Drei Fragen
49-Euro-Ticket zukünftig unsicher
Es braucht einen festen Index für die Bestimmung des Preises des Deutschlandtickets ab dem kommenden Jahr, fordert Ingo Wortmann, Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).
Herr Wortmann, der Preis für das Deutschlandticket bleibt in diesem Jahr, nach langem Bund-Länder-Ringen, bei 49 Euro. Was wird es im kommenden Jahr kosten?
Das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen, weil wir als Verkehrsunternehmen es mit vielen Unbekannten zu tun haben. Wir kommen jetzt langsam aus dem Bereich der Schätzungen über die Kosten des Deutschlandtickets hinaus und haben halbwegs verlässliche Zahlen aufgrund der Erfahrungen. Die Preise für Strom, Personalkosten oder Kraftstoffe sind teilweise bis zu über 50 Prozent gestiegen, während die Ticket-Einnahmen um fast 25 Prozent gesunken sind. Dieses Ungleichgewicht wird in diesem Jahr noch durch den drei Milliarden-Pakt zwischen Bund und Ländern getragen. Aber wir als Verkehrsunternehmen können 2024 nicht in die Zukunft investieren. Und was dann im kommenden Jahr kommt, kann niemand derzeit voraussagen.
Das heißt, der öffentliche Nahverkehr soll ausgebaut werden, aber dafür gibt es nicht mehr Geld?
Genau das ist der Punkt. Wir haben immer darauf gedrungen, dass es mehr Geld für die Regionalisierungsmittel geben muss, damit wir tatsächlich den ÖPNV weiter aus- und klimaneutral umbauen können. Doch anstelle von mehr Geld wird weiter auf Kante genäht. Ich befürchte, dass sich hier auch eine massive Schieflage beim ÖPNV zwischen den Ballungsräumen, also vor allem zwischen den Städten, und den ländlichen Räumen auftun wird.
Das heißt im Umkehrschluss: Durch das Deutschlandticket tritt die Verkehrswende auf der Stelle, da das Geld für nötige Investitionen in niedrige Ticketpreise fließt?
Ja, in der Tat treten wir da auf der Stelle, so gerne ich unseren Fahrgästen das Deutschlandticket auch gönne. Wir partizipieren daran, weil wir mehr Menschen transportieren als noch 2021, was natürlich den gesunkenen Fahrpreisen zu verdanken ist. Aber konsequent wäre es von der Politik gewesen, die Regionalisierungsmittel nicht einfach umzuwidmen. Anstelle der Infrastruktur investieren wir jetzt in die Fahrpreise. Und selbst das wird nicht reichen, denn die tatsächlichen Kosten für das Deutschlandticket liegen weit höher als die drei Milliarden Euro, die dafür bereitgestellt wurden. Ich kann Ihnen jetzt noch nicht sagen, wie hoch die Kosten sein werden, aber sicher ist: Die drei Milliarden Euro werden nicht reichen. Interview: Sven Bargel
Fachkräftemangel bei den Klimaklebern
Zwei Jahre sorgten die Klimaaktivisten der Letzten Generation für viele Staus in den deutschen Innenstädten. Doch in diesem Jahr wird es solche Klebe-Aktionen nicht mehr geben. Die Letzte Generation hat Personalsorgen: „Die Unterstützung durch neue Aktivisten hat in den letzten Monaten erheblich nachgelassen“, sagte Lars Werner, ein Sprecher der Letzten Generation. Da Gerichtsverfahren und Anfeindungen dazu geführt haben, dass Anhänger zum Kleben fehlen, hat der innere Zirkel der Gruppe, das Strategieteam, eine neue Form des Protestes beschlossen. Darum soll es in diesem Jahr keine blockierten Straßenkreuzungen mehr geben, sondern anstelle dessen „ungehorsame Versammlungen“. Wie diese genau aussehen sollen, darüber schweigt Lars Werner noch. Eine erste dieser Versammlungen am dritten Februar in Berlin musste allerdings wieder abgesagt werden, da zeitgleich eine Großdemonstration gegen Rechts vor dem Brandenburger Tor angemeldet wurde.
