Erstes Digital-Zeugnis nach einem Jahr Pandemie – für Schüler und Schulen
E-Mail für Mama: „Ein Lehrer von M. H. hat eine Nachricht im Elternportal hinterlegt.“ Auch das kommt vor dieser Tage, in denen es immer wieder digitalen Distanzunterricht gibt. Wurde eine Hausaufgabe nicht rechtzeitig hochgeladen? War das Rondo, das die Zwölfjährigen zuhause komponieren sollten, nicht am Lehrercomputer abspielbar?
Eine Premiere tut sich beim Klick auf die Nachricht auf: Das erste Zeugnis, das digital ausgestellt und übermittelt wird, steht zum Download bereit. Der zweite Zwischenbericht in diesem merkwürdigen Schuljahr, in dem die Sechstklässler seit Dezember nur wenige Tage in der Schule waren. Zwei- bis dreimal pro Woche testen sich alle Anwesenden in der Schule. Soweit alles gut: Noten positiv, Tests negativ.
Über die vorgeschriebenen eineinhalb Meter Abstand habe er sich mit seinem Sitznachbarn beim Wiedersehen im Klassenzimmer gut unterhalten, erzählte mein Bub, als er nach drei Monaten erstmals wieder in der Schule war. „Das geht, mit Maske und trotz der Entfernung“, versicherte auch seine große Schwester. Nach vier Stunden mit FFP2-Maske hatte die 16-Jährige auf eine OP-Maske gewechselt. Ihr war schwindelig geworden. Trotzdem: Ein wenig Ratschen, echte Interaktion, das funktioniert, den Kindern der Verfasserin dieses Textes zufolge, mit Gesichtsschutz sogar besonders gut.
„Ungünstig fürs Ratschen ist nur, wenn gerade live gestreamt wird“, schränken sie ein. Das ist neu in der aktuellen Phase des Wechselunterrichts nach mehr als einem Jahr Pandemie. Luftreinigungsgeräte fehlen – obwohl von der Schulleitung mehrfach beantragt – weiter. Aber immerhin sind große Stative und leistungsfähige Webcams verfügbar, mit denen der Präsenzunterricht aus dem Gebäude an die Schüler, die zuhause sind, via Internet übertragen wird.
„Alles easy“, sagte die Tochter während des monatelangen reinen Distanzunterrichts auf Nachfragen lässig. Nach der Rückkehr in die Schule kurz vor Ostern kam sie heim und sagte: „Diese drei Monate seit Dezember fühlen sich im Rückblick an wie eine nicht vorhandene Zeit. Treffen mit Freunden, Erlebnisse zum Erinnern, echte Freizeit fehlten. Irgendwie war alles irrelevant. Jetzt geht es weiter.“
Immerhin für sie als angehende Abiturientin. Immerhin in der Schule. Für den zwölfjährigen Sechstklässler und den 18-jährigen Zweitsemester-Studenten spielten sich Schule und Uni weiter fast ausschließlich in ihren vier Wänden ab. Wie für so viele Jugendliche in Deutschland seit dem Frühjahr 2020. Deshalb fragte der Digitalverband Bitkom bei den Eltern nach: „Wie digital sind unsere Schulen?“.
Womit wir zunächst wieder bei elektronischen Briefen von Lehrern wären: Sieben von zehn Lehrern kommunizieren via E-Mail mit den Eltern. Im digitalen Unterricht gibt es Videokonferenzen – für 83 Prozent, Online-Präsenzunterricht – für 77 Prozent, außerdem digitale Lernplattformen – für 65 Prozent der Schüler. Jeder dritte Hausstand musste Aufgaben oder Dokumente aus der Schule abholen.
Im zweiten Corona-Jahr haben 63 Prozent der Kinder eigene digitale Endgeräte, vor allem Notebooks, zuhause. Sieben Prozent der Kinder müssen sich ein Gerät teilen, jeder fünfte Schüler nimmt ein privates Notebook, Tablet oder Smartphone der Eltern. Vier Prozent der Schüler können mangels Ausstattung gar nicht an der digitalen Distanz-Schule teilnehmen. Nur sieben von 100 Elternhäusern sind nicht auf Probleme mit dem digitalen Unterricht gestoßen.
Womit wir zum ersten Digital-Zeugnis zurückkehren: Die Eltern geben den Schulen und deren Sachaufwandsträgern einen mittelmäßigen Zwischenbericht mit Note „3 bis 4“. Das betrifft etwa die digitale Ausstattung und den Zustand digitaler Endgeräte in der Schule sowie die Verfügbarkeit von Internetzugängen in den Klassenräumen, außerdem Hilfe bei IT-Problemen.
Wir kommen zur Schlussbemerkung des ersten Digital-Zeugnisses für Schulen: Vier Fünftel der Eltern wünschen sich nunmehr Informatik ab der 5. Klasse als Pflichtfach. Dazu braucht es allerdings deutlich mehr Informatiklehrer. Und die müssen erst noch gefunden werden.