Der saarländische Gitarrist Ro Gebhardt hat zu seinem nächsten Konzert einen besonderen Gast und zwei vielversprechende junge Musiker eingeladen. Im Interview erklärt der Meister des Crossover, warum seine Expertise auch in Zeiten von Digitalisierung und KI gefragt ist.

Herr Gebhardt, demnächst sind Sie mit einem „Gitarrenspecial“ zu Gast im Saarbrücker Schloss. Worauf darf sich das Publikum freuen?
Auf zwei tolle Gitarristen, virtuos und emotional, ein Geben und Nehmen zwischen zwei gestandenen „Mannsbildern“, die in den vergangenen 40 Jahren auf diversen Bühnen gestanden haben. Aber auch auf zwei tolle junge Musiker, deren Karriere man gespannt betrachten darf. Wir werden in verschiedenen Konstellationen – Solo, Duo, Trio, Quartett – Standards und Originals präsentieren: Jazz, Poppiges, Bluesiges, ein bisschen Latin und vieles mehr.
Special Guest bei dem Konzert wird Peter Autschbach sein, einer der Stars der deutschen Gitarrenszene. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?
Ich habe ein paar Künstler auf meiner Liste, mit denen ich schon immer mal zusammenarbeiten wollte. Und Peter gehört dazu. Es ist eben etwas anderes, ob man von jemandem nur eine CD hört, ihn auf einem Konzert als Zuschauer erlebt oder ob man mit ihm auf der Bühne steht. Ich habe ihn angerufen und gefragt, ob er mich kennt und Lust hat. Und er meinte, klar kennt er mich, und klar hat er Lust. Mit dem bekannten Bluesgitarristen Gregor Hilden fand im vergangenen Jahr beim Festival „Blue Music for a Blue Planet“ ein gemeinsames Konzert statt. Wahrscheinlich gibt es 2024 in diesem Rahmen ein Treffen mit Thomas Blug. Der Saarbrücker zählt mittlerweile zu den weltbesten Gitarristen. Die Liste der Kollegen, mit denen ich spielen will, ist relativ lang. Ein paar davon werde ich schon noch ins Saarland bringen können.
Neben Ihnen beiden als „Gitarristen-Urgesteinen“ sind auch zwei junge Musiker zu erleben. Wer ist am Schlagzeug?
Der 25-jährige Jonas Drobczinsky. Er kommt ursprünglich aus dem Raum Saarlouis. Jetzt lebt er in Mainz und studiert dort. Ich hatte Jonas als sehr erfrischend erlebt bei einem Workshop, bei dem ich Dozent war, und hatte ihn direkt auf dem Schirm, um mal „richtige“ Konzerte mit ihm zu spielen. Von denen haben wir mittlerweile einige erlebt – und das hat echt Spaß gemacht. Ich bin mal gespannt, was da noch kommt.
Ein ebenso großes Talent spielt den Bass – Ihr Sohn Alec. Was macht ihn als Musiker aus?

Alec hat sein erstes Mini-Konzert mit fünf Jahren gespielt, danach ab und an ein paar Stückchen als Special Guest bei meinen Solokonzerten. Im Lauf der Zeit ist sein Anteil bei Konzerten mit mir stetig gewachsen. Jetzt ist er gerade mal 16 Jahre alt und spielt die kompletten Programme. Er ist schon so solide und routiniert für sein Alter, dass ich es manchmal kaum fassen kann. Wir haben ein wunderbares Verhältnis!
Nachwuchsförderung ist Ihnen offensichtlich sehr wichtig. Wie kann diese in Zeiten der Digitalisierung und KI gelingen?
Man bekommt im Netz alles Mögliche an Informationen. Das war in der Zeit, in der ich ein junger Musiker war, undenkbar. Man muss heute kein Stück mehr raushören oder ein Solo transkribieren, um es zu analysieren oder nachzuspielen. Das ist für die Entwicklung des musikalischen Hörens nicht gerade förderlich. Und man kann sich auch nicht sicher sein, dass das Angebot im Netz auch stimmt oder Qualität hat. Dazu bedarf es schon der Überwachung durch jemanden, der das abschätzen kann. Bei der KI ist das Problem ähnlich. Auch dafür ist so jemand wie ich doch noch von Bedeutung.
Veränderungen prägen Ihre Musik. Wie hat sie sich seit Ihrem ersten Konzert vor 44 Jahren entwickelt? Welche Einflüsse sind heute wichtig?
In der Zeit, in der ich mich für Instrumentalvirtuosität als Berufsweg entschieden hatte, waren Solisten noch Helden. Kein Rocksong war ohne ein ordentliches Gitarrensolo denkbar. Michael Jackson hat das dann durch Tanzdarbietungen ersetzt. Die Videotheken haben die Leute am Wochenende vor der Glotze sitzen lassen. In die Kneipe zum Konzertchen der regionalen Coverband zu gehen, wurde zu anstrengend. Heute gibt es YouTube und Spotify. Da meint man alles sehen und hören zu können. Aber wir alle wissen ja letztendlich, dass ein Live-Erlebnis nicht zu toppen ist.
Hat sich auch das Publikum verändert? Welche Erwartungen haben die Menschen, die in Ihre Konzerte kommen?

In den Sechziger- und Siebzigerjahren war viel los bezüglich Crossover Jazz, Latin, Blues, Rock, World. Die Ansätze waren sehr kreativ und experimentell und das Publikum ist den Weg gerne mitgegangen. Das hat stark nachgelassen. Die meisten Sachen sind sehr „mainstreamig“, „in the middle of the road“. Zumindest das, was bei medialen Entscheidungsträgern durchgelassen und befördert wird. Das Publikum wird dadurch natürlich geformt. Mit solchen Phänomenen muss man sich als Bandleader auseinandersetzen und entsprechende Formate entwickeln, sodass sowohl Künstler als auch Zuhörer schöne Konzertevents erleben können.
Sie sind nicht nur ein Meister des Crossover, sondern werden von Ihren Fans auch für Ihre ausgeprägte Emotionalität geschätzt. Wie gelingt es Ihnen, Gefühle in Musik zu übersetzen?
Ich bin eben so. Ich habe da nie drüber nachgedacht. Musik berührt mich. Und nicht nur Musik.
Wann sind die nächsten Gelegenheiten, Sie live in unserer Region zu erleben?
Ich bin in den nächsten Monaten viel unterwegs, unter anderem in Berlin, Lübeck und Luxemburg. Im Saarland sind unter anderem Konzerte beim Stadtfest Neunkirchen im Juni sowie in der Saarbrücker Kettenfabrik und beim Jazzfest Homburg im Juli geplant. Infos zu den Terminen sind unter www.rogebhardt.de zu finden.
Außerdem gibt es ein spannendes Projekt mit dem Saarländischen Rundfunk. Können Sie dazu schon etwas verraten?
Wir werden ein paar poppigere Titel produzieren, in der Art der Songs von unserer zweitletzten CD „Fruit of Passion“ – hübsche Sachen mit Gesang. Ich freue mich sehr darauf! Da das Format CD von der Musikwirtschaft immer mehr verbannt wird, machen wir nur drei oder vier Titel und dazu Video-Material, damit wir es entsprechend auf den Social-Media-Plattformen darstellen können. Die Songs werden voraussichtlich Anfang 2025 veröffentlicht.