Bernhard Langer ist ein Star seiner Sportart – und auch im relativ hohen Alter noch erfolgreich. Seit Kurzem ist er Rekordsieger bei der US-Seniorentour. Sein Geheimnis ist Disziplin – und die Liebe zum Golf.
Udo Jürgens hat es schon immer gewusst. „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“, schmetterte der Sänger schon in den 70er-Jahren. Auch in dem Alter habe man „Spaß daran“ und es sei „noch lang noch nicht Schluss“. Diese Zeilen des Evergreens kennt natürlich auch Bernhard Langer auswendig, und er kann ihnen nur zustimmen. Am 27. August feiert der deutsche Golfstar seinen 66. Geburtstag.

Langer hat gute Gene
Zu alt, um das Leben zu genießen und das Beste aus sich herauszuholen, fühlt er sich überhaupt nicht. Bernhard Langer hat vor allem im Golfsport noch viel vor. „Ich habe eine Mutter, die am 4. August 100 Jahre alt wird, also denke ich, dass ich gute Gene habe“, sagte der zweimalige Masters-Gewinner. Zwar zwicke es hier und da etwas mehr als früher, und manchmal sind auch Schmerzen dabei. „Es gab schon die eine oder andere Woche, in der ich dachte: Was hast du hier draußen gemacht? Geh’ nach Hause und spiel mit deinen Enkeln“, berichtete der gebürtige Anhausener. Generell fühle er sich weiter fit für die PGA Tour Champions, der Senioren-Tour in den USA. An die Golf-Rente denkt der vierfache Familienvater noch nicht. „Hoffentlich bin ich noch ein paar Jahre dabei.“ Was ihm am meisten Hoffnung macht? „Der Golfball weiß nicht, wie alt wir sind.“
Wohl wahr. Langer selbst bewies das Anfang Juli eindrucksvoll, als er die US Senior Open in Stevens Point im Bundesstaat Wisconsin gewann und sich mit seinem 46. Titel zum alleinigen Rekordhalter der US-Senioren-Tour krönte. Er ist bei den über 50-Jährigen nun offiziell der erfolgreichste Spieler und überflügelte Golf-Ikone Hale Irwin aus den USA. Und nicht nur das: Mit 65 Jahren, zehn Monaten und fünf Tagen ist er auch der bislang älteste Sieger der Tour. Die Organisatoren verneigten sich vor dem Altstar und twitterten nach dessen Meilenstein Worte voller Bewunderung: „König. Legende. Der Größte aller Zeiten.“
Der Rummel um ihn ist Langer gar nicht so recht. Er mag keinen Personenkult und sucht auch in der Stunde des Triumphes nicht unbedingt das Rampenlicht. Doch auf diesen Rekordsieg war auch der eher bescheidene Langer mächtig stolz. „Das ist tatsächlich ein bisschen außergewöhnlich, denn wenn man nachliest, in welchem Alter auf der PGA Tour Champions die meisten Turniere gewonnen werden, dann ist das zwischen 50 und 55. Ich bin 65 und gewinne immer noch“, sagte er im Interview des Magazins „Sports Illustrated“. Es gebe in jeder Sportart Ausnahmen, „und ich bin dankbar, dass ich zu diesen gehöre“. Und das ist keineswegs übertrieben formuliert.

