Der 65-jährige Bernhard Langer kann auf eine einzigartige, nun schon 47 Jahre dauernde Profi-Karriere im Golfsport zurückblicken. Mit seinem 45. Triumph auf der US-Senioren-Tour hat er jüngst eine ewige Bestmarke eingestellt. Es war sein 118. internationaler Titel.

Das größte berufliche Dilemma des am 27. August 1957 in Andhausen, unweit von Augsburg, geborenen bayerischen Schwaben Bernhard Langer dürfte fraglos gewesen sein, dass er seinen ersten internationalen Mega-Coup ausgerechnet nur gut zwei Monate vor Boris Beckers erstem Wimbledon-Triumph landen konnte. Denn selbst der erste Sieg eines deutschen Golfspielers bei den altehrwürdigen US-Masters am 14. April 1985 in Augusta sollte nicht ausreichen, um den 27-jährigen Langer in den Augen der hiesigen Sportpresse als „Sportler des Jahres“ für würdig zu befinden. Gegen Becker war er chancenlos, obwohl Langer damals genauso wie der Leimener Jungspund in London als absoluter Außenseiter zu dem Masters-Turnier im US-Bundesstaat Georgia angereist war. Ähnlich wie sein Kollege im Tennis sollte Langer durch seinen Aufstieg in den elitären Kreis der mit dem Grünen Jackett ausgestatteten Spitzen-Player den Grundstein für die Popularität des bis dahin hierzulande bestenfalls als Orchideenfach mit gerade mal 67.000 Aktiven gehandelten Golfsports hierzulande legen.
Der Sieg des blondgelockten Hänflings in Augusta war mehr als eine Sensation, weil Langer laut dem fassungslosen Masters-Rekordsieger Jack Nicklaus „aus einem Land kommt, das noch nie einen Golfer hervorgebracht hat.“ Allerdings hatte der in bescheidenen Verhältnissen als Sohn eines Maurers und einer Hausfrau aufgewachsene Langer sportlich recht schnell den Durchbruch geschafft. Sein erster Kontakt mit dem Golfsport kam im Alter von gerade mal acht Jahren zustande, als er sich zur Aufbesserung seines Taschengelds als Caddie bei einem Club in der Nähe verdingte. Dort sollte er wenig später selbst zum Schläger greifen. Entgegen der elterlichen Ratschläge entschloss er sich, die Schule nach den neun Pflichtjahren zu verlassen und eine Ausbildung zum Golflehrer aufzunehmen.
Er stand lange im Schatten von Becker
Gleichzeitig begann er an Profi-Wettbewerben teilzunehmen und konnte mit 17 Jahren sein erstes Profi-Turnier in Refrath vor den Toren Kölns gewinnen. Zwei Jahre später, 1976, wurde er als Golflehrer beim Golfclub Augsburg-Bobingen/Burgwalden angestellt und startete seine aktive Profi-Karriere. Im walisischen Chestow holte er 1980 seinen ersten Sieg bei einem Turnier im Rahmen der European Tour, bei der er es bis zum Jahr 2002 bei insgesamt 451 Starts zu 43 Turnier-Triumphen bringen sollte, was im ewigen Ranking auch heute noch den zweiten Platz hinter dem Spanier Severiano Ballesteros mit 50 Siegen bedeutet. Nachdem Langer 1976 bei seiner ersten Masters-Teilnahme, den British Open, noch den Cut verpasst hatte (was sich zwei Jahre später an gleicher Stelle wiederholen sollte), war er Anfang der 1980er-Jahre schon in die europäische Elite aufgestiegen. 1981 gewann er als erster Deutscher die German Open, ein Kunststück, das er bis 1993 noch vier weitere Male wiederholen sollte (1982, 1985, 1986, 1993). 1982 und 1984 belegte er bei den British Open dann schon jeweils den zweiten Platz. „Damals war ich noch nicht reif und erfahren genug für den Sieg“, so Langer im Rückblick, obwohl er 1984 in Europa schon vier Turniere gewonnen hatte.