Dämpfer für Eurofighter-Lieferung nach Saudi-Arabien
Zwar wurde das jahrelange Rüstungsexportverbot für Saudi-Arabien wegen des Krieges im Jemen aufgehoben. Doch darauf folgen keine Eurofighter-Bestellungen bei Deutschland im großen Stil. Das wurde am Rande der Rüstungsmessen in der Hauptstadt Riad bekannt. Es ist nicht ausgemacht, dass Riad zu seinen bereits gelieferten 72 Eurofighter weitere neue 48 bestellt, wie es bisher hieß. Dem Herrscherhaus liegt auch ein Angebot aus Frankreich für Rafale-Kampfjets vor. „Riad könnte Berlin einen Denkzettel schicken, weil sie jahrelang hingehalten wurden“, sagte ein deutscher Insider, der anonym bleiben möchte. Acht weitere deutsche Rüstungsbetriebe sind auf der Waffenmesse im Wüstenstaat vertreten und hoffen auf Geschäftsabschlüsse. Darunter die Radarspezialisten Hensoldt, Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann oder die KNDS-Gruppe. Die angedachte Lieferung weiterer 48 Kampfflugzeuge hatte innerhalb des grünen Koalitionspartners für viel politischen Ärger gesorgt, der könnte sich nun in Luft auflösen.
Awo kritisiert Bundeshaushalt
In einer Presseerklärung kritisiert die Arbeiterwohlfahrt (Awo) den kürzlich verabschiedeten Bundeshaushalt. Zwar begrüßt die Awo die im parlamentarischen Verfahren zurückgenommenen Kürzungen, bemängelt jedoch die fehlende Planbarkeit für die nächsten Jahre. „Für den Jahrgang 2024/2025 können wir heute nur etwa 65 Prozent der für das laufende Jahr bereitgestellten Mittel nutzen, weil wir leider davon ausgehen müssen, dass 2025 wieder deutlich weniger Geld vorhanden sein könnte“, sagte Claudia Mandrysch, Vorständin des Awo Bundesverbands. Awo-Präsident, Michael Groß, plädiert für mehr Gemeinwohlorientierung. In Zeiten, in denen Hunderttausende für die Demokratie auf die Straße gingen, müsste endlich in die investiert werden, die sich ehren- und hauptamtlich in der sozialen Arbeit engagierten.
Bauern blockieren Frankfurter Flughafen
Die Bauernproteste haben in den ersten Februartagen ihre Strategie erweitert. Nachdem der Bundestag die schrittweise Abschaffung des Agrar-Diesels beschlossen hatte, blockierten einen Tag später bis zu 1.000 Traktoren Deutschlands größten Flughafen und störten damit massiv den An- und Abreiseverkehr. Auf Transparenten forderten sie, dass zukünftig auch Flugbenzin voll besteuert werden muss. „Was für die Luftfahrt gilt, muss auch für uns Bauern gelten: Nach wie vor wird Flugbenzin nicht besteuert, weil damit ein Wettbewerbsnachteil für die deutsche Luftfahrt verbunden wäre“, argumentierte der Bauernverband. Für den Flughafenbetreiber Fraport kam die Blockade-Aktion mit Traktoren zur absoluten Unzeit. Es war der erste Tag der Winterferien und entsprechend groß der Andrang. Bereits zwei Tage vorher, musste der Flugverkehr in Frankfurt und auf zehn weiteren großen deutschen Verkehrsflughäfen eingestellt werden, da das Sicherheitspersonal streikte.
