Die Filmemacherin Sofia Coppola zeigt mit dem Film „Priscilla“, in dem es um die turbulente Beziehung von Priscilla und Elvis Presley – King of Rock’n’Roll – geht, ein toxisches Liebesdrama mit Goldrand. Aktuell ist der Film im Kino zu sehen.
Die amerikanische Regisseurin Sofia Coppola hat sich der Geschichte von Priscilla Presley gewidmet. Herausgekommen ist dank der autobiografischen Buchvorlage „Elvis and Me“ von Priscilla Presley ein eindrucksvoller Film, der die berühmte Geschichte von einer anderen Seite zeigt.
Rotlackierte Zehen versinken im lachsfarbenen Teppichflausch. Eine blutjunge Frau pinselt mit ruhiger Hand dicken Lidstrich auf. Das ist das Erste, was wir in Sofia Coppolas Kinofilm „Priscilla“ zu sehen bekommen. Und der Reigen auserlesener Bilder, die zum Teil den weltberühmten ikonischen Fotos von Elvis und Priscilla nachempfunden sind, wird sich den ganzen Film über fortsetzen. Solche Tableaus zu kreieren, die in Momentaufnahmen ganz bestimmte Gefühle erwecken, das konnte Sofia Coppola („Lost in Translation“, „Die Verführten“) schon immer sehr gut. Dramatische Verwicklungen packend zu inszenieren, Charaktere tiefenpsychologisch zu beleuchten, das war allerdings nie ihre Stärke. Also beginnt der Film auch mit düsteren Impressionen von ausgesuchter Tristesse und Spießigkeit – und zwar Ende der 1950er-Jahre in Deutschland. Genauer gesagt in der Nähe von Frankfurt. Dort lebt Priscilla Beaulieu (Cailee Spaeny) mit ihrer Familie, da ihr Adoptivvater dort in einem US-Militärstützpunkt stationiert ist. Genau dort leistet auch ein gewisser Elvis Presley (Jacob Elordi) seinen Militärdienst ab. Im nahen Bad Nauheim lernt die 14-jährige Priscilla den zehn Jahre älteren King of Rock’n’Roll auf einer Party kennen. Der charismatische Popstar umwirbt Priscilla, die ihn schüchtern anhimmelt; Elvis ist höflich, zurückhaltend und vergisst – als clean-cut American – natürlich auch nicht, die Erlaubnis ihres Vaters einzuholen, bevor er sich regelmäßig mit Priscilla trifft.
Ein Reigen auserlesener Bilder
Der Unterschied zwischen den beiden könnte kaum größer sein: Dort Elvis, der mit seiner markanten Stimme, seinem lasziven Hüftschwung und seinem sexy Rebellentum ganz Amerika schon ziemlich aus der Fassung gebracht und mit Hits wie „Hound Dog“ und „Jailhouse Rock“ elektrisiert hat. Und hier Priscilla, ein Backfisch, der zu jener Zeit noch bleistiftkauend die Schulbank drückte. Es wird noch fast zwei Jahre dauern, bis der King die gerade einmal 16 Jahre alte Priscilla zum ersten Mal nach Memphis in sein Graceland-Königreich einlädt. Mit 17 zieht Priscilla dann sogar dort ein. Das Paar führt eine (angeblich) züchtige „wilde Ehe“, bis Priscilla endlich volljährig ist und ihre große Liebe heiraten darf.
Sofia Coppola zeigt uns, wie sich langsam die Tür zum goldenen Käfig schließt – und Priscilla zum Anziehpüppchen von Elvis wird. Der führt seine hübsche Trophy-Frau zwar gelegentlich gerne seiner Entourage vor und zeigt sie ab und zu auch der Öffentlichkeit – in kühl arrangierten Pressefotos, die eine heile Welt vorgaukeln sollen. Ist er allerdings auf Tournee oder bei Filmdrehs unterwegs – und das ist er die meiste Zeit –, stellt er Priscilla wieder in die Vitrine zurück.
Hinter der Tür des goldenen Käfigs
Langsam beginnt die lebens- und liebeshungrige Priscilla zu vereinsamen. Als sie sich einmal ein Herz fasst und versucht, aus ihrer Luxus-Isolation auszubrechen, indem sie ein wenig Eigenständigkeit einfordert, lehnt Elvis das brüsk ab – und schenkt ihr zur Beruhigung erstmal einen Pudel, dann eine Pistole. Das harmonische Zusammenleben im abgeschirmten Graceland-Käfig bröckelt leise vor sich hin. Auch, weil Priscilla erfährt, dass ihr Elvis-Superstar regelmäßig mit anderen Frauen ins Bett steigt. „Das gehört einfach zum Leben eines Rockstars dazu“, klärt er sie – wenig einfühlsam – auf. 1967 wird trotzdem geheiratet. Dann geht alles ziemlich schnell: Die Ehe wird dann doch vollzogen, ein Jahr später wird Lisa Marie geboren (die letztes Jahr verstarb), Elvis verfällt immer mehr dem Alkohol und den Amphetaminen. Er kümmert sich kaum noch um Priscilla oder seine Tochter, überschüttet sie aber nach wie vor mit teuren Geschenken. Langsam schmilzt auch Priscillas Liebe dahin.
Mit großer Empathie und Zärtlichkeit zeigt Coppola, wie sich Priscilla, oft traurig und manchmal verzweifelt, aus dieser toxischen Beziehung befreit und sich 1973 schließlich scheiden lässt. Hier kann sich auch Cailee Spaeny endlich voll entfalten. Sie zeigt Priscillas Liebe, Leidenschaft und Naivität ebenso eindringlich wie ihre Melancholie und Enttäuschung. Cailee Spaeny ist das Herzstück des Films und wird zu Recht als heiße Oscar-Kandidatin gehandelt. Vor anderthalb Jahren kam Baz Luhrmanns barockes Biopic „Elvis“ ins Kino, das er als glühender Fan mit viel Glitzer und Glamour inszenierte. Sofia Coppolas Film „Priscilla“ könnte man als Coda dazu sehen. Als abgetöntes, in dunklen Farben gemaltes Stillleben. Aus der Sicht einer Frau.