Was aber alles nicht ausreichte, um ihn für das Masters 1985 in den USA, wo er bis dahin noch nie an einem Wettbewerb der PGA Tour teilgenommen hatte, auch nur zum erweiterten Favoritenkreis zu zählen. Einen Sieg Langers beim Masters hatte der Golf-Experte Ulrich Kaiser seinerzeit als ungefähr ebenso unwahrscheinlich bezeichnet wie ein Eiskunstlauf-Weltmeister aus Ghana. Allerdings kannte die gesamte internationale Konkurrenz die viel belächelte Anekdote aus dem Jahr 1981, als Langer bei einem Turnier im britischen Yorkshire zur Vermeidung eines Strafschlags die Krone einer Esche erklommen hatte und es ihm gelungen war, den dort in einer Astgabel eingeklemmten Ball mit einem spektakulären Schlag auf das Grün zu befördern. Dennoch war der Triumph ausgerechnet beim US-Masters, den Langer 1993 wiederholen sollte, kein Zufall, denn dieser Kurs kam dem Spiel des deutschen Ausnahmekönners, dessen einzige gelegentliche Schwäche das Einputten bleiben sollte, am weitesten entgegen: „Auguste National ist ein Platz für Strategen – und das Festhalten an einer bestimmten Taktik, dem überlegten Herangehen an die Löcher, ist immer meine Stärke gewesen“, so Langer.
Der Ryder Cup war Langer stets wichtig

Als 1986 erstmals eine Golf-Weltrangliste erstellt wurde, war Bernhard Langer immerhin drei Wochen lang im April die Nummer eins im Herrengolf. Danach blieben ihm weitere Siege bei den vier Major-Turnieren versagt, auch die Gesamtzahl seiner Siege auf der weltweit am höchsten gehandelten US-PGA Tour, an der er ab 1985 teilgenommen hatte, blieb recht überschaubar. Sechsmal gewann er mit der europäischen Equipe den ihm persönlich sehr wichtigen Ryder Cup (1985, 1987, 1995, 1997, 2002 und 2004). 2002 wurde Langer, der zu den Big Five gehört, dem exklusiven Club von fünf Top-Golfern, die allesamt innerhalb eines Jahres geboren wurden und zumindest ein Major-Turnier gewinnen konnten (außer ihm noch Nick Faldo, Ian Wossnam, Sandy Lyle und Severiano Ballesteros), von der PGA in die World Golf Hall of Fame aufgenommen.
Als er 2007 seinen 50. Geburtstag feiern konnte, hätte es der bekennende Christ mit dem aktiven Sport gut sein lassen können. Er lebte mit seiner Frau Vikki Carol (Heirat 1984) und seinen vier Kindern in Boca Raton in seiner Wahlheimat Florida, wohin er um das Jahr 2000 gezogen war, was gelegentliche Aufenthalte in seinem Andhausener Eigenheim mit eingeschlossen hatte. Finanziell war er längst bestens abgesichert, hatte er doch an Preisgeldern auf der European Tour rund 13,18 Millionen Dollar, auf der PGA Tour rund 10,68 Millionen Dollar einstreichen können. Dazu kamen Einnahmen aus Sponsoring-Verträgen mit Rolex, Bogner, Mecedes-Benz, der Hamburger Privatbank Berenberg oder dem US-Versicherungsunternehmen Sanford Health.
Doch der zeitlebens asketisch und gesundheitsbewusst lebende Langer, der dank eines täglichen Programms aus Sportstudio-Besuch, Jogging, Yoga und Stretching nicht nur sein Gewicht von 74 Kilogramm bei einer Körpergröße von rund 1,74 Meter problemlos halten konnte, verschwendete keinen Gedanken an ein Karriereende. Schließlich gab es da ja noch die 1978 eingeführte PGA Tour Champions, eine anfangs viel belächelte Turnierserie für Profis ab dem 50. Lebensjahr, um den Best Agers im Rahmen den allmählichen Ausstieg aus dem aktiven Geschäft zu erleichtern. Doch das ist längst Vergangenheit, weil inzwischen die älteren Golf-Herren auf dieser Tour an Preisgeldern sogar mehr als während ihrer aktiven Profi-Laufbahn verdienen können. Weshalb längst auf der Tour ein knallharter Wettbewerb stattfindet. Und dabei kann seit nunmehr 16 Jahren kein Konkurrent Bernard Langer das Wasser reichen. Er ist der absolute Dominator, von der PGA als „altersloses Wunder“ und vom Kollegen Steve Flesch als „altersloser Terminator“ tituliert.
