Greifarme sowie Exoskelette helfen uns, die Lasten des Lebens leichter zu nehmen. Neueste Service-Roboter machen sich mit KI im Alltag nützlich. Eine kleine Vorstellungsrunde smarter Maschinen, die weiter sicher von Menschen kontrolliert werden.
Wollen Roboter unseren Arbeitsplatz? Killt Künstliche Intelligenz Kultur und Kreativität? Automation, Roboter und KI beunruhigen. Doch sie versprechen auch unmittelbare Erleichterungen. Etwa einen Toilettenreinigungsroboter, der in Arbeitsumgebungen mit KI arbeiten könnte. Ein solch geniales Highlight aus Wissenschaft, Ingenieurskunst und IT hat natürlich viele Nebenbuhler, die in höhere Sphären entführen. Dabei zeigt das genannte Beispiel, dass es fast nichts mehr gibt, bei dem keine Unterstützung von Robotern denkbar ist.
Die Zahl der Service-Roboter für den professionellen Einsatz ist nach Angaben des Weltroboterverbands International Federation of Robotics (IFR) weltweit um 48 Prozent auf insgesamt 158.000 verkaufte Einheiten gestiegen. Der Grund für die eilige Automatisierung: Personalmangel. „Die Serviceroboter-Branche entwickelt sich rasant“, sagt Marina Bill, IFR-Präsidentin. „Der Mangel an Fachkräften und die Schwierigkeit, Servicestellen mit Personal zu besetzen, steigern die Nachfrage. Die IFR hat weltweit fast 1.000 Anbieter von Servicerobotern identifiziert, die automatisierte Dienstleistungen anbieten.“ Besonders begehrt seien dabei Roboter, die Speisen und Getränke in Restaurants liefern.
Roboter sind weit vom Menschsein entfernt. Doch mithilfe von Künstlicher Intelligenz nähern sie sich dem Endzustand dessen, was den Menschen ausmacht, ein Stück an: Wie erreichen sie das? Sie suchen sich Wege. Die Roboter werden aus ihren Erfahrungen schlau, lernen dazu, um schließlich mit unbekannten Situationen zurechtzukommen. Selbstständig, ohne vorher passend programmiert zu werden. Es geht darum, dass KI „embedded“, also vom „Körper“ eines Roboters umschlossen ist, dessen Hauptziel es sein muss, situations- und aufgabengerecht zu funktionieren. Weniger, dass er äußerlich oder in der Art, wie er spricht, einem Menschen ähnelt.
KI-Expertin Angela Schoellig beispielsweise forscht daran, wie sich maschinelles Lernen in Robotern integrieren lässt, damit sie auch mit komplexeren Aufgaben zurechtkommen. Bisher sind sie konzentriert auf jeweils einen bestimmten Zweck, den die Roboter dank KI erfüllen. Wie ihre kleinen Flugroboter, die mithilfe von Maschinenintelligenz beispielsweise Steinbrocken nach Sprengungen im Tagebau vermessen, um die Sprengsätze zu optimieren. Oder ein Roboter namens „The Thing“, der Gegenstände auf einem Tablett ausbalancieren kann.
„The Thing“ kann Gegenstände auf Tabletts balancieren
Die gebürtige Stuttgarterin Schoellig wurde 2022 nach inspirierenden Forscherjahren in Kanada mit einer Alexander-von-Humboldt-Professur für Robotik und Künstliche Intelligenz zum Für-immer-Rückflug in Deutschlands Süden bewegt. Auch das Umfeld an der Technischen Universität München gefällt der Expertin für Maschinelles Lernen. Anreize sind wichtig. Selbst ihre Flugroboter brauchen kleine Motivationen: Schoellig lässt sie mit ihrem Team sogar zu Bewegungskünstlern werden, um sie zu mehr Autonomie zu trainieren. „Die Flugroboter tanzen nach einer Choreografie von ChatGPT zur Musik. Das zeigt, was die generative KI ChatGPT gut kann, also auch kreativ sein und eine Choreografie designen“, erzählt die Professorin ganz geerdet – also trotz der großen Wellen, die Künstliche Intelligenz derzeit bei Fans nützlicher Maschinen, Geräte und Dienstleistungen schlägt.
Das wiederum ist auf Messen wie der Automatica in München deutlich zu spüren. Im Sauseschritt geht es hier von einer Möglichkeit zur nächsten. Thomas Hähn, Gründer und CEO der United Robotics Group und Vorsitzender der Hahn Group, ist nach mehr als drei Jahrzehnten Erfahrung in den Bereichen Automation und Robotik immer noch der Enthusiasmus für die Entlastung durch Automation anzumerken. „Eigentlich würde ich Ihnen gerne einen meiner mobilen Service-Roboter mitgeben“, sagt der Unternehmer, der das Technikfeld, auf dem helfende Maschinen gedeihen, von unten aufgerollt hat. Seine Begeisterung steckt an. Es macht Spaß, zu erfahren und zu sehen, was möglich ist, wenn sich viele Disziplinen und Spezialisten zusammenfinden, um Roboter zu schaffen, die nützliche Begleiter des Menschen sind.
