Das „Soopoollim“ ist nicht nur ein Refugium für Liebhaber traditioneller koreanischer Tees. Dort können auch hausgemachte Speisen wie Bibimbap, Mandus und Desserts gekostet werden.
Dass eine meiner Freundinnen neuerdings ein Korea-Faible hat, hatte ich kürzlich bereits in einem anderen Beitrag erzählt. Angesteckt von der kulinarischen Neugier der Freundin, gingen wir damals in ein koreanisches Restaurant im Nachbar-Kiez und probierten die auf der asiatischen Halbinsel angesagte Mischung aus Bier und Reisschnaps (Soju). Zufrieden, um eine kulinarische Erfahrung reicher und leicht beschwipst gingen wir danach wieder nach Hause. Ebenso koreanisch, aber ganz ohne alkoholische Note, geht es im „Soopoollim“ in Berlin-Mitte zu. In Yurim Byuns kleinem Teehaus können Gäste traditionelle koreanische Kräutertees zu sich nehmen, aber auch einige koreanische Speisen wie Mandus oder Bimbimbap und Desserts.
Die passionierte Köchin zog 2012 von Korea nach Deutschland und gründete dann ihr eigenes kleines Catering-Unternehmen. „Ich habe keine reiche Familie und war sehr arm, da habe ich mit der Herstellung von koreanischen Sushi-Rollen angefangen, die ich verkauft habe“, erzählt die Entrepreneurin im Gespräch. „Ich habe von Grund auf begonnen und hatte in meiner kleinen Küche anfangs nur ein Messer und eine Pfanne“, erinnert sich die Wahl-Berlinerin und berichtet, dass sie jeden Morgen um 5 Uhr aufgestanden sei, um die pikanten Röllchen zu machen.
Schlichter Raum mit Holzdecke und -tischen
Yurim Byun machte Catering für Freunde, es sprach sich herum, man empfahl sie weiter. Schließlich belieferte sie die Koreanische Botschaft und größere Unternehmen wie etwa Sony. Als Byuns Unternehmen expandierte, suchte sie nach einer größeren Küche und fand schließlich die Räumlichkeiten an der Ackerstraße. Die Location selbst war es, die sie auf die Idee brachte, ihre Speisen nicht nur auszuliefern, sondern auch Gäste vor Ort zu bewirten. „Doch das Essen, das ich zubereite, passte nicht zu Kaffee, sondern vielmehr zu Tee“, erläutert sie. „So entstand die Idee eines Teehauses.“ Für Unverbesserliche hat die Entrepreneurin in Berlin-Mitte auch Kaffee im Angebot, doch Yurim Byuns Fokus liegt eindeutig auf Tee.
Im Herbst vergangenen Jahres schließlich eröffnete sie das „Soopoollim“. Das kleine Ladenlokal ist ein lichtdurchfluteter, schlichter Raum mit einer dunklen Holztheke, Holztischen und ein paar Pflanzen. Der begleitende Fotograf und ich werden an einem schmucken, nachtblauen Tisch mit asiatischen Ornamenten am Fenster platziert. Auf unserem Tisch steht ein Bonsaibäumchen. Auch darunter, direkt in der Schaufensterauslage, waldet es. Denn dort ist ein Miniaturgarten angelegt. Während wir mit der Inhaberin und Chefköchin plaudern, laufen draußen Kinder vorbei und bleiben plötzlich vor dem Teehaus stehen. Sie bestaunen das grüne Kleinkunstwerk, drücken sich die Nase am Schaufenster platt. „Das passiert oft“, weiß Yurim Byun und schmunzelt.
Tatsächlich hat sie sich von den Wäldern Ostasiens inspirieren lassen. „Soopoolin“ sei der koreanische Name des chinesischen Zeichens für Wald, erklärt sie uns. Und auch ihr eigener Name hat einen Bezug zum Forst: „Yurim bedeutet im Koreanischen purer Wald“, sagt die Unternehmerin. „Ich mag Berge und Wälder.“ Yurim Byuns enger Bezug zur Natur wurde schon von ihrer Mutter gefördert. „Sie ist sehr naturverbunden, und als ich ein Kind war, hat sie mich viel in die Natur mitgenommen“, erinnert sich die 42-Jährige.