Auf der Senior Tour wird gut verdient
Langer spielte bis Anfang 2023 schon unglaubliche 34 Millionen Dollar an Preisgeldern auf der PGA Tour Champions ein und belegte damit zwischen 2008 und 2021 gleich elfmal den ersten Platz in der Preisgeld-Rangliste. Er stellte einen Rekord nach dem anderen auf: Als einziger Golfer konnte er sechsmal die Jahres-Gesamtwertung der PGA Tour Champions, den Charles Schwab Cup, gewinnen (2010, 2014, 2015, 2016, 2018 und 2020/2021, wofür es jeweils einen Bonus in Höhe von einer Million Dollar gegeben hatte. Andere Spieler konnten die Jahreswertung maximal zweimal gewinnen. 2022 war Langer nur auf dem sechsten Platz gelandet) und wurde achtmal zum „Player of the Year“ gewählt (2008, 2009–2018 und 2020/2021). Zwischen 2010 und 2019 konnte er phänomenale elf Major-Turniere im Seniorenbereich für sich entscheiden. Zudem war er der erste Profi, dem es gelang, alle fünf Senior-Majors mindestens einmal zu gewinnen (viermal The Senior Open Championship, einmal US Senior-Open, dreimal in Folge als bislang Einziger die Senior Players Championships, zweimal Regions Tradition, einmal Senior PGA Championship).

Im Februar 2023 hatte Langer im Alter von 65 Jahren mit seinem 45. Sieg auf der PGA Tour Champions im Tiburon Golf Club in Naples den ewigen Rekord des inzwischen zurückgetretenen US-Amerikaners Hale Irwin eingestellt. „Es gibt einige Kurse“, so Langer nach seinem Rekordsieg, „bei denen ich es wegen mangelnder Distanz schwer habe. Seien wir ehrlich, ich treffe es nicht so weit wie diese 50- oder 52-Jährigen. Und es gibt einige Kurse, auf denen die Bomber einen so großen Vorteil haben, und ich es schwer habe. Aber auf einem Golfplatz wie diesem, der sehr eng und nicht zu lang ist, habe ich eine Chance.“ Es war sein insgesamt 118. internationaler Titelgewinn in 47 Golferjahren. So langsam dürften ihm die Ziele ausgehen, da er schon sein eigenes Alter im Rundenergebnis unterspielen konnte und ihm 2021 als 64-Jähriger das Kunststück von 63 Schlägen für eine Runde gelungen war, was kaum einem Golfer jemals zu gelingen pflegt. Langer glaubt auch künftig noch an weitere Siege, sofern der inzwischen 52-jährige Phil Mickelson weiterhin nur gelegentliche Ausflüge zur Senioren-Tour machen sollte. Auch auf der PGA Tour der besten Golf-Profis der Welt wird Langer Mickelson, der den Kollegen als „Goldstandard für Arbeitsethos und Disziplin“ gewürdigt hatte, sicherlich nicht mehr schlagen können. Dennoch wird Langer weiterhin zum Major in Augusta anreisen, wo er als früherer Champion ein lebenslanges Startrecht hat, 2004 als 47-Jähriger den vierten und 2014 als 57-Jähriger den achten Platz belegt hatte und wo er 2020 als ältester Spieler der Augusta-Geschichte den Cut geschafft hatte (was ihm 2022 nicht gelingen sollte). 2023 möchte er in Augusta zum 40. Mal an den Start gehen.