Während Hähn erzählt, lenken die autonomen, mobilen Inspektionsroboter RB-Watcher Reality Capture von Robotnik Automation – eine spanische Tochter von URG – und der vierbeinige Laufroboter Spot von Boston Dynamics die Umstehenden an den Ständen der Unternehmensgruppen ab. An den beweglichen Maschinen zeigt die Bochumer United Robotics Group live die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten solch smarter Automatisierungslösungen: Die örtlich mobilen Roboter erkennen Umgebungen und führen Routinekontrollen durch. Solche Roboter überwachen Räume und Infrastrukturen. Ihr Job als „Security“ wird es sein, Risiken klein zu halten und die Sicherheit sowie Verfügbarkeit hochzuschrauben.
Doch zurück zu meinem Begleiter in spe: Tatsächlich hätte ich so einen freundlich zwinkernden Roboter-Assistenten auf Rädern gern mitgenommen, der mir mein Equipment abnimmt beziehungsweise stabil lagert. Denn Plato ist wie der schon bekanntere Pepper ein sehr freundlicher Roboter. Und auf solch anstrengenden Messe-Rundgängen, wie denen durch die riesigen Messehallen in München, ist er sicherlich ein netter Kavalier. Keineswegs erschreckend, denn er und seine Geschwister arbeiten mit leichten Armen, bewegen sich immer menschenähnlicher, kommunizieren und sind beispielsweise in der Industrie praktischerweise auch mit Gesten steuerbar.
Plato, der kollaborative Roboter, oder auch kurz Cobot, hat heute aber viel zu tun: Innerhalb eines Jahres arbeitete sich der umgängliche, anpassungsfähige Roboter über die Gastronomie via Gesundheitssektor mit einem neuen Konzept in Fertigung, Intralogistik und Einzelhandel vor. Als autonome mobile Plattform kann er mit einem intelligenten Indoor-Navigationssystem beispielsweise Waren unter der Kontrolle von Menschen agil transportieren.
Sehr beschäftigt ist auch uMobileLAB, eine variable CobiotX-Lösung für die Laborautomatisierung. Weil dies modular designt ist, kann sich der gemeinsam mit der Siemens Healthineers AG entwickelte Roboter ohne Probleme in die Laborumgebung einfügen.
Roboter und Cobots als Helfer in der Not
Roboter, Cobots und CobiotXs agieren als Helfer in der Not: „Die Kunden brauchen sie zu Menschen dazu“, sagt URG-CEO Hähn und erzählt von Psychologen und Philosophen im Team, die dafür sorgen, dass interagierende Roboter sympathisch und leicht menschlich rüberkommen. Ein wenig sind auch tierische Vorbilder im Spiel, wenn die Roboter-Bauer zusammen mit Hochschulen Sounddesign, Ambiente und Anfahrt der Platos und Peppers dieser Welt sensibel austüfteln. Unbeeindruckt von den vielen redenden Menschen räumt Plato, den es in vielerlei Gestalten gibt, unterdessen eine Warenlieferung ein. Schublade für Schublade, ohne etwas fallenzulassen. Passend ausgerüstete Roboter bestücken auch die Regale eines verkleinerten Supermarkts und kümmern sich um Medizin-Lagerbestände.
Nach den mit Menschen statisch zusammenarbeitenden Cobots und den einsamen Robotern der ersten Stunde, stellt die dritte, neue Robotik-Generation „CobiotX“ einen neuen Standard für Service-Roboter dar: Diese Roboter werden uns an noch mehr Orten begegnen als ihre Vorgänger, weil sie mobil im Einsatz, einfach zu bedienen sowie flexibel sind. Ein Service-Roboter, der sich in unterschiedlichen Räumen frei bewegt, muss – der Definition von United Robotics zufolge – parallel die Sicherheitsstandards und den Datenschutz beachten, die Menschen erkennen, sich seiner Umgebung anpassen und seine Fähigkeiten kontinuierlich weiterentwickeln.
Algorithmus erweitert sich Schritt für Schritt
Liest man in den Jahresberichten der Weltroboterorganisation IFR nach, begegnet man vielerlei detaillierten Einordnungen von Robotern und Nicht-Robotern. Nach wirtschaftlichen Kriterien werden vor allem Industrie- und Service-Roboter unterschieden. United Robotics betont, dass die vielseitigen Anforderungen an die neue CobiotiX-Generation „nur mit Künstlicher Intelligenz, Machine Learning, das in den Robotern integriert ist, und Algorithmen“ abgebildet werden könne. Der Algorithmus komme wiederholt – wie bei einem Smartphone täglich – zum Einsatz und erweitere sich somit Schritt für Schritt. Die Fähigkeiten des Roboters erhöhten sich mit dem Fortschritt des Algorithmus, sodass komplexe Aufgaben in verschiedenen Umgebungen schneller ausgeführt werden können. Algorithmen für maschinelles Lernen verbesserten somit die Leistung von KI-Systemen.