Langer zählt zweifelsohne zu den größten deutschen Sportstars. Er hat mehr als 110 Golfturniere in seiner Karriere gewonnen, darunter zweimal das Masters in Augusta im US-Bundesstaat Georgia. Diese Triumphe 1985 und 1993 haben ihm einen Legenden-Status in der Szene verschafft, genauso wie seine Erfolge beim Ryder Cup. Das Kontinentalduell zwischen Europa und den USA gewann er als Spieler sechsmal und als Kapitän einmal. 1986 wurde er als erster Deutscher Weltranglistenerster. Erreicht hat Langer all das mit Talent – aber auch mit harter Arbeit und großer Hartnäckigkeit. Denn er ist beileibe in keine elitäre Golf-Familie hineingeboren. „Ich kam aus einer Arbeiterfamilie, mein Vater war Maurer, meine Mutter Hausfrau“, erzählte Langer einmal: „Die finanziellen Verhältnisse waren sehr begrenzt.“ Deshalb fing er im Alter von neun Jahren an, als Caddy auf dem Goldplatz in Burgwalden zu jobben. Genau wie sein Bruder und seine Schwester. „Wir sind mit dem Fahrrad hochgefahren und haben ein paar D-Mark bekommen für die neun oder 18 Löcher, je nachdem, wie lange wir die Tasche getragen oder gezogen haben“, erinnerte sich Langer: „Es hat Spaß gemacht, als Kind ein bisschen Geld zu verdienen. Dann es hat noch mehr Spaß gemacht, als wir als Caddy Golf spielen durften.“ Dann drosch der junge Bernhard auf der Driving Range auf die Bälle oder lochte sie auf dem Putting Green gefühlvoll ein. Er merkte schnell, dass er ein Händchen für den Sport besitzt. Nur eben nicht die finanziellen Mittel. Also entschloss er sich später, als Golflehrer zu arbeiten. So konnte er Geld verdienen und zeitgleich auf dem Platz an seinen Fähigkeiten arbeiten. „Nach zwei, drei Jahren hat sich dann herausgestellt, dass ich selbst ganz gut spiele“, so Langer: „So habe ich mit 18 den Weg als Spieler eingeschlagen.“
Geldsorgen hat er heute keine mehr. Allein auf der US-Senioren-Tour, bei der er seit 16 Jahren als Superstar antritt, hat er bereits mehr als 35 Millionen US-Dollar an Preisgeld kassiert. Doch Geld war nie sein größter Antrieb. „Ich liebe Golf“, sagte Langer: „Ich spiele unheimlich gerne Golf. Das liegt mir im Blut. Und ich liebe den Wettkampf. Es macht Spaß, wenn man um den Sieg mitspielt und der Name auf dem Leaderboard steht. Da steigt das Adrenalin in mir.“ Diese Lust und Freude am Wettkampf ist ein wichtiger Grund, warum sich Langer in seinem Sport auch im relativ hohen Alter noch so gut schlägt. Ein zweiter ist seine Fitness. „Ich habe aber auch gelernt, auf meinen Körper zu achten. Das ist sicher ein Grund, warum ich so lange spiele“, erklärte er. Man müsse „fleißig sein und viel trainieren, nicht nur die Technik beim Schwung und das Putten, sondern auch im Fitnesscenter“. Man sieht dem schlanken Schwaben an, dass das für ihn keine leeren Phrasen sind. Nicht einmal der Ansatz eines Bierbauches ist bei ihm zu erkennen.
Fitness ist die Voraussetzung

Während der Turniere steht bei ihm an jedem Morgen Fitness auf dem Programm. Drei Stunden vor dem Abschlag kommt er dafür schon auf den Golfplatz. Erst danach gibt es für ihn Frühstück. Auch ein ausgedehntes Aufwärmen vor dem eigentlichen Spiel gehört für ihn wie selbstverständlich dazu. „Dann spiele ich die 18 Löcher in ungefähr viereinhalb Stunden, esse eine Kleinigkeit, und meistens wird danach noch mal ein Work-out eingeschoben und gestretcht“, erzählte Langer. Auf möglichst viele Muskeln legt er beim Training keinen Wert. Er legt seinen Fokus auf die Übungen zur Stärkung der Körpermitte, „denn das ist sehr wichtig für jemanden, der wie ich schon mal Rückenprobleme hatte“. Außerdem sei das Zentrum des Körpers auch Ausgangspunkt für Kraft und Beweglichkeit. Und so schafft es Langer weiterhin, sich im Feld der deutlich jüngeren Konkurrenten wie dem Amerikaner Steve Stricker (56), dem Neuseeländer Steven Alker (51) oder dem Iren Padraig Harrington (51) zu behaupten. „Er bringt uns alle immer wieder zum Staunen“, sagte Stricker, den Langer bei den jüngsten US Senior Open auf Platz zwei verwiesen hatte: „Er macht einfach weiter und bleibt in Form. Er ist einfach unglaublich, wirklich.