Einst saß man zum Musikgenuss vorzugsweise zu Hause vor der großen Anlage. Heute ist vieles mobiler und auch bei Kopfhörern denkt man als erstes an die Nutzung unterwegs – ob zu Fuß, im Büro und Bahn. Wer zuhause hören will, hat jedoch andere Bedürfnisse.
Bei Kopfhörern für unterwegs sind Varianten, die man sich ins Ohr steckt, ebenso beliebt wie jene, die auf oder über den Ohren sitzen. Beides vorzugsweise drahtlos, schließlich hat das Smartphone ja Bluetooth und oft gar keine Kopfhörerbuchse mehr. Und ob man nach der Heimkehr dann ein oder zwei Geräte laden muss, macht keinen großen Unterschied. Auch wichtig ist bei der mobilen Nutzung die mögliche akustische Abschirmung von Verkehrslärm und Mitmenschen durch ANC.
Zuhause kann man diese Modelle natürlich ebenso nutzen, allerdings ist die akustische Abschirmung hier oft nicht so wichtig oder gar störend, weil man Türklingel, Telefon, Partner oder Kinder nicht mehr hört. Ebenso ist die Funkanbindung nicht zwingend, wenn man ohnehin im Fernsehsessel sitzt. Auch am PC und im Bett ist es nicht unbedingt notwendig, ohne Kabel auszukommen. So erspart man sich das Aufladen.
Guter Klang hat seinen Preis
Geht es um Audioproduktionen sind kabelgebundene Studiokopfhörer alternativlos – sowohl die klanglichen Einschränkungen, die Gefahr eines entladenen Akkus als auch die Zeitverzögerung eines Funksystems sind hier störend. Der Preis für solche Kopfhörer beginnt bei fünf Euro, kann aber bei High-End-Modellen auch gut und gerne 5.000 Euro erreichen. Allgemein sind Kopfhörer mit „Festnetzanschluss“ jedoch bei gleicher Qualität preisgünstiger als Drahtlos-Modelle, schließlich entfällt die gesamte Funktechnik.
Zum Fernsehen gibt es spezielle Modelle wie den Hama Basic4TV mit besonders langem Kabel, das mitunter auch einen eigenen Lautstärkeregler enthält. Das ist von Vorteil, wenn der Kopfhöreranschluss am Fernseher keine Lautstärkeregelung bietet. Allerdings bieten diese Modelle für kleines Geld von 15 bis 45 Euro auch nur begrenzte Tonqualität – die Hersteller gehen davon aus, dass mehr nicht notwendig ist für das übliche Fernsehprogramm mit Nachrichten, Serien und Dokus.
Wer aber auch Musiksendungen und Spielfilme ansehen will, wird damit nicht wirklich glücklich. Hier sind normale HiFi-Kopfhörer sinnvoller – oder auch Studiokopfhörer. Technisch gibt es zwischen diesen kaum einen Unterschied, allerdings wird bei HiFi-Heimkopfhörern der Sound schon einmal im Bass- oder Höhenbereich aufgepeppt, während die fürs Studio bestimmten Modelle neutraler wiedergeben. Das kann auch zum reinen Musikgenuss angenehm sein; für Produktionen ist es wichtig, damit diese nicht dem Kopfhörerklang angepasst und damit unausgewogen werden.
So betonen viele Nicht-Studio-Modelle die Bässe, weil diese über Kopfhörer unauffälliger sind und auch nicht wie bei Lautsprechern die Möbel vibrieren lassen. Es gibt aber auch Kopfhörer, wie etwa den bis zu 1.000 Euro teuren Beyerdynamic T1, die die Höhen betonen – in diesem Fall so extrem, dass man sie am Verstärker zurücknehmen muss.
Neutral sind dagegen die meisten Sennheiser-Modelle, auch klassische HiFi-Modelle wie der gerade runderneuerte Sennheiser HD660S2 für 500 bis 600 Euro. Dieser betont die Bässe zwar etwas, um die geringere Spürbarkeit gegenüber Lautsprechern auszugleichen, klingt aber trotzdem neutral und klar, ohne etwas überzubetonen. Er sitzt auch angenehm, da er über das Ohr geht, drückt allerdings kräftig. Das sichert natürlich bessere Tonqualität. Brillenträger haben trotzdem keine Probleme.
Will man es noch neutraler, so bietet Sennheiser den sogar günstigeren (Preis ab 300 Euro), aber ziemlich ähnlichen HD600 als Studio- und Produktionskopfhörer.