Der humanoide Roboter Pepper hat sich seit 2014 äußerlich kaum verändert, lässt sich aber durch den Einsatz von KI besser als zuvor in Schulen, Krankenhäusern und Pflegeheimen sowie bei Demenzpatienten einsetzen. Der niedlich wirkende Roboter kann durch eine Schnittstelle zum KI-gestützten Sprachmodell ChatGPT mittlerweile ausführlicher diskutieren und kommunizieren – auch wenn er manchmal Unsinn erzählt.
Es wird viel geforscht und erprobt, denn Maschinen tun sich schwer, den Menschen ähnlich zu werden. Übung macht den Meister. Auch andernorts arbeiten in Show-Vorführungen mobile Service-Roboter im Labor, holen Sandwiches aus der Mikrowelle, beatmen Patientenpuppen und führen Herz-OPs durch. Digitale Zwillinge sind bei dieser Demonstration von Zukunftsszenarien ein Bindeglied zwischen anweisenden Menschen und ausführenden Robotern.
Begehrlich sind für hart arbeitende Menschen tragbare Exoskelette. Das Mate-XB von Comau für die Lendenwirbelsäule beispielsweise wird wie ein Kleidungsstück getragen. Es soll die Muskel-Skelett-Ermüdung bei anstrengenden manuellen Tätigkeiten reduzieren. Das Mate-XT soll den Oberkörper beziehungsweise den unteren Rücken bei Biege- und Hebearbeiten unterstützen, wenn Arbeiter Lasten bis zu 25 Kilogramm manuell bewegen müssen.
Dazu teilt die Zentrale in Italien mit: „Einige Elemente des Design- und Entwicklungsprozesses nutzen hochentwickelte Technologien (einschließlich maschinellen Lernens und Künstlicher Intelligenz), um Daten für Design und Simulation oder für die Bewegungssteuerung zu analysieren und zu verarbeiten, aber nur in geringem Maße im Vergleich zu menschlichem Input.“ Design und Entwicklung von Exoskeletten erfolgten durch Feldversuche und akademische und industrielle Forschung im Bereich Biomechanik.“
Dadurch habe Iuvo, ein Spin-off-Unternehmen der Scuola Superiore Sant’Anna in Pisa, weltweit Dutzende von Patenten anmelden und ein Know-how-Portfolio aufbauen können, das zu den besten der Welt gehöre. Derzeit arbeiten mehr als 50 Forscher und Bioingenieure von Iuvo und Comau zusammen, eine der größten Forschergruppen weltweit. „Angesichts des hohen Niveaus an Fachwissen und der Komplexität der Aufgabe ist die ‚natürliche‘ Intelligenz immer noch eine wettbewerbsfähige und weit verbreitete Ressource“, hieß es von Comau.
Je standardisierter, desto leichter für Roboter
Je standardisierter Aufgaben und Umgebung sind, desto leichter tun sich Roboter – noch. Sind sie fähig, Aufzug zu fahren, dabei Knöpfe zu drücken, Türen zu öffnen, in wechselnde Räume hineinzugehen und dort ihre Arbeit zu verrichten, die auf unterschiedliche Vorbedingungen trifft, so weist diese Anpassungsfähigkeit, gepaart mit autonomer Mobilität, auf Künstliche Intelligenz hin. Im Allgemeinen.
Damit wären wir zurück bei den eingangs erwähnten Toilettenreinigungsrobotern, die möglicherweise irgendwann im gewerblichen Einsatz reihenweise und rundum Toiletten putzen und desinfizieren können: Videos und Infoschnipsel gibt es dazu auch auf einer Unternehmenswebsite. Verifizieren ließen sich die im Netz kursierenden Toilettenreinigungsroboter allerdings nicht, da weder Menschen noch Roboter auf Presseanfragen reagierten. Deshalb schieben wir solche nützlichen Maschinen fürs erste in die Kategorie der Visionen, was KI alles bewirken könnte.
Bei iRobot hingegen weiß man bereits, dass ein Saug- und Wischroboter „die schmutzigsten Räume zuerst reinigen und so aufmerksam sein (müsse), dass er beispielsweise weiß, dass der Badezimmerboden zuletzt mit einem Wischpad gereinigt werden sollte“. Deshalb seien der Roomba Combo j9+ und der Roomba j9+ mit iRobot OS ausgestattet und beide Geräte sollen über eine „Dirt Detective“-Intelligenz verfügen. Wie auch immer sich die Intelligenz nennt: Hauptsache, sie ist nützlich und im Ergebnis macht sie sauber.