“ Der deutsche Senior-Tour-Starter Alex Cejka berichtete über ihn: „Ich kenne ihn schon so viele Jahre, und seine Arbeitsmoral ist einfach unglaublich. Er ist ein harter Bursche.“ US-Golfer Larry Mize erstaunt vor allem Langers Konstanz und Konzentration auf allerhöchstem Niveau: „Jedes Mal, wenn er abschlägt, ist er wirklich bereit zu spielen, und das hört sich einfach an, aber ich kenne nicht viele Leute hier, die jedes Mal, wenn sie abschlagen, so vorbereitet sind wie Bernhard.“
Dazu gehört auch Selbstkritik. Langer neigt nicht dazu, seine Leistungen altersmilde besser zu bewerten, als sie tatsächlich waren. So gab er unumwunden zu, dass er zwischen seinem 45. und 46. Titel auf der Senioren-Tour mental nicht auf der Höhe gewesen sei. „Seit meinem 45. Titel im Februar war es schwierig, den Rekord aus dem Kopf zu bekommen“, gestand er: „Der Druck ist groß, vor allem, wenn man so nah dran ist.“ In solchen Momenten ist auch ein alter Golf-Hase wie er nicht vor Nervosität gefeit. „Dann gehen einem die Gedanken durch den Kopf, und man denkt sich: Wow, du bist so nah dran, du willst es jetzt nicht verlieren.“ Doch so zu denken sei „der falsche Weg“, weiß Langer: „Man muss sich einfach auf einen Schlag nach dem anderen konzentrieren.“
„Jeder hat seinen Preis“

und der dazu gehörenden Disziplin ist der schlanke Schwabe gut in Form - Foto: IMAGO/USA TODAY Network / Tork Mason
Langer ist ohne Frage ein Kind der PGA Tour. Kein Wunder also, dass er die neu gegründete und in Konkurrenz zur PGA stehende LIV Golf Tour kritisch sieht. „Ich glaube nicht, dass es gut für den Golfsport ist“, sagte er über die mit viel Geld aus Saudi-Arabien aus dem Boden gestampfte Wettkampfserie: „Ich glaube nicht, dass da viel Positives herauskommt, außer dass die Profis mehr verdienen.“ Er könne aber auch nachvollziehen, dass Golfstars wie Phil Mickelson, Bryson DeChambeau oder der Deutsche Martin Kaymer der Verführung der hohen Antrittsgagen erlagen. Nicht jeder könne ein absurd hohes Angebot ausschlagen wie Superstar Tiger Woods, der Medienberichten zufolge eine Wechsel-Summe zwischen 700 und 800 Millionen US-Dollar abgelehnt haben soll. „Das Problem ist, wenn solche Summen angeboten werden: Irgendwo hat jeder seinen Preis. Nicht jeder, aber einige“, sagte Langer: „Und es war wohl schwer für einige, da Nein zu sagen.“
Diese Entwicklung hat zur Spaltung in der Golfszene geführt. LIV-Starter werden mit Ausschlüssen und Turniersperren belegt, die Turniere der PGA-Tour müssen wiederum auf einige Stars verzichten. Langer blutet angesichts der Entwicklung das Golf-Herz, zumal der Grund für die Konkurrenzsituation kein wirkliches Interesse an der Sportart zu sein scheint. „Ich bin auch nicht begeistert, wo das Geld für die LIV League herkommt“, sagte Langer mit Blick auf die Millionen-Investitionen aus Saudi-Arabien. Das Land, das aufgrund seiner Menschenrechtsverletzungen von internationalen Organisationen kritisiert wird, versucht ganz offensichtlich mit Hilfe von großen Sportevents sein Image aufzupolieren.
Langer spielt dieses Spiel nicht mit. Für Geld allein würde er im Alter von fast 66 Jahren sicher nicht mehr den Golfschläger schwingen.