Der Bundeshaushalt 2024 ist noch nicht beschlossen, aber bereits jetzt schlagen Kommunen Alarm. Sparmaßnahmen dürften nicht vom Bund über die Länder auf die Städte und Gemeinden abgewälzt werden.
Das 60-Milliarden-Urteil der Verfassungsrichter in Karlsruhe im November vergangenen Jahres hat nicht nur den Spitzenpolitikern der Ampelregierung in Berlin das Blut in den Adern gefrieren lassen. Auch Uwe Brandl (CSU) in der von Berlin 600 Kilometer entfernten Oberpfalz schwante nicht Gutes für das Jahr 2024. Der 64-Jährige ist Erster Bürgermeister von Abensberg im Freistaat Bayern und sorgt sich um seine knapp 13.000 Einwohner. Und nicht nur um die.
Brandl, der zugleich Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes ist, befürchtet wie viele seiner Amtskollegen bundesweit, dass die anstehenden Sparmaßnahmen im Bund auch in den Kommunen ankommen werden, das Bundesfinanzministerium den Durchgriff zumindest versuchen wird. „Das Problem für uns ist immer, dass die Bundesregierung Wohltaten für das Volk beschließt, die Länder winken das dann im Bundesrat durch, und wir Kommunen müssen sehen, wie wir das finanziert bekommen. Uns fragt hier niemand“, so Brandl im FORUM-Gespräch.
Als Beleg, der die finanzielle Dramatik ansatzweise verdeutlicht, nennt er das immer wieder zitierte Beispiel: Die Sozialausgaben der Kommunen haben sich in den letzten zwanzig Jahren verdoppelt, Städte und Gemeinden mussten dafür im letzten Jahr über 70 Milliarden Euro aufwenden, Tendenz für 2024 weiter steigend. Dabei verweist der CSU-Bürgermeister aus der Oberpfalz darauf, dass sich in diesem Zeitraum keineswegs auch die kommunalen Einnahmen verdoppelt hätten. „In Zeiten knapper Kassen müssen diese steigenden Kosten mit dem Verzicht auf Investitionen teuer erkauft werden. Diese Entwicklung darf so nicht weitergehen. Es muss gelingen, den dringend notwendigen Investitionen Vorrang einzuräumen.“ Doch wie das gehen soll, darauf hat Uwe Brandl auch keine endgültige Antwort.
Als über die Feiertage und den Jahreswechsel dann das katastrophale Hochwasser in weiten Teilen Nord- und Ostdeutschlands für Land unter sorgte, kam sofort die Forderung von Bundes-, Landes- und auch kommunalen Spitzenpolitikern auf, dies zur besonderen Notlage im Sinne des Grundgesetzes zu erklären. Damit könnte die Schuldenbremse ausgesetzt werden, um Mittel frei zu machen für die Behebung der immensen Schäden und zur Unterstützung betroffener Menschen.
Der Präsident des Städte- und Gemeindebundes sieht das als CSU-Politiker naturgemäß anders. „Dann hätte man die Schuldenbremse gar nicht erst einführen brauchen, wenn diese bei jeder außergewöhnlichen Situation wieder ausgesetzt wird“, gibt sich Uwe Brandl kämpferisch. Mit dieser Haltung macht er sich bei den beiden anderen kommunalen Spitzenverbänden aber nicht viele Freunde. Der Deutsche Städtetag und der Deutsche Landkreistag sehen die Schuldenbremse kritisch, vor allem, wenn ihre Einhaltung auf Kosten der Kommunen zu gehen droht.
Brandls Position zielt allerdings auf eine strikte Einhaltung des Konnexitätsprinzips ab, nach dem Motto: Wer bestellt, bezahlt. Und er fordert auch die Überprüfung etlicher Maßnahmen im Sozial- oder Bildungsbereich, die vom Bund ausgegangen sind:
„Da kommen Menschen in den Vorzug solcher – sicher sinnvollen – finanziellen Hilfen, die es absolut nicht nötig haben. Da muss man nachsteuern und das Geld tatsächlich denen geben, die es wirklich brauchen.“ Seine Kollegen wollen aber erst einmal eine andere Überprüfung, nämlich die der Sinnhaftigkeit der Schuldenbremse in ihrer derzeitigen Form.