sieben sandsteinernen Bildstöcken, die schmerzhafte Begebenheiten aus dem Leben der Gottesmutter Maria mit ihrem Sohn Jesus darstellen. Wenig später sind wir am Ausgangspunkt der Tour angelangt. Im ehemaligen Klosterhof steht durch seine Größe, Form und sein Alter ein beachtenswertes barockes Bauwerk: das Taubenhaus. Auf vier Säulen liegen quertragende Eichenbalken, die ein aus Stein gemauertes Häuschen tragen. Die linke vordere Säule trägt die Inschrift „1766“, wahrscheinlich das Setzungsjahr. Ein Pyramidenziegeldach mit zwei Knäufen schließt das Haus nach oben ab. In der Mauer der Süd- und Westseite befindet sich ein lukenartiges offenes Fenster. Den auf der Ostseite in Höhe der Querbalken liegenden schmalen Eingang erreicht man nur über eine angestellte Leiter.