Verkehr
Sparkurs für die Schiene
Bei der Energie- und Verkehrswende ist auch der Güterverkehr ein wichtiger Punkt für die Einsparungen von CO2. Darum erklärte die Ampelregierung: Güterverkehr runter von der Straße und rauf auf die Schiene. Doch trotz dieser Ankündigungen, im erst Anfang Februar verabschiedeten Haushalt für 2024, wurden 186 Millionen Euro für den Schienengüterverkehr gestrichen. Der Geschäftsführer des Verkehrsbündnisses Allianz Pro Schiene, Dirk Flege, kritisiert das, insbesondere bei der dringend notwendigen Digitalisierung des Zugverkehrs. Diese sei wichtig, um zukünftig mehr Züge gleichzeitig auf einer bestehenden Strecke verkehren lassen zu können. Damit könnte sich die Transportkapazität teilweise verdreifachen. Allianz pro Schiene nimmt die Regierung teilweise in Schutz, ursprünglich wären nach dem Urteil der Karlsruher Verfassungsrichter die Einsparungen weit höher angesetzt gewesen. Verbandschef Dirk Flege warnt trotzdem: „Bei allem Verständnis für die schwierige Haushaltssituation: Wer Lkw-Transporte auf die Schiene verlagern will, darf keine 186 Millionen Euro bei den Güterbahnen streichen.“
Bund fördert kommunale Wärmeplanung
Das Saarland erhält rund sechs Millionen Euro für seine Kommunale Wärmeplanung. Bei einem Auftakttreffen mit knapp 100 Vertreterinnen und Vertretern aller saarländischen Kommunen stellte Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) die finanzielle Unterstützung seitens des Bundes vor: Von 2024 bis 2028 zahlt der Bund dem Saarland rund 1,2 Millionen Euro jährlich. Allerdings sei die geplante Bundesförderung nicht ausreichend. „Wir klären jetzt mit den Kommunen die tatsächlichen Bedarfe – diese werden wir nutzen, um mit dem Bund die notwendigen Mittel nachzuverhandeln. Angesichts des Zeitdrucks stellen wir uns allerdings darauf ein, kurzfristig Landesmittel zur Verfügung zu stellen“, sagte Barke. Darüber hinaus beabsichtige das saarländische Energieministerium eine externe Beratung zu beauftragen, die die erforderliche Unterstützung für die Kommunen aufzeigt.
Gedenkstätte für getötete saarländische Polizeibeamte
Anlässlich des Todestages einer ermordeten Polizeianwärterin und eines ermordeten Polizeikommissars in Kusel hat sich Sandra Quinten, Sprecherin für Polizei und Verfassungsschutz der saarländischen SPD-Fraktion, für eine Gedenkstätte für getötete saarländische Polizistinnen und Polizisten ausgesprochen. Seit 2018 erinnert die rheinland-pfälzische Polizei mit einer solchen Gedenkstätte an Polizeibeamtinnen und -beamte, die während der Ausübung ihres Dienstes ermordet wurden. „Ein Ort des Gedenkens und der Erinnerung kann Angehörigen und Kolleg:innen helfen, besser mit dem Verlust umzugehen“, sagte Quinten. Ihr Vater war selbst 1970 in Ausübung seines Dienstes in der Rheinland-Pfalz tödlich verunglückt. Die dortige Gedenkstätte listet Namen getöteter Kolleginnen und Kollegen seit dem Zweiten Weltkrieg auf.
Umwelt
EU-Recht auf Reparatur
Das saarländische Umweltministerium begrüßt die Einigung des EU-Parlaments und der EU-Länder auf ein europaweites Recht auf Reparatur. Das geht aus einer Presseinfo des saarländischen Umweltministeriums hervor. Die erzielte Einigung gelte hauptsächlich für weiße Ware, das bedeutet klassische Haushaltsgeräte und Alltagsgegenstände wie Staubsauger und Smartphones. Umweltministerin Petra Berg (SPD) ist jedoch überzeugt, dass noch weitere Schritte folgen müssen, um die Zahl der Reparaturen zu erhöhen, beispielsweise durch eine Ausweitung des Rechts auf weitere Produkte sowie verbindliche Vorgaben, Produkte reparierbar zu gestalten. „Im Saarland haben wir bereits im letzten Jahr mit der gezielten Förderung von Repair-Cafés beziehungsweise Reparaturinitiativen begonnen“, sagte Ministerin Berg. Das Programm soll Mitte 2024 fortgesetzt werden. Das Saarland hatte vom Bund einen bundesweiten Reparaturbonus gefordert, was dieser jedoch bislang ablehnt und auf Einzellösungen in den Bundesländern setzt.