Teekultur Koreas ist mehr als 1.500 Jahre alt
Weitere Blickfänge an der Ackerstraße 149 sind ein hölzerner, achteckiger Fensterrahmen und ein Ast, die beide an der Decke hängen. Ein Beamer wirft eine zarte Projektion der beiden Objekte an die Wand. „Das ist ein traditionelles chinesisches Fenster ohne Glas“, erklärt die Gründerin auf Nachfrage. Die Liebe zum Detail findet sich immer wieder in Yurim Byuns Teehaus. „Ich wollte einen achtsamen Ort schaffen“, sagt sie, bevor wir einen Blick in die Teekarte werfen.
Auf der Karte finden sich viele Kräutertees, von denen ich noch nie etwas gehört habe. Mit mehr als 1.500 Jahren ist die Teekultur Koreas noch älter als die Japans. Anfangs war das Getränk ein Teil von Verehrungszeremonien in Tempeln. Der angenehme Duft des Tees sollte bis in den Himmel steigen und dort die Götter wohlgesonnen stimmen. Außer Grüntee gibt es eine große Vielfalt an Kräutertees, die aus Früchten, Blättern, Samen oder Wurzeln hergestellt werden.
Geduldig erklärt uns Yurim Byuns die unterschiedlichen Wirkungen der einzelnen Sorten auf Körper und Geist. Der Chrysanthementee etwa – Gukhwacha auf Koreanisch – soll das Nervensystem beruhigen und Stress reduzieren. Vor allem sieht er sehr pittoresk aus, denke ich, als sich die gelben Blüten in meiner Tasse entfalten. Unser kulinarischer Favorit am heutigen Nachmittag aber ist der traditionelle Ssanghwacha, den uns Yurim Byun als Königstee vorstellt. Das rotbraune Getränk enthält zehn verschiedene Kräuter und Zutaten wie etwa Zimt, Pfingstrosen und Bockshorn und soll energetisierend wirken. „Ssanghwacha bedeutet doppelte Harmonie und bezieht sich auf die Balance von Yin und Yang“, erklärt uns unsere koreanische Gastgeberin. Das ist der richtige Tee gegen das Nachmittagstief, denke ich und nehme noch einen weiteren Schluck von dem aromatischen und überaus köstlichen Getränk.
Gern würde ich jetzt schon von den Süßigkeiten und Küchlein naschen, die hinter der Glasvitrine hübsch nebeneinanderliegen. Gedanklich probiere ich mich schon durch Matcha-Mochis, cremige Seouler Biskuitrollen und eine Portion Tiramisu aus Dalgona-Kaffee-Creme. Doch zunächst geht es herzhaft und pikant weiter. Der Fotograf lässt sich „Bossam“ empfehlen, was sich als gute Wahl herausstellt. Dabei handelt es sich um in Scheibchen geschnittenes, langsam gekochtes Fleisch aus dem Schweinebauch. Gegessen werde das Ganze wie ein Wrap, erklärt uns die Köchin. Man nehme also ein Stück Weißkohl und fülle es mit einem Scheibchen Fleisch, etwas Kimchi und in Salz eingelegten, zerhäckselten Shrimps.
Klassiker verfeinert mit Seidentofu und Heilpilz
Ich wähle als Gegenstück etwas Vegetarisches und nehme ein „White Bibimbap“. Das Ensemble ist das typisch koreanische Reis- und Gemüsegericht, das man schon kennt. Yurim Byun verfeinert das Ganze allerdings mit zartem Seidentofu und Silberrohr, einem weißen asiatischen Heilpilz, der auch unter dem Namen Snow Fungus bekannt ist. Alles in allem sehr umami, finde ich. Auch der Kimchi ist angenehm scharf und knackig. Das fermentierte Gemüse ist wie alles in Yurim Byuns Teehaus selbst gemacht. Als Nächstes lassen wir uns noch ein, zwei Mandus schmecken. Die Teigtaschen tunken wir in Yurim Byuns Kreation aus scharfer Ssamjang-Paste und Hummus – und sind im siebten Aromenhimmel.Matcha-Creme
Süß, aber nicht zu süß wird es am Ende unserer kulinarischen Stippvisite beim Probieren von Yakbap. Das Dessert zählt zu den traditionellen Süßspeisen Koreas. Es besteht aus Klebreis mit Walnüssen, Kastanien, getrockneten Jujube-Früchten sowie Kürbis- und Pinienkernen. Am Ende unseres Besuches sind wir satt und zufrieden – ganz ohne Nachmittagskoma. So sollte es eigentlich öfter sein.