All dies klingt zuhause in ruhiger Umgebung angenehmer als ein „Dr. Beat“ mit „Wumms“. Im Zweifelsfall kann man ja gut mit seinem bewährten Unterwegs-Kopfhörer vergleichen, ob einem der Klang des neuen zusagt und wie es mit dem Tragekomfort steht. Hier besteht auch nicht die Gefahr, dass einem der Kopfhörer beim Rennen zur U-Bahn vom Kopf rutscht – er darf also schon etwas lockerer sitzen und wird so auch nach Stunden nicht lästig.
Normalerweise sind diese Kopfhörer in offener Bauweise, da man so den besten Klang erreicht. Will man im Bett hören, während daneben der Partner telefoniert, wird das allerdings nichts. Ebenso sollte man nicht laut hören wollen, während der Partner schlafen will. In diesem Fall ist ein Kopfhörer in geschlossener Bauweise sinnvoller wie etwa der Sennheiser HD820. Dies ist allerdings bei gleicher Klangqualität technisch deutlich aufwendiger; hier landet man deshalb beim dreifachen Preis des HD660S2 und gar sechsfachen Preis des HD600.
Adapter auch fürs Smartphone
Verkabelte In-ear-Kopfhörer sind für Heimanwendung kaum zu finden, eher für mobile Anwendungen mit kurzen Zuleitungen. Und schließlich ist zu beachten, dass Kopfhörer für den Mobileinsatz meist niedrige Impedanzen deutlich unter 100 Ohm haben, um auch am Smartphone höhere Lautstärken zu erreichen, während die Heim- und Studiomodelle Impedanzen über 100 Ohm zum Betrieb an Heimanlagen haben. Der Betrieb am Smartphone oder Hi-Res-Player ist mit geeigneten Adaptern zwar möglich, allerdings ist hier die Lautstärke eingeschränkt. In ruhiger Umgebung reicht sie normalerweise trotzdem, doch im Garten mit einem rasenmähenden Nachbarn hat man keine Chance. Da ist dann doch ein Mobilkopfhörer mit ANC die bessere Wahl.
Auch die Stecker unterscheiden sich typischerweise: Ein Heimkopfhörer hat üblicherweise einen 6,3-mm-Stereoklinkenstecker, mobil werden dagegen 3,5 mm verwendet. Dafür liegen in der Regel Adapter bei. Allerdings kann man ein Smartphone, sofern es überhaupt noch den Anschluss eines Klinkensteckers erlaubt, mit einem Adapter auf 6,3 mm schnell ruinieren, weil die Buchse mechanisch überlastet wird. So eine Kombination sollte nicht dauerhaft benutzt werden. Zudem haben die Smartphone-Klinkenbuchsen mehr Anschlüsse: Neben Stereo für den Kopfhörer ist hier auch noch ein Mikrofonanschluss vorgesehen. Das funktioniert allerdings normalerweise ohne Probleme. Nur sollte klar sein: Heim-Hifi- und Studiokopfhörer sind keine Headsets. Sie enthalten keine Mikrofone und man kann mit ihnen weder telefonieren, noch spielen oder Podcasts aufnehmen. Aber natürlich Podcasts abhören, ob in Produktion oder als Konsument.
Gute Kopfhörer können auch noch an eine weitere Variante angeschlossen werden: an einen balancierten Kopfhörerausgang. Der findet sich an speziellen, besonders hochwertigen Kopfhörerverstärkern und auch mobilen Abspielgeräten. Hier wird jede Seite zweipolig angeschlossen, nicht mit gemeinsamer Masse wie beim normalen Klinkenstecker. Das soll die Stereotrennung verbessern, fällt dann aber wirklich in den High-End-Bereich. Hierfür gibt es dann XLR- oder Klinkenstecker, die im Durchmesser zwischen 3,5 und 6,3 mm liegen und entsprechend viele Pole haben. Dem Sennheiser HD660S2 liegt hierfür ein separates Anschlusskabel bei.
Fazit: Die billigste Lösung ist natürlich, seinen Mobilkopfhörer auch zuhause zu verwenden. Sinnvoll ist dies aber nur, wenn man auch zuhause Audio vom Smartphone hören will, aber dann nervt es spätestens, wenn wieder einmal der Akku leer ist. Sobald es um eine größere Anlage mit Heimkino geht oder um Audioproduktionen, sind HiFi-Heim- oder Studiokopfhörer die richtige Wahl. So können schon für ein paar 100 Euro auch anspruchsvolle Ohren zufriedengestellt werden. Geht es nur um gelegentliche nächtliche Nachrichtensendungen, kann es natürlich auch ein günstigerer Kopfhörer sein.