Agrarsektor
Weniger Brachflächen
Die EU-Kommission schlägt vor, Ausnahmeregelungen für Bäuerinnen und Bauern in der EU mit Blick auf die Regelung von Brachflächen zu machen. Die EU-Agrarförderung sieht seit 2023 vor, dass für den Erhalt guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustände von Flächen (GLÖZ) ein Mindestanteil von Ackerland für nichtproduktive Flächen, wie Landschaftselemente und Brachen, vorgesehen sein muss. In Deutschland müssen Betriebe mindestens vier Prozent dieser nichtproduktiven Flächen vorhalten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) und Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) unterstützen diesen Vorschlag, da er den Bäuerinnen und Bauern mehr Flexibilität biete. „Sie sind das Rückgrat der Ernährungssicherheit der EU und das Herzstück unserer ländlichen Gebiete“, sagte von der Leyen. Özdemir erklärte, er werbe innerhalb der Bundesregierung für den Vorschlag. „Zugleich stellen sich für uns Fragen der Umsetzung und für unseren GAP-Strategieplan, denn wir brauchen auch weiterhin einen effizienten und effektiven Schutz der Artenvielfalt, die schließlich auch ein unverzichtbarer Produktionsfaktor für unsere Landwirtschaft ist. Wir können nicht die eine Krise auf Kosten einer anderen lösen.“
Wiegands Wahl Watch
Auf dem Weg zur EU-Wahl
So langsam nimmt der Europa-Wahlkampf an Fahrt auf. Die deutschen Parteien haben ihre Spitzenkandidaten nominiert. Auch in den anderen 26 EU-Mitgliedsstaaten läuft sich die Politik warm. Der Urnengang ist die „bunteste“ Volksabstimmung der Welt. Sie findet an vier Tagen in 27 Ländern in 24 Amtssprachen statt. Dabei werden 721 Sitze verteilt, 96 für Deutschland. Die Niederländer stimmen am 6. Juni ab, wir Deutschen erst am 9. Juni.
In Deutschland darf man mit 16 Jahren schon votieren, in Frankreich erst ab 18. Kandidieren darf man im Baltikum ab 21 Jahre, in Rumänien sogar erst mit 23 Jahren. Unterdessen versuchen Frankreichs Parteien junge Menschen für die Wahl zu interessieren. Bei der vorigen füllte nur jeder dritte der 18- bis 39-Jährigen einen Stimmzettel aus. Laure Niclot, Vorsitzende der Jungen Europäischen Bewegung: „Es ist eine echte Herausforderung zu mobilisieren, zu sensibilisieren und zu informieren.“ Deutlich schiebt sich in gleich mehreren EU-Ländern das Thema Agrarpolitik in den Vordergrund. Die Landbevölkerung ärgert sich nicht nur in Deutschland über niedrige Löhne, Billigkonkurrenz aus dem Ausland und EU-Bürokratie. Extremisten versuchen die Proteste auszunutzen. Schwerpunkte sind Spanien, Frankreich, Polen, Rumänien, die Niederlande und Italien. Die Schweden gucken mehr auf Klimapolitik. Das Land erregt sich über Auswirkungen des EU-Konzeptes „Green Deal“: Die Grünen finden die grenzüberschreitenden Vorschriften für klimafreundliche Wohnungssanierung prima, die national orientierten Schwedendemokraten dagegen teuer und schlecht. Nächste Woche mehr.
Wolf Achim Wiegand ist freier Journalist mit EU-Spezialisierung.
Auswärts essen wird teurer
Die gastronomischen Betriebe in Deutschland haben im Januar die Preise merklich erhöht. Fürs Essen verlangen die Restaurants im Durchschnitt fast zehn Prozent mehr. Das belegt eine aktuelle Erhebung des Datenanbieters Meoton. Damit gibt die Branche, wie angekündigt, die zum Jahreswechsel erhöhte Mehrwertsteuer von 7 auf 19 Prozent weiter. Bei der Studie fällt auf, dass auch die Getränke teurer geworden sind: konkret um durchschnittlich 5,4 Prozent, obwohl sich der Mehrwertsteuersatz für Wasser, Limos, Kaffee, Bier oder Wein gar nicht verändert hat. Für mehr als 80 unterschiedliche Speisen und Getränke hat Meoton die Preise von Mitte Januar mit denen von Mitte Dezember verglichen. Ausgewertet wurden dafür die Speisekarten von über 23.000 Betrieben quer durch die Republik. „In direkten Gesprächen mit Gastronomen haben wir festgestellt, dass diese noch beobachten, wie sich ihre Mitwettbewerber verhalten“, sagte der Mitbegründer von Meoton Christian Haese. Damit könnte sich die Preisschraube in der Gastronomie weiter nach